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Album der Woche

16. Februar 2023, 20:33 Uhr von Uwe

Diese Woche springen wir in eine gar nicht mal so weit entfernte Vergangenheit, nämlich in eine Zeit, die ich sogar noch selbst bewusst erlebt habe. Gut, ist auch schon eine Jahrtausendwende her und damit Schnee von gestern, aber sonst bewegen wir uns ja mehrheitlich musikalisch irgendwo bei den Dinosauriern. Wobei wir tatsächlich einen kurzen Sprung zu Dinosauriern machen, denn das erst vor zwei Wochen besprochene Album von Led Zeppelin spielt eine Rolle.

Das Album der Woche stammt aus dem Jahr 1993 und kommt von einer Band aus Deutschland. Die Band, von der das Album stammt, war in dieser Reihe auch noch nicht dran, wird es aber wohl auch nur auf eine Nennung bringen. Aufmerksam wurde ich auf die Band irgendwann Mitte der 90er aus dem Radio (ja, sowas gibts, aber da hab ich auch Kiss oder AC/DC das erste Mal gehört, ohne zu wissen wer da eigentlich rumlärmt). So richtig zusammengelaufen sind die verschiedenen Informationsbrocken (Internet stand ja noch vor der Tür, war aber noch nicht reingelassen worden – an dieser Stelle Tusch und Trommelwirbel und Alaaf und Helau und so weiter an alle Närrinnen und Narralesen und sonstig komisch verkleidete Personen die grad einen auf lustig machen) erstaunlicherweise im Englischunterricht – Gruß an dieser Stelle an meine Englischlehrerin in der Oberstufe. Da wurde nämlich ein Lied der relevanten Band ausdiskutiert. Das findet man auch auf dem Album der Woche. Und nachdem ich jetzt schon kilometerweit ausgeholt habe und nix relevantes gesagt wurde: Das Album der Woche stammt von Fury In The Slaughterhouse und heißt „Mono“ (die deutsche Wikipedia hat zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrages nicht mal ne Seite für das Album…).

Das Album ist bis heute das erfolgreichste der Band und enthält einige der wichtigsten und bekanntesten Songs – da kommen wir gleich dazu. Verpackt ist die ganze Sache in ein schickes Coverbild, was so heutzutage vermutlich eher nicht mehr in den Laden käme, Rauchen ist ja zum Glück schon lange nicht mehr sexy. Achja, die Musik ist entgegen dem Albumtitel selbstverständlich in stereo aufgenommen.

Das Album umfasst 13 Songs verteilt auf knapp 45 Minuten, es geht also recht kompakt zu. Das meiste davon ist eher ruhig und semiakustisch gehalten, sehr nachdenklich und melancholisch. Das beginnt beim eröffnenden Brainsong, der erst nach über einer Minute etwas Fahrt aufnimmt. Direkt danach folgt das sperrig betitelte Every Generation Got Its Own Disease. Die Nummer war der relevante Diskussionspunkt im Englischunterricht. Ein hypnotisches kurzes Gitarrenriff, was den Song über durchgehalten wird, dazu düsterer Text und einige Keyboardklänge, fertig. Der Song ist bis heute die erfolgreichste Single der Band. Nun wirds tatsächlich eher rockig, Dead Before I Was Born geht ordentlich ab. Das ist allerdings nur ein kurzes Intermezzo, im folgenden Radio Orchid wird eine sehr schöne Geschichte erzählt (der Text lohnt sich wirklich, das ist große Poesie), ein sehr schöner Song zum Tagträumen, nachdenklich, traurig und doch irgendwie positiv („take your lonely heart and let it fly“).

Waiting For Paradise rockt dann wieder etwas mehr, danach folgt mit Haunted Head And Heart wieder eine ruhigere Nummer, wirklich relevant wird dann aber das folgende When I’m Dead And Gone. Das ist tatsächlich eine Coverversion eines Songs von 1970 von einer Band, deren Namen ich das erste Mal beim Lesen des Wikipedia-Artikels heute gelesen habe. Die Version der Furies hingegen haut gewaltig auf die Pauke, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Sie haben nämlich den Schlagzeugsound von John „Bonzo“ Bonham gesamplet, und zwar mitsamt des prägnanten Intros von D’yer Mak’er. Das ist dann die obengenannte Querreferenz zu den großen Dinosauriern.

Das folgende When God Goes Home beginnt mit einer sakralen Kirchenorgel wie man sie von klischeehaften Beerdigungen kennt, verläuft dann aber eher semiakustisch. In die gleiche Richtung geht Friendly Fire, eine sehr ruhige Ballade, ein Lied über eine alles verzehrende Liebe mit ein paar netten Wortspielen (Jahrzehnte später haben Rammstein mit Pussy etwas ähnliches gemacht, aber in Deutsch). Nachdem Gott ja inzwischen daheim ist, folgt nun Hell Gets You Nowhere (kann man drüber diskutieren). Zurückhaltend instrumentiert, ein paar nette Akzente am Bass, aber insgesamt nicht so der Überfliegersong. Ein weiterer Rocker ist an Nummer 11 gesetzt – Money Rules. Da kann man eher nicht drüber diskutieren, das ist halt einfach mal so. Lustig ist da am Anfang ein Soundsample aus dem Spiel Lemmings (zumindest klingts schwer danach).

Das ruhigste und intensivste Stück der Platte steht fast ganz am Ende. Eine einsame Gitarre, ein paar wenige instrumentale Farbtupfer und die Stimme des Sängers – In Your Room ist ganz großes Kino („Kings and Queens, they have lost their heads, but I, I’ve lost my heart in your room“). Den Abschluss der Scheibe bildet Money Junkie, eine Bar-Piano-Lounge-Nummer wenn man so will. Verzerrte Vokals und merkwürdige Soundeffekte, so richtig passt der Song nicht zum restlichen Album.

Fazit: Clevere Texte, mindestens vier wirklich großartige Songs und ein insgesamt sehr kohärentes Album (bis auf die letzte Nummer), so düster wie das Coverfoto suggeriert. Und nächste Woche bewegen wir uns dann wieder auf metallischeren Pfaden.

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