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Album der Woche

24. November 2021, 18:34 Uhr von Uwe

Diese Woche greifen wir ein Thema auf, was vor einen Wochen schon mal dran war. Dem ein oder anderen Leser ist da nämlich möglicherweise eine Lücke aufgefallen, die ich mit voller Absicht gelassen hatte. Und diese Lücke wird nun heute geschlossen. Vorausschauende Planung und so.

Wir gehen zurück ins Jahr 1991 und widmen uns aus gegebenem Anlass dem letzten Studiowerk der größten Rampensau aller Zeiten (noch vor Bruce Dickinson und Alissa White-Gluz). Die Rede ist natürlich von Freddie Mercury, der heute vor 30 Jahren an seiner AIDS-Erkrankung verstarb. Vor einigen Wochen besprach ich ja diverse Alben aus Anlass seines 75. Geburtstags, heute nun also das im Frühjahr 1991 erschienene „Innuendo„.

Zum Aufnahmezeitpunkt 1990 war Freddies Erkrankung bereits sehr weit fortgeschritten. Trotzdem arbeitete er immer weiter und erschuf mit seinen Bandkollegen Musik solang es ihm irgendwie möglich war. Vor diesem Hintergrund ist das Album auch anders zu bewerten als „normale“ Studioalben. Die Erkrankung wurde vor der Öffentlichkeit verheimlicht, obwohl es ziemlich offensichtlich ist wenn man sich die für das Album entstandenen Musikvideos ansieht. Trotz allem war seine Stimme nach wie vor intakt, und er nutzte sie.

Insgesamt sind 12 Stücke auf dem Album enthalten, und tatsächlich knüpfen Queen hier stilistisch wieder an ihre große Zeit der 70er an, das heißt überlebensgroßer Pomp, wilde Ausflüge in alle möglichen Stilrichtungen und die Abkehr vom Mainstreamrock, den sie Mitte der 80er Jahre gemacht hatten. Den Auftakt macht das Titelstück, ein Epos von über sechs Minuten mit einem Gastsolo von Steve Howe (Yes). Den totalen Kontrast dazu bildet das folgende vergleichsweise ruhige und melancholische I’m Going Slightly Mad. Die dritte Single des Albums folgt an dritter Stelle – Headlong ist ein typischer Rocksong ohne größere Überraschungen. Einer meiner persönlichen Favoriten des Albums ist das nächste Stück: I Can’t Live With You, mit der schönen Textzeile „I can’t live with you, but baby I’ll never leave you“. Liebe ist schon eine arg wunderliche Sache. Ride The Wild Wind is einer von Roger Taylors Beiträgen zum Album, auch wenn für alle Songs die Band als Autor angegeben ist – ein eher unauffälliges Rockstück über Roger Taylors Liebe zu schnellen Autos. Es folgt ein stilistischer Schwenk zu All God’s People, was aus aus den Sessions für Freddies Projekt mit Montserrat Caballé  stammt.

Mittendrin findet sich nun das Stück, zu dem die Band das letzte Video drehte, in dem Freddie noch selbst auftrat. These Are The Days Of Our Lives ist eine extrem ruhige und zurückhaltende Ballade, veröffentlicht an Freddies 45. Geburtstag. Das Video selbst ist schwarzweiß, und der Videoregisseur erzählte später, dass sich Freddie ganz bewusst von seinen Fans verabschiedet hat: Am Ende des Videos gibt er ein letztes Mal den großen theatralischen Star, lässt dann die Arme fallen, lächelt und geht aus dem Bild. Eine ganze bewusste Entscheidung, die dem Regisseur erst klar wurde nachdem Freddie verstorben war (im Artikel zum Song auf der englischen Wikipedia wirds detailliert beschrieben). Das „I still love you“ am Ende des Videos mit seinem direktem Blick in die Kamera sorgt bei mir heute noch für Gänsehaut. Der Song selbst ist mir aber eigentlich zu belanglos weil nicht wirklich was passiert.

Einem großen Genie wie Freddie Mercury (hey, er hat Bohemian Rhapsody und We Are The Champions geschrieben) gesteht man auch mal durchgeknallte Einfälle zu, weswegen man ihm Delilah nicht wirklich übelnehmen kann – ein Song über eine seiner Katzen. Aber ja, der Song ist jetzt nicht das Highlight seiner Karriere. Wesentlich besser präsentiert er sich auf dem hart rockenden The Hitman. An vorletzter Stelle des Album findet sich schließlich ein Song mit einem ungewöhnlichen Aufbau: Zwei „Strophen“ aus Gitarrensounds und in der Mitte ein „Solo“ aus den Textzeilen: „You and me, we are destined, you’ll agree, to spend the rest of our lives with each other. The rest of our lives like two lovers, for ever.“ Einfach nur wunderschön, und Brian May’s Gitarrensound war selten so phänomenal.

Die Platte wird abgeschlossen von dem Song, mit dem sich Freddie zu guter Letzt noch einmal ein Denkmal setzte: The Show Must Go On – im wörtlichsten Sinne. Der Text setzt sich – der Titel deutet es an – intensiv mit dem nahen Ende seines Lebens auseinander („I’ll soon be turning round the corner now“, „inside my heart is breaking, my make up may be flaking, but my smile still stays on“). Bei der Stelle „My soul is painted like the wings of butterflies, fairy tales of yesterdays will grow but never die, I can fly my friends“ kriege ich nach wie vor nen Kloß im Hals. Aber am Ende muss es eben doch weitergehen – „I’ll top the bill, I’ll overkill, I have to find the will to carry on, on with the show“. Der Song wurde als letzte Single zu seinen Lebzeiten ausgekoppelt, nur sechs Wochen vor seinem Tod. Das Video dazu besteht aus einer Collage von Videoschnipseln aus den vorherigen 10 Jahren, da kein neues Material mehr mit ihm gedreht werden konnte.

Zwei Wochen nach dem Single-Release von The Show Must Go On erschien das Greatest Hits II-Album. Am 23. November 1991 wurde die Öffentlichkeit schließlich über Freddies Erkrankung informiert, keine 24h später war er gestorben. Im April 1992 fand ihm zu Ehren das Freddie Mercury Tribute Concert statt, Wayne’s World verhalf Bohemian Rhapsody zu neuen Ehren, und heute, 30 Jahre nach seinem Tod, gilt Freddie als enorm einflussreiche Ikone der Rockmusik und könnte populärer sein, als er es zu Lebzeiten war. The Show Must Go On eben.

Und ich höre mich jetzt nochmal in aller Ruhe das Album an 🙂

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