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Album der Woche

22. Juni 2023, 19:50 Uhr von Uwe

Nachdem letztes Woche das Ende des Alphabets angesagt war, ist diese Woche vorn wieder vorn, also das andere Ende vom Alphabet angesagt. Und da widmen wir uns diese Woche einer amerikanischen Krachkapelle.

Besagte Truppe war hier schon Thema, hat gleich drei Alben die man mal aufgrund runden Geburtstages erwähnen muss und wird oft in einem Atemzug mit Metallica und Slayer genannt. Richtig, Anthrax sind gemeint. Und mit dieser Einleitung hüpfen wir auch direkt zum ersten der drei Alben:

Mitte der 80er hatten sich die Jungs mit Alben wie „Spreading The Disease“ und „Among The Living“ nachhaltig auf sich aufmerksam gemacht. Darauf folgte 1988 eine Scheibe namens „State Of Euphoria“ (kann man schon mal wenig gegen sagen gegen diesen Zustand). Darin liegt aber auch gleich die Crux des Albums: Die Band war vom Erfolg der Vorgängerscheibe überrumpelt und musste unter Zeitdruck den Nachfolger zusammenschrauben. Das wirkte sich leider aufs Gesamtergebnis aus, nachhaltige Klassiker sind außer Be All, End All nicht vertreten – der wirkliche Überhit der Scheibe ist bezeichnenderweise die Coverversion Antisocial (im Original von Trust 1980 mit französischem (und englischem) Text). Die restlichen Songs sind zwar ausgereifter Thrash mit teils komplexem Riffing und latenter Überlänge (unter fünfeinhalb Minuten geht gar nix), aber eben keine Knaller, wie sie der Vorgänger im halben Dutzend auffuhr. Nach der Veröffentlichung tourte die Band ausgiebig u.a. mit Iron Maiden, Ozzy Osbourne und Metallica, bis zum nächsten Album dauerte es dann immerhin bis 1990.

Album Nummer zwei in der Retrospektive ist aber der Nachfolger des Nachfolgers, nämlich das 1993 erschienene „Sound Of White Noise„. Hier hatten sich nun drastische Änderungen ergeben: Plattenlabel gewechselt, au0erdem gabs einen Wechsel am Mikro: Joey Belladonna war draußen, stattdessen kam Weltklasse-Sänger John Bush von Armored Saint (die sich zwischenzeitlich aufgelöst hatten, immerhin hatte Grunge die Szene komplett umgekrempelt und Thrash Metal war ungefähr mausetot).

Das wirkte sich natürlich auf die Musik aus, weniger wildes Riffgehacke, dafür mehr Melodie und die wesentlich dunklere Stimmfärbung von John Bush natürlich. Trotz Platzierung unter den Top 10 der amerikanischen Charts wurde das Album kein Klassiker der Bandgeschichte – dafür klingts irgendwie zu sehr nach Armored Saint und zu wenig nach Anthrax. Anspieltipps sind wohl am ehesten Only und Potter’s Field (das Thema des Songs ist auch starker Tobak). Den coolsten Songtitel räumt hingegen C11 H17 N2 O2 S Na ab (was für Natriumthiopental steht, ein Schlaf- bzw. Narkosemittel, welches in den USA auch bei Hinrichtungen verwendet wurde – wie war das noch gleich mit fiesen Songthemen?).

Die 90er Jahre waren für Anthrax insgesamt keine gute Zeit, die folgenden Alben waren kein besonderer Erfolg, und Metal war ja sowieso nicht mehr angesagt. Das änderte sich nach der Jahrtausendwende langsam und vor inzwischen auch schon wieder 20 Jahren ließen Anthrax das definitiv beste Album der John Bush-Ära auf die Welt los – „We’ve Come For You All„. Die Scheibe war zwar verkaufszahlentechnisch kein großer Erfolg, aber was sagt sowas schon über Qualität aus? Richtig, gar nix.

Die Band schaffte es endlich, ein Album auf den Punkt zu komponieren, hinzu kamen ein paar hochkarätige Gäste wie Dimebag Darrell. Egal ob man nun bei What Doesn’t Die, Safe Home, Any Place But Here, Black Dahlia oder Cadillac Rock Box reinhört, alles formvollendeter Krach der höchsten Qualitätsstufe. Blöderweise hatte das keinen nachhaltigen Effekt auf die Band – diverse Besetzungswechsel folgten, John Bush ging nach einigem Hin und Her zurück zu den wiedervereinigten Armored Saint, Joey Belladonna kam nach mehrfachem Hin und Her wieder zurück (zwischendrin gabs noch einen anderen Sänger, der aber noch vor dem nächsten Album wieder rausflog). So dauerte es bis 2011 zur nächsten Albumveröffentlichung.

Fazit: Drei Alben, davon ein großer Klassiker und zwei eher durchwachsene Scheiben. Nächste Woche gehts dann weiter mit einer ganz anderen Band und ganz anderen Klassikern.

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