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Album der Woche

2. Mai 2024, 19:04 Uhr von Uwe

Alles neu macht der Mai! Alles? Nicht alles. Irgendwo im mittleren Franken sitzt nach wie vor ein Wirrkopf, der jede Woche mehr oder minder relevante Alben aus seinem Schrank zieht und sie zum Album der Woche kürt. Und nachdem es letzte Woche hinterher hieß, es sei spannend wenn ich alternative Musikrichtungen diskutiere (dabei sind Abba alternativlos…), wird es diese Woche vermutlich todlangweilig, weil der Grundsatz jetzt wieder heißt „Wenns nicht rockt, ists fürn Arsch“.

Am meisten rockte es selbstverständlich in den glorreichen 80er Jahren, da hatte die Welt noch Struktur: Elektrische Gitarren waren verdächtig, und Heavy Metal war noch gefährlicher als die Kommunisten. Um Kommunisten geht es aber auch überhaupt nicht, sondern nur um grell geschminkte Typen in seltsam femininen Klamotten, die von New York aus zum größten Bürgerschreck Amerikas wurden. Nein, Kiss sind nicht gemeint, die hatten ihre Masken abgelegt und wurden erst Jahre später wieder relevant. Die Rede ist von Twisted Sister. Und die haben in ihrer Karriere nur drei Alben veröffentlicht (so wie es auch nur drei Indy Jones Filme gibt), löste sich dann einfach auf, nur um reichlich 15 Jahre später ein triumphales Comeback zu feiern und live alles abzuräumen, ohne das Vermächtnis durch halbgare neue Alben in den Schmutz zu ziehen (jaja, ein dämliches Album mit Weihnachtsliedern ignorieren wir da einfach mal). Anyway, der langen Vorrede kurzer Sinn:

Das Album der Woche heißt „Stay Hungry“ und erschien 1984. Mit dem Cover erschreckt man auf jeden Fall schon mal jede brave Hausfrau, wichtiger ist aber wie immer der Inhalt, und der rockt – wie der Opener der zweiten Seite unmissverständlich verkündet. Die Band hatte zu dieser Zeit – 12 Jahre nach ihrer Gründung den Dreh raus, eingängige Hits zu schreiben, und die gibts hier zu Hauf. Im Übrigen zog die Band Fans aus allen Bereichen an, egal ob Punks oder Rocker, sie standen mit Lemmy auf der gleichen Bühne und hatten damit sowieso göttlichen Segen. Ebenso wichtig war aber auch die Heavy Rotation beim damals noch real existierenden Musikfernsehen. Und da liefen die Videos zu den beiden Singles der Scheibe und sorgten so für hohe Verkaufszahlen.

Aber der Reihe nach: Das Album wird vom recht durchschnittlichen Titelsong eröffnet, bevor der Überhit der Platte durch die Boxen schallt: We’re Not Gonna Take It ist einer der größten Rocksongs überhaupt. Was die Jungs da eigentlich nicht mehr (hin)nehmen wollen ist nicht so ganz klar, J.B.O. münzten es Jahre später auf Drogen um, fehlgeleitete Republikaner waren der Meinung, Twisted Sister würden gegen linke Extremisten auftreten (sehr zur Belustigung von Sänger Dee Snider, der dafür Jahre später auf twitter sehr deutliche Worte fand). Überhaupt war Dee Snider ja noch nie um Aussagen verlegen, man muss sich mal seine Aussagen vor dem Kongress reinziehen, als er Mitte der 80er Jahre in Sachen „Parental Advisory“ und PMRC aussagte, weil Twisted Sister ins Fadenkreuz von Tipper Gore und anderen komischen Gestalten geraten waren. Immerhin waren sie da in guter Gesellschaft mit Judas Priest, AC/DC, Mercyful Fate oder Black Sabbath. Aber ich schweife ab – We’re Not Gonna Take It ist jedenfalls unkaputtbar.

In eine ähnliche Kerbe, wenn auch deutlich düsterer, schlägt Burn In Hell. Die erste Seite des Albums wird dann schleppend vom längsten Song abgerundet: Horror-Teria besteht aus zwei Teilen und hätte so mancher Black Metal-Kapelle zur Ehre gereicht. Die zweite Seite kommt wieder positiver daher, beim eröffnenden I Wanna Rock ist der Name Programm (auch wenn damals beim Konzert in Balingen die Besucher beim Mitsingen in der Abwandlung I Wanna F**k deutlich lauter waren). Eine Art Halbballade hat die Band auch im Programm, The Price punktet in erster Linie mit einem überraschend tiefgründigen Text. Die folgenden Don’t Let Me Down und The Beast fallen geringfügig ab (aber wirklich nur geringfügig), bevor als Rausschmeißer noch das kryptisch betitelte S.M.F. rausgekramt wird. Der Song hätte die Aufmerksamkeit des PMRC verdient gehabt 😉

Fazit: Drei Weltklassehits, drei Hits, die zumindest live bis zum Ende einen Stammplatz hatten, und der Rest sind versteckte Perlen, die nur deswegen nicht den großen Bekanntheitsgrad haben, weil man neben We’re Not Gonna Take It eben doch den kürzeren zieht. Für das beste Album der Bandkarriere reicht es trotzdem locker.

Und weil MTV heutzutage youtube heißt gibt es hier noch die passenden Videos: We’re Not Gonna Take It, I Wanna Rock, The Price

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