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Album der Woche

28. Juni 2023, 21:58 Uhr von Uwe

Diese Woche wirds majestätisch. Bei absolutem Kaiserwetter – um nicht zu sagen schweißtreibender Hitze – schreib ich also etwas über eine Band, die zwar nicht von Kaiser’s Gnaden, dafür aber von königlicher Majestätsgestalt war.

Die Rede ist selbstverfreilich von Queen, und die hatten ja neben Wissenschaftlern (Physiker und Astronomen) auch noch Obermajestät Freddie Mercury am Mikro dabei. Mehr als 30 Jahre nach dessen zu frühem Tod ist die Band populärer denn je, und dieses Jahr jährt sich die Veröffentlichkeit ihres Debüts zum sage und schreibe 50. Mal. Grund genug für eine Rückschau.

Besagtes Debütalbum war schlicht „Queen“ betitelt. Die klassische und sich bis zu Freddies Tod nicht mehr ändernde Besetzung hatte sich 1971-72 gefunden, die Band trat 1973 erstmals bei John Peel im BBC-Studio auf, und im Sommer wurde das Debütalbum herausgebracht, flankiert von der ersten Single, die allerdings floppte. Danach ging es auf Tour mit den damals sehr angesagten Mott The Hoople, und Queen machten sich einen Namen. Schon 1974 hatten sie Chart-Hits, und danach ging es Schlag auf Schlag bis zu den bekannten Welthits und ausverkauften Stadionshows.

Schauen wir also mal genauer auf das Debütalbum: Enthalten sind 10 Songs, und das was Queen auf ihren frühen Alben ausmachte, nämlich ein geradezu irrwitzig wilder Stilmix, war hier bereits in Ansätzen erkennbar. Die meisten Songs fußen im klassischen Hardrock der damaligen Zeit, hinzu kommen aber schon die ausgefeilten Gesangsharmonien und die Nutzung der Studiotechnik bis zum Anschlag.

Das Album wird von Keep Yourself Alive eröffnet, was zugleich die erste Single war. Weiß der Kuckuck warum die nicht in den Charts landete, die Nummer ist ein Klassiker und eine eindrucksvolle erste Visitenkarte – Brian May treibt die Nummer an der Gitarre vorwärts, Roger Taylor darf sich am Schlagzeug austoben (inkl. kurzem Solo) und Freddie ist eh über jeden Zweifel erhaben. Gut, man kann diskutieren, dass der Song gemessen an anderen Werken der Band relativ simpel daherkommt und sich nicht wirklich von anderen Rocksongs jener Zeit abhebt, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Direkt danach wirds deutlich melancholischer, Doin‘ All Right lebt von der Komplexität der Chorarrangements. Die beiden folgenden Nummern, Great King Rat und My Fairy King sind rockige Nummern mit ausgefallenen Texten, aber keine Hits per se. Und damit ist die erste Seite schon voll.

Seite zwei wird vom längsten Stück der Scheibe eröffnet: Liar ist ein frühes Epos mit interessantem Aufbau und vielen interessanten Ideen und damit ein Vorbote für einige der Großtaten, die sie in den nächsten knapp fünf Jahren noch im Studio zusammenpuzzeln sollten und blieb für viele Jahre ein Standardteil der Konzerte. Danach folgt ein Stilmischmasch – die Ballade The Night Comes Down, gefolgt von dem nicht mal zwei Minuten langen Modern Times Rock’n’Roll (klingt so wie der Name es vermuten lässt), während Son And Daughter sowie Jesus in erster Linie wegen der religiösen Lyrics interessant sind, denn das gabs später nicht mehr. Abgeschlossen wird die Scheibe von einer nach rund einer Minute ausgeblendeten Version von The Seven Seas Of Rhye – die Nummer gabs auf dem nächsten Album in ganzer Pracht, es war dann die erste Top-10 Single der Jungs.

Fazit: Ein starkes Debüt, aber noch kein Vergleich mit den geradezu irrwitzig starken Alben der nächsten fünf Jahre. Und da erschienen ja mal eben sechs Stück. Und weil Queen schon damals eine sehr visuell geprägte Band waren, gabs auch schon frühe Videoclips: Keep Yourself Alive und Liar.

Womit wir beim zweiten Album der Woche wären, denn das markiert das Ende dieses Fünf-Jahres-Zeitraums. Das ebenso kurz, knackig und irreführend betitelte „Jazz“ (denn da gibts alles, aber keinen Jazz drauf) erschien 1978 und ist für mich das letzte der grandiosen Frühphase der Band – und gleichzeitig nach Überwerken wie „A Night At The Opera“, „A Day The Races“ und „News Of The World“ auch vergleichsweise schwach – wobei man das natürlich relativ sehen muss, andere Bands haben in ihrer gesamten Karriere weniger Ideen als Queen auf der Hälfte dieses Albums. Aber wenn man mit Songs wie Bohemian Rhapsody, We Will Rock You oder We Are The Champions mal eben die Rockmusik neu definiert muss man auch mal damit rechnen, dass dieses Niveau nicht immer gehalten werden kann.

Das Album enthält 13 Songs, es sind also keine ausladenden Epen mehr vorhanden, sondern es geht kurz und prägnant zur Sache – sicherlich auch eine Folge der damals angesagten Punkmusik. Das Album beginnt mit der gesanglich interessanten Nummer Mustapha, die ansonsten aber nicht wirklich relevant ist. Viel spannender ist das nachfolgende Stück Fat Bottomed Girls, ein klassischer Rocker, der lyrisch spannend ist: Wenn ein Astrophysiker postuliert, dass Frauen mit ausladendem Hinterteil die Welt in Schwingungen versetzen, dann muss da ja was dran sein – und bis heute hat keiner diese Behauptung widerlegt. Der nächste Klassiker folgt quasi direkt danach: Bicycle Race, die Hymne aller Pedaltreter, nur echt mit Fahrradgebimmel und der Feststellung, dass Freddie weder Star Wars noch den Weißen Hai mag. Zur Promotion der Single fuhren mehrere Frauen im Stadion Fahrrad – splitterfasernackt. Die Öffentlichkeit und insbesondere der Fahrradverleih war not amused. Ein Poster davon lag in einigen Ländern dem Album bei. Shocking! Den Abschluss der ersten Seite bildet Let Me Entertain You, etwas, was Freddie in Konzerten wie kein zweiter drauf hatte. Dazwischen sind noch zwei Füllnummern, die tatsächlich eher ignoriert werden können, was bei Queen sonst echt selten ist.

Die zweite Seite ist dann etwas unausgegorener und enthält noch ein paar mehr Füllnummern, ganz schlimm wirds am Ende mit More Of That Jazz, was ein Zusammenschnitt der anderen Songs des Albums ist. Spannender ist aber das eröffnende Dead On Time mit fiesem Text und natürlich Don’t Stop Me Now, eine der größten Rocknummern die je geschrieben wurden und eine, die man definitiv nicht beim Autofahren hören darf.

Fazit: Eine wilde Sammlung diverser Stile, vieles bleibt Stückwerk, einiges ist eher Füllmaterial, aber drei ganz große Klassiker sinds trotzdem: Fat Bottomed Girls, Bicycle Race und Don’t Stop Me Now

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