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Album der Woche

18. Januar 2024, 18:39 Uhr von Uwe

Neue Woche, neues Album der Woche. Und weil mir irgendwie grad keine halbwegs passable Überleitung einfällt, gibt es stattdessen eine Lebensweisheit: Man gehe besser rechtzeitig zum Arzt, sonst ist es zu spät.

Für gute Musik hingegen ist es nie zu spät, insbesondere nicht, wenn sie vom Arzt verschrieben wurde. Oder von mehreren Ärzten. Dreien, um genau zu sein. Richtig, die Ärzte aus Berlin (aus Berlin!). Und die ließen vor inzwischen auch schon wieder 40 Jahren(!) ihr Debüt auf die Menschheit los. Und ebendieses ist das Album der Woche.

Das Album hört auf den schönen und vor allem passenden Namen „Debil„. Und das beschreibt zumindest einige der recht pubertären Texte auch recht gut. Geboten werden 13 Songs, irgendwo zwischen Neuer Deutscher Welle, Punk und viel Dilettantismus. Alles kommt irgendwo in knapp drei Minuten auf den Punkt, und irgendwie ist das alles ganz furchtbar charmant – größtenteils zumindest. Wer beim Refrain von Roter Minirock nicht grinst muss ein echt trübsinniges Leben haben. Schön fies mit einem ausgesprochen ekelhaften Text ist auch das Schlaflied, bei dem Musik und Text mal so gar nicht zusammenpassen wollen, was aber eben genau den Reiz der Sache ausmacht. Grenzwertig ist sicher auch irgendwo Paul („Paule heißt er, ist Bademeister im Schwimmbad an der Ecke, und er bringt kleine Mädchen zur Strecke“).

Über das Album würde heute eigentlich niemand mehr reden, gäbe es da nicht zwei weitere Songs. Beide wurden zu Bandklassikern, und der eine brachte der Band eine ganze Menge Schwierigkeiten. Die Ärzte hatten in den 80ern ja einige Probleme mit der Zensur wegen der als jugendgefährdend eingestuften Texte. Stein des Anstoßes auf diesem Album war Claudia hat ’nen Schäferhund („abends springt er in ihr Bett, und dann geht es rund“). Es dauerte auch nur schlappe drei Jahre, dass die BPjM (Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Mädchen, äh, Medien) darauf aufmerksam wurde und das Album indizierte – eben wegen Claudias Schäferhund und dem Schlaflied. Das Album durfte daraufhin nicht mehr beworben und nur noch an Erwachsene verkauft werden. Ich erstand das Ding übrigens zusammen mit dem ebenfalls indizierten „Die Ärzte“ Anfang der 2000er in einem damals noch real existierenden Plattenladen – auf der Scheibe prangte ein großer Sticker „Ab 18“, und das war ich ja wohl.

Ziemlich spät, aber nicht zu spät, wurde die Indizierung im Jahre 2004 übrigens wieder aufgehoben. Irgendwer hatte wohl eingesehen, dass die Texte doch eher satirischer Natur sind. Daraufhin wurde das Album neu aufgelegt und als „Devil“ mit Bonustiteln herausgebracht.

A propos Zu spät, so heißt natürlich der Oberklassiker von diesem Album, der bis heute auf keinem Ärztekonzert fehlen darf (da wird dann auch gern mal der Text angepasst – gibt genug Beispiele auf youtube). Der ganz großen Ärzteklassiker der 80er neben Westerland: „Eines Tages werd‘ ich mich rächen, ich werd die Herzen aller Mädchen brechen…“ – selten wurde Liebeskummer so schön auf den Punkt gebracht.

Fazit: Musikalisch nicht mit den deutlich härteren Songs seit der Reunion 1993 (die ist also nun auch schon wieder über 30 Jahre her…) zu vergleichen, aber ein paar Klassiker sind hier eben doch zu entdecken.

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