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Album der Woche

6. Juli 2023, 19:58 Uhr von Uwe

Wir hatten ja vor einigen Wochen erst hochtrabende Themen wie olle Griechen und die Feststellung, dass das Alphabet nicht auf Omikron endet. Und sowas ähnliches haben wir heute auch, denn wir schauen uns den Anfang und das Ende an. Also den Beginn und das (Quasi-)Ende einer Band. Und mit dieser kurzen, unnötigen und wie immer am Thema leicht vorbeilaufenden Einleitung wechseln wir direkt ins Geschehen.

Im Jahr 1983, mithin also vor 40 Jahren, erschien das erste Album der Band Savatage. Dieses hört auf den kurz prägnant und von ollen Griechen (ha, da ist der Bezug zur Einleitung) beeinflussten Sirens. Also nicht Sirene wie in Martinshorn, sondern Sirene wie bei Odysseus. Die Gebrüder Oliva bannten hier in kürzestmöglicher Studiozeit neun Songs aufs Band, die mitten im Spannungsfeld von Heavy Metal, dem aufkommenden Thrash Metal und diversen anderen Unterarten des elektrisch verstärkten Gitarrenkrachs.

Zwei Dinge stechen auf dem Album hervor (und ansonsten gibts eigentlich reichlich wenig drüber zu erzählen, weil es halt doch im Grunde nur ziemlich simpler Heavy Metal ist, der auch noch ziemlich suboptimal produziert ist): Die absolut abartig heftigen Schreie von Sänger Jon Oliva, und das wilde Gitarrenspiel seines Bruders Criss. Meisterwerk des Albums ist das Titelstück, was sich als einziges auf quasi ewig im Liveset halten konnte, aber auch bei Rage oder dem schnellen Scream Murder kriegt man einen guten Eindruck davon, wie es klingen kann, wenn jemand seine Stimmbänder (und ein anderer die Gitarrensaiten) aufs äußerste malträtiert. Inhaltlich gehts hingegen recht düster zu, Songtitel wie Holocaust oder Twisted Little Sister sprechen für sich, und auch Living For The Night ist kein Song zum Party machen.

Auf jeden Fall war das Album zusammen mit der zeitgleich aufgenommenen EP „The Dungeons Are Calling“ der Einstand der Band, es folgte das Überalbum „Power Of The Night“ (in dieser Reihe schon besprochen) und danach kamen ja weitere große Klassiker. Hier begann also die ganze Geschichte.

Und damit springen wir direkt zehn Jahre nach vorne ans Beinahe-Ende der Band. Im Jahr 1993 erschien „Edge Of Thorns„. Nach dem Dreigestirn „Hall Of The Mountain King“, „Gutter Ballet“ und „Streets“ (die auf ewig die besten Savatage-Alben sein werden) war dieses Album ein Einschnitt: Jon „Mountain King“ Oliva stand nicht mehr am Mikro, da er seine Stimme durch ungesunden Lebenswandel (Drogen, Rauchen, das volle Programm) ruiniert hatte. Als Ersatz kam ein gewisser Zak Stevens rein, der ein exzellenter Sänger mit superstarker Stimme ist, aber eben kein Jon Oliva. Durch diese Veränderung veränderte sich auch das Songwriting, nach dem überkomplizierten Konzeptalbum „Streets“ waren es jetzt einfach „nur“ 13 Songs, darunter zwei kurze Instrumentals.

Das beeindruckendste an dem Album ist entsprechend auch Criss Oliva’s Gitarrenspiel (gefolgt von dem Airbrush-Coverartwork). Mein Highlight ist das Ende von He Carves His Stone, die Soli in Edge Of Thorns sind aber auch wild. Zak Stevens drückt den Songs ebenso seinen Stempel auf, insbesondere in All That I Bleed. Die restlichen Songs bewegen sich irgendwo dazwischen, mal ruhiger wie in Sleep, mal düster wie in Skraggy’s Tomb, mal mit fiesen Texten wie in Conversation Piece.

Was zum Veröffentlichungszeitpunkt im Frühjahr 1993 keiner ahnen konnte: Es sollte das letzte Album mit dem Gitarrenspiel von Criss Oliva sein. Im Oktober verstarb er bei einem Autounfall, den ein betrunkener Autofahrer verursacht hatte. Damit war beinahe das Ende von Savatage besiegelt. Jon Oliva führte die Band weiter, Produzent Paul O’Neill bestimmte aber deutlich mehr die musikalische Ausrichtung mit Fokus auf Konzeptalben und Einflechtung von klassischer Musik. Das führte ja dann zur Gründung des Trans-Siberian Orchestra.

Fazit: Es sind beides nicht die allergrößten Klassiker im Katalog der Band, aber aus bandhistorischem Kontext ausgesprochen wichtige Scheiben.

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