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Album der Woche

7. März 2024, 20:14 Uhr von Uwe

Aus Gründen (zu viel um die Ohren) kommt dieser Eintrag eigentlich einen Tag zu spät. Gestern hatte nämlich nicht nur OpenTTD 20. Geburtstag (und vielleicht bin ich aktuell mal wieder völlig darin versackt…), gestern hatte auch eine ebenso wichtige wie einflussreiche und umstrittene Persönlichkeit Geburtstag. Und deswegen kann man da nun eben auch mit Verspätung (was die Bahn kann, kann ich schon lange) noch auf ein paar passende Alben gucken, auf denen diese Person am Bass herumfuhrwerkt.

Das Geburtstagskind heißt Joey DeMaio und wurde schlappe 70 Jahre jung. Bekannt ist der gute Joey selbstverständlich als Begründer von Manowar, der truesten und stählernsten aller Metalbands. Gut, in über 40 Jahren Bandgeschichte kam auch so mancher Schwachfug bei rum, das letzte aus meiner Sicht ernstzunehmende Album ist auch schon wieder über 20 Jahre her, aber in den 1980ern wurde von der Band so einiges an echtestem rostfreien Edelstahl geschmiedet.

Begeben wir uns daher zurück ins Jahr 1984, da erschienen nämlich gleich zwei Alben der Band: Den Anfang machte im Frühjahr „Hail To England„. Warum man nun ausgerechnet England hochleben lassen will sei dahingestellt, aber Tobias Sammet lieferte später die kurze und prägnante Begründung „England’s got Steve Harris“ (und außerdem die Beatles, Stones, The Who, Led Zeppelin, Black Sabbath, Deep Purple, Judas Priest und drölfzigtausend andere Bands). Auf jeden Fall liefern Manowar unter der Federführung des Majonäsen-Joey (er schrieb fast alle Songs im Alleingang) sieben Kostproben solidester Schmiedekunst ab. Die meisten Songs kommen in etwas über vier Minuten auf den Punkt, nur das abschließende Epos Bridge Of Death braucht für seinen Spannungsbogen knapp neun Minuten, wohingegen das instrumentale Black Arrows zum Glück schon nach drei Minuten vorbei ist.

Die Texte sind (ich schrieb es in früheren Beiträgen zur Band schon) natürlich alle aus dem powermetallischen Textbaustein-Baukasten (kill, death, fight, blood, enemy, steel, power und so weiter). Damit muss man klarkommen. Sänger Eric Adams schreit sich die Seele aus dem Leib, und so stapft das Album unaufhaltsam durch die Weltgeschichte, um die Fahne des wahren Metal hochzuhalten und so. Es ist ziemlich müßig hier besondere Songs herauszugreifen, allein die ersten vier Songs sind feinstes Klassikerfutter, mein Favorit ist aber gerade das abschließende Bridge Of Death weil wegen ist episch as fuck, düster und schleppend und schwerstens dämonisch (immerhin geht es um einen Pakt mit dem Teufel).

Fazit: Muss man als Metal-Fan zumindest kennen, nur an der Produktionsqualität könnte man aus heutiger Sicht herumkritisieren.

Und weil man damals auch zwei Klassiker-Alben in einem Kalenderjahr aufnehmen konnte wurde im Herbst „Sign Of The Hammer“ nachgeschoben. Erneut schrieb Joey De Maio fast das ganze Album im Alleingang, hier ist alles noc heine Spur pompöser, es gibt es gleich zwei Songs von über sieben Minuten Länge, ein unnötiges Instrumentalstück ist auch wieder mit von der Partie und textlich geht es nicht nur um den erwähnten Textbaukasten, sondern auch um nordische Mythologie, das Ende der Welt und auch mal viel banalere Sachen wie Lautstärke.

So wird das Album mal gleich mit All Men Play On Ten eröffnet, was natürlich Blödsinn ist, weil seit Spinal Tap jeder weiß, dass man die Verstärker auf 11 dreht. Außerdem kann jeder Depp laut spielen, echte Männer beherrschen hingegen auch die leisen Töne (hab ich mir sagen lassen). Aber mit so differenzierten Sichtweisen braucht man Manowar nicht kommen, da gibt es voll auf die Zwölf. Der Bass klönkt, Eric Adams gurgelt Rasierklingen, und ungefähr so klingt es dann eben auch. Meine Favoriten sind wieder die längeren und epischeren Stücke, einfach weil da musikalisch mehr passiert und die Band zwischendrin tatsächlich mal das Tempo rausnimmt und ein paar Melodien Zeit zum Atmen gibt. Danach wirken schnelle Abrissbirnen wie The Oath gleich viel heftiger. Das abschließende Guyana (The Cult Of The Damned) bildet den epischen Abschluss, da läuft die Band zu allerhöchster Hochform auf, und beim Refrain kriege ich regelmäßig Gänsehaut, was sicher auch dem textlichen Inhalt geschuldet ist.

Da aller guten Dinge drei sind gibt es als Zugabe noch ein Livealbum aus dem schönen Jahr 1999. Das Doppelalbum heißt „Hell On Stage“ und enthält 16 Songs aus sämtlichen Abschnitten der damaligen Bandgeschichte, darunter auch viele selten gespielte Fan-Favoriten. So sind eben gerade Bridge Of Death und Guyana (Cult Of The Damned) als einzige Songs der vorher erwähnten Alben vertreten. Aber wenn man ein halbes Dutzend Klassikeralben herausgebracht wird kann man es eh niemandem recht machen, jeder wird da Songs vermissen.

Am kultigsten sind jedoch die Bonus-CDs, die es in verschiedenen Ländern gab: Die Franzosen bekamen eine witzige Coverversion von Lady Marmalade (Voulez-Vouz Coucher Avec Moi Ce Soir?) („all the brothers of Manowar fuck hard and fast, Scott, give us the fast beat!“ und dann brüllt die Menge den Refrain – zum Wegschmeißen komisch). Wesentlich gehaltvoller ist hingegen die auf französisch gesungene Version von Courage. Die deutsche Bonus-CD enthält unter anderem die Nummer Herz aus Stahl mit genialer Ansage, aufgenommen im Südbahnhof zu Chemnitz („you know, we’ve played here before, and Chemnitz is one crazy heavy fuckin‘ Stadt“). Die Portugiesen und Spanier bekamen unter anderem verschiedene Versionen von Kill With Power (warum muss ich da spontan an Stromschläge und AC/DC denken?).

Fazit: Selbst ohne die Bonus-Beigaben ist das Album die wohl beste Livescheibe der Band und bietet einen guten Querschnitt über die besten Songs. Außerdem gewinnen die meisten Songs durch die druckvolle Produktion nochmal ordentlich, das war ja bei den frühen Studioaufnahmen alles eher ausbaufähig.

In diesem Sinne – nachträglich alles Gute zum Geburtstag lieber Joey. Und wenn er bis dahin nicht für den Metal gestorben ist, dann feiert er nächstes Jahr wieder Geburtstag.

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