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Album der Woche

25. August 2021, 16:08 Uhr von Uwe

Diese Woche gehts nicht um ein Album, sondern um einen Sänger, denn der feiert runden Geburtstag, und deswegen gucken wir da mal mehrere Alben an, auf denen er mitgewirkt hat.

Der gute Mann prägte die Entwicklung des Heavy Metal Ende der 70er insbesondere im Bereich des Outfits entscheidend mit, konnte mit seiner Stimme Fensterscheiben zum Erzittern bringen und war nebenbei Sänger einer der bedeutendsten Metal-Bands überhaupt. Außerdem ist er zwei Jahre jünger als Gene Simmons von Kiss, und damit genau 29 Jahre älter als ich. Mit anderen Worten: Robert John Arthur Halford, besser bekannt als Rob Halford, feiert heute seinen 70. Geburtstag. Alles Gute! (auch an Gene Simmons an dieser Stelle).

Der Name ist natürlich untrennbar mit der Band Judas Priest verbunden, bei der er seit 1973 am Mikro steht (mit einer Unterbrechung von 1992 bis 2003). Und deswegen sind einige Alben der Priester Album der Woche, einfach weil sie auch (halb)runden Geburtstag haben: „Sad Wings Of Destiny“, „Point Of Entry“ und „Turbo“ nämlich.

Springen wir also zunächst ins Jahr 1976, denn da erschien mit „Sad Wings Of Destiny“ das zweite Album in der Karriere von Judas Priest. Das Debüt war noch relativ simpler Bluesrock, wohingegen hier nun die ersten Nummern auftauchen, die den späteren Sound der Band prägen und definieren. Die Scheibe beginnt gleich mit einem dieser Songs, einem der großen Klassiker der Bandgeschichte, Victim Of Changes nämlich. Da ist alles drin, komplexes Songwriting über acht Minuten, doppelte Gitarren und die prägnante Kopfstimme von Rob Halford. Das zweite Stück, The Ripper, ist ein ebenso großer Klassiker, kommt aber in unter drei Minuten schwer rockend auf den Punkt (und erzählt nebenbei ein schönes Schauermärchen über Jack The Ripper). Beide Nummern gehören noch heute zum Liveprogramm. Die A-Seite wird beschlossen vom Doppel Dreamer Deceiver und Deceiver. Ersteres beginnt als ruhige Ballade mit Pianountermalung, steigert sich dann unaufhaltsam und geht direkt in den geradlinigen Rocker Deceiver über. Derartige Ausflüge in progressivere Gefilde gab es auf späteren Alben nicht mehr. Die zweite Seite enthält mit Prelude erstmal ein Instrumentalstück, danach folgen mit Tyrant und Genocide zwei rifforientierte Stücke, die ebenfalls zu den Bandklassikern zu zählen sind. Den Abschluss bilden die eher verträumten Epitaph und Island Of Domination.

Das Album verkaufte sich damals nicht besonder bemerkenswert, legte aber doch den Grundstein für die spätere Bandkarriere und enthält eben gleich mal vier der größten Klassiker der Truppe. Wer Priest nur von den späteren „reinen“ Metalalben her kennt, wird hier allerdings bei einigen Songs überrascht werden.

Weiter gehts fünf Jahre später mit „Point Of Entry„. Die Band hatte in der Zwischenzeit vier Studioalben veröffentlicht, und darüber hinaus noch das große „Unleashed In The East“ Livealbum. Gerade der direkte Vorgänger „British Steel“ hatte die Band ganz nach oben in die Charts katapultiert, Heavy Metal war die Musikrichtung der Stunde, und Priest mischten ganz oben mit. Was passiert in so einer Situation? Genau, das Plattenlabel will mehr Hits. Und noch mehr Hits. Und genau das versuchte die Band mit diesem Album – der Sound wurde etwas glattgebügelt, und heraus kamen zehn radiofreundliche Stücke zwischen dreieinhalb und vier Minuten Länge. Damit sollte versucht werden, grade auch den amerikanischen Markt zu knacken. Tja, die Fans reagierten giftig drauf – in Amerika wurde das Ziel nicht erreicht, und im Heimatmarkt schrie man „Ausverkauf“. Mit mehreren Jahrzehnten Abstand kann man das alles etwas weniger drastisch sehen – der Opener Heading Out On The Highway ist einer der Bandklassiker geworden, ebenso wie Desert Plains. Und der Rest ist ebenfalls von hoher Qualität, man gab dem Material nur nicht die Chance zu Klassikern zu reifen.

Das Problem des Albums ist, dass der Vorgänger brilliant war, und die beiden Folgealben ebenfalls brilliant sein würden. Daher wird die Scheibe gern übersehen. Und was das Thema „Fanaufschrei“ angeht, sollte es ja fünf Jahre später noch viel schlimmer kommen.

Womit wir beim letzten Album der Runde wären: „Turbo“ von 1986. Nach den beiden großen Metalalben „Screaming For Vengeance“ und „Defenders Of The Faith“, die zu den größten Metalalben der Dekade zu zählen sind, probierte die Band hier was Neues, anstatt ein weiteres Album der gleichen Art aufzunehmen: Sie experimentierten. Mit Gitarrensynthesizern und entsprechenden Keyboardsounds. Schockschwerenot! Verrat! Ausverkauf! Zudem hatte Rob Halford mit Drogenproblemen zu kämpfen, die er jedoch vor dem Release des Albums überwand, obwohl er rückblickend zugibt, dass die Drogen und seine persönliche Situation jener Zeit einen negativen Einfluss auf seine Texte für das Album hatten.

Wenn man sich das Album heute anhört klingt das alles wesentlich weniger schlimm als es damals gemacht wurde. Die Synth-Effekte geben zusätzliche Farbtupfer, aber unterm Strich ist es immer noch Heavy Metal so wie auf den vorherigen Alben auch. Der Opener Turbo Lover (mit echt plattem Text) zählt zu den großen Bandklassikern, und Out In The Cold dürfte das persönlichste Stück sein, dass Halford je geschrieben hat. Ebenfalls hervorzuheben ist Parental Guidance, dass die amerikanischen Sittenwächter aufs Korn nimmt, die damals mit den „Parental Advisory“-Stickern ankamen, um den Kids zu zeigen welche Musik sie besser nicht kaufen sollten – mit dem gegenteiligen Effekt natürlich.

Fazit: Drei gute Alben, wenn auch nicht auf dem Status von sagen wir mal „British Steel“ oder „Painkiller“. „Sad Wings Of Destiny“ halte ich für das beste und wichtigste der drei, „Point Of Entry“ steht am Ende der Liste, was aber immer noch irgendwo knapp für die Top 10 der umfangreichen Priest-Diskographie reichen sollte.

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