Kategorien

Archive

Kalender

August 2023
M D M D F S S
 123456
78910111213
14151617181920
21222324252627
28293031  

Album der Woche

17. August 2023, 17:06 Uhr von Uwe

Wenn dieser Eintrag erscheint, werde ich (hoffentlich pünktlich) nach St. Moritz gefahren worden sein (zweites Futur bei Sonnenaufgang, holleri du Dödel di – ja, Sonnenaufgang, denn es ist eine ganztägige Reise mit ein paar Schlenkern und Umwegen, der Weg ist das Ziel, sonst wärs kein Urlaub). Also jedenfalls gibts wegen akuter Urlaubszeit einen Artikel aus der Konserve, geschrieben zwei Wochen vorher, während ich im Livestream Wacken geschaut habe. Und da trat beim Jubiläumsauftritt von Doro ein Gitarrist auf, der auch auf dem Album der Woche musizierte: Uli Jon Roth.

Der war bis 1978 neben Rudolf Schenker bei den Scorpions, bevor er sich Solosachen zuwandte, die mehr nach Hendrix klangen und bei den Scorpions nicht mehr passten. Zum Abschluss seiner Zeit bei den Scorpions wurde noch in Japan getourt und ein Livealbum mitgeschnitten, sozusagen als Abschiedsgruß. Eben dieses Livealbum gehört zu den ganz großen Livescheiben der 70er, die im fernen Osten aufgenommen wurden (zum Beispiel Made In Japan von Deep Purple, Unleashed In The East von Judas Priest oder Live At The Budokan von Cheap Trick).

Die Scorpions waren zum Zeitpunkt der Aufnahmen vor allem in Japan bereits eine Top-Band, hatten dort schon Charterfolge gehabt und mit „In Trance“, „Virgin Killer“ und „Taken By Force“ (alle schon in dieser Reihe besprochen) drei bockstarke Alben veröffentlicht, deren Material den Großteil des Livesets ausmachte. Entsprechend wurden mehrere Konzerte in Japan gespielt und bei zwei Auftritten in Tokio das Material mitgeschnitten, was später als Doppelabum „Tokyo Tapes“ veröffentlicht wurde.

Das Album hat erstmal ein sehr cooles Coverbild, was die ganze Energie der Band schön einfängt, ähnlich wie bei „Alive & Dangerous“ von Thin Lizzy oder „Alive!“ von Kiss. Enthalten sind auf vier LP-Seiten 18 Songs, darunter auch zwei Rock’n’Roll-Cover (Hound Dog und Long Tall Sally) sowie ein japanisches Volkslied. Das restliche Material sind Eigenkompositionen aus allen bis dahin erschienenen Alben der Band, wobei die ersten beiden Alben nur mit drei Songs berücksichtigt werden. Allerdings gewinnen die Songs durch die Live-Bearbeitung gewaltig an Klasse, insbesondere das eh schon epische Fly To The Rainbow zeigt die ganze Klasse von Uli Jon Roth besonders deutlich.

Ansonsten geben sich die Hits die Klinke in die Hand, egal ob das nun Pictured Life, Backstage Queen, In Trance, Top Of The Bill oder Steamrock Fever ist. Den Vogel schießt allerdings meiner bescheidenen Meinung nach We’ll Burn The Sky ab, das hier mit einem ausgiebigen Solo gekrönt wird und die ansich schon starke Studiofassung mal eben komplett versägt.

Das Album zeigt die Band auf dem Zenit ihres Könnens, insbesondere Uli Jon Roth drückt mit seinem Gitarrenspiel den Songs einen gewaltigen Stempel auf, aber auch die glockenklare Stimme von Klaus Meine ist natürlich über jeden Zweifel erhaben. Einen besseren Abschluss der Phase mit Uli Jon Roth konnte es gar nicht geben.

Nach diesem Album rotierte die Besetzung, ein neuer Gitarrist kam an Bord, die Songs wurden weniger ausladend und kompakter (und gewissermaßen kommerzieller), was der Band schließlich den Durchbruch in Nordamerika und irgendwann auch in Europa brachte. Aber das ist eine andere Geschichte für ein anderes Album der Woche.

Einen Kommentar schreiben