Kategorien

Archive

Kalender

November 2020
M D M D F S S
 1
2345678
9101112131415
16171819202122
23242526272829
30  

Kilometerlanger Zahlensalat

25. November 2020, 16:26 Uhr von Uwe

Nach einer längeren Pause wegen dramatisch zugespitztem Kampf um den WM-Titel im „schneller im Kreis kreiseln als die anderen“ gibts nun die nächste Ausgabe. Die üblichen Disclaimer sind anzuwenden, wens nicht interessiert solls halt nicht lesen.

Am letzten Wochenende fand auf dem Autódromo Internacional do Algarve an der Südküste Portugals der letzte Lauf der Motorrad-WM statt. Das ist ne ziemlich coole Rennstrecke, so rein optisch von den TV-Bildern her, und so ergab sich nach einem Gespräch mit meinem Bruder über seine bevorzugten Rennstrecken, die er in Rennspielen fährt die Idee, hier mal unzusammenhängende Gedanken zusammenzutragen.

Rennen, nicht laufen

Die ersten Autorennen fanden kurz nach der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert statt. Das waren in der Regel Langstreckenfahrten von A nach B auf öffentlichen Straßen, um zu beweisen dass dieses neumodische Dings namens Automobil nicht nur zum Erschrecken der der Cottbusser Postkutscher und der Potsdamer Postkutschpferde gut war. Die erste Rennformel war in dieser Hinsicht der Gordon-Bennett-Cup, der zwischen 1900 und 1905 ausgetragen wurde. Ab 1906 gab es dann die ersten Rundstreckenrennen, wobei „Rundstrecke“ erstmal nur öffentliche Straßen umfasste. Aus dieser Zeit stammt auch die Bezeichnung eines Rennens als „Grand Prix“, weils die Franzmänner erfunden haben.

Im Zuge der allgemeinen Automobilisierung nach dem ersten Weltkrieg setzten sich nach und nach speziell für diesen Zweck gebaute Rennstrecken durch, was aber Jahrzehnte dauerte. Noch heute sind ja zum Beispiel die traditionsreichen Rennen in Monaco oder Le Mans relevant, und das sind nach wie vor abgesperrte Stadt- bzw. Landstraßen. Im Detail kann man das alles bei Wikipedia nachlesen, das will ich hier nicht wiederholen.

Die ersten Rennstrecken

Die allererste speziell für diesen Zweck gebaute Renn- und Teststrecke befand sich ab 1907 im britischen Brooklands, der Rennbetrieb endete jedoch bereits vor dem Zweiten Weltkrieg. Eine längere Geschichte weist der Indianapolis Motor Speedway auf, da fährt man seit 1909 im Oval – die Indy 500 werden seit 1911 ausgetragen, und zwischenzeitlich fanden auch Motorradrennen und Rennen der Formel 1 statt (unvergessen das Rennen 2005 mit nur sechs Teilnehmern…). In Europa hat das Autodromo Nazionale di Monza die größte Tradition, hier werden seit 1922 Rennen ausgetragen. Nahe Paris entstand 1924 das Autodrome de Linas-Montlhéry, auf dem aber bereits seit den 1970er Jahren keine großen Rennen mehr ausgetragen wurden. Und 1927 folgte schließlich der Nürburgring, die heute längste permanente Rennstrecke der Welt und nach wie vor in Betrieb, wenn auch „nur noch“ für Tourenwagenrennen und Langstreckenrennen. Weitere klassische Rennstrecken jener Zeit sind der Cicuit de Spa-Francorchamps (was aber bis weit in die 1970er Jahre hinein abgesperrte Landstraßen waren, erst seit 2001 ist es eine permanente Rennstrecke) sowie der Circuit de Monaco (auf dem seit 1929 Autorennen stattfinden) – wobei die Rennstrecke mitten durch das Hafenviertel führt und jedes Jahr aufwendig hergerichtet wird.

Bei den Motorradrennen ist natürlich der Snaefell Mountain Course zu nennen, auf dem seit 1911 die Isle Of Man TT ausgetragen wird. Hierbei handelt es sich aber um reguläre Landstraßen. Der andere große Klassiker ist der TT Circuit Assen, auf dem seit 1925 Rennen ausgetragen werden. Auch das waren zunächst Landstraßen, bevor ab 1955 eine permanente Rennstrecke errichtet wurde, auf der noch heute jährlich (außer 2020…) Motorradrennen ausgetragen werden.

Sicherheit, was ist das?

In den frühen Tagen waren die Bekloppten, die sich in einen Rennwagen oder auf ein Rennmotorrad setzten, latent suizidal. Musste man auch sein, gab es doch auf den Rennstrecken genau null Sicherheit – Helme wurden auch keine getragen, maximal eine Brille gegen den Staub und eine Lederkappe und dazu ein T-Shirt. Autorennfahrer hatten die Lebenserwartung eines Schneemanns in der Frühlingssonne, Motorradrennfahrer die eines Eiswürfels im Hochofen. Im Falle eines Unfalles hatte der Pilot für den Rest des Lebens mit den Folgen zu kämpfen – oft genug umfasste dieser Rest aber lediglich die Zeitspanne zwischen dem herausgeschleudert werden aus dem Fahrzeug und dem Aufprall auf die Strecke oder gegen Telegrafenmasten, Bordsteinkanten, Hauswände oder was sonst so an Straßenrändern herumsteht. Auch auf den permanenten Rennstrecken war das nicht viel anders, am Nürburgring säumten noch bis 1970 Hecken und Bäume die Strecke, ebenso im königlichen Park von Monza oder am Hockenheimring.

Feuer unterm Hintern

Die ersten Sicherheitseinrichtungen, die diesen Namen verdienen, waren Helme, die aber erst in den 1950er Jahren normiert und verpflichtend eingeführt wurden. Sicherheitsgurte wurden gar erst in den 1960er Jahren verpflichtend. Viele Fahrer zogen es vor bei einem Unfall aus dem Fahrzeug geschleudert zu werden und dann mit ein paar Knochenbrüchen in einem Heuballen zu landen (oder wie Alberto Ascari 1955 im Hafenbecken von Monaco). Das bekannte Foto von Hans Hermann beim Rennen auf der AVUS 1959 ist im Netz zu finden, da fliegt der Wagen auch im hohen Bogen durch die Gegend. Die Abneigung der Fahrer gegen die Sicherheitsgurte erklärt sich durch die Feuergefahr eines verunfallten Autos – nach einem Unfall in so einem brennenden Trümmerhaufen eingeklemmt zu sein oder den Gurt nicht aufzukriegen war eine durchaus ernstzunehmende Gefahr (siehe die Unfallakten Lorenzo Bandini, Piers Courage, Ignazio Giunti, Pedro Rodríguez, Jo Schlesser, um nur einige wenige Beispiele aus der Zeit um 1970 zu nennen).

Erst die live im TV übertragenen Bilder vom tödlichen Unfall Roger Williamsons 1973 und natürlich Niki Laudas Unfall am Nürburgring 1976 sorgten zusammen mit einem Umdenken der Fahrer (angeführt von Jackie Stewart nach seinem schweren Unfall 1966 in Spa und verstärkt nach dem Tode Jim Clarks in Hockenheim 1968) zu ernsthaften Verbesserungen. Feuerunfälle wurden durch konstruktive Änderungen seltener, aber noch 1985 verstarb Elio de Angelis bei Testfahrten an einer Rauchgasvergiftung. Mehr Glück hatte Gerhard Berger 1989 in Imola, er kam mit leichten Verletzungen davon, als sein Wagen in die gleiche Mauer krachte, die Ayrton Senna fünf Jahre später zum Verhängnis werden sollte. Wer sich unbedigt das Mittagessen verderben will findet die Videos inzwischen öffentlich einsehbar bei YouTube – ich verlinke sie hier aber nicht.

Nicht durch Feuer, aber durch seine Angst vor dem Feuer verstarb Jochen Rindt 1970. Er hatte den Sicherheitsgurt nicht korrekt angelegt, um sich im Falle eines Unfalles schneller aus dem Wagen befreien zu können. Nach einem technischen Defekt prallte sein Wagen frontal gegen die Leitplanken, er rutschte nach unten durch den Gurt hindurch und zog sich tödliche Verletzungen des Brustkorbes und der Atemwege zu. Hätte er sich korrekt angeschnallt, wäre er möglicherweise mit Prellungen und Schürfwunden davongekommen.

Über die Planke

Wie bereits erwähnt begann Jackie Stewart in den späten 1960er Jahren einen Kampf für mehr Sicherheit an den Rennstrecken, sehr zum Unmut der Streckenbetreiber und auch nicht ohne Widerstände seiner Fahrerkollegen. Traditionsreiche Rennstrecken wie eben Spa flogen aus dem Kalender, weil man eben nicht mit über 300 km/h auf Landstraßen vorbei an Hauswänden fahren kann, ohne dass auf Dauer irgendwas schiefgeht. Und selbst wenn man den Unfall selbst überlebte, so fehlte es auch an jeglicher medizinischen Infrastruktur –  Stewart saß nach seinem Unfall eingeklemmt im Wagen, Benzin aus dem geplatzten Tank ergoss sich über seine Beine und es dauerte ewig bis man ihn überhaupt aus dem Auto herausgeholt hatte. An der Strecke gabs kein Krankenhaus, der Fahrer des Notarztwagens kannte den Weg zum nächsten Krankenhaus nicht – kurz, es gab viel zu verbessern., passende Interviews mit Jackie Stewart dazu findet man sicher auch im Netz.

Die erste deutlich sichtbare Änderung war der Aufbau von Leitplanken entlang der Strecken. Dies sollte verhindern, dass die Fahrzeuge irgendwo in die Botanik flogen, sorgte aber auch für neue Probleme. So starb François Cevert 1973 bei einem Trainingsunfall in Watkins Glen, als sein Wagen nach Leitplankenkontakt und einem folgenden Überschlag kopfüber auf der Leitplanke landete und Cevert buchstäblich aufgeschlitzt wurde. Ähnlich böse war der Unfall von Helmut Koinigg ein Jahr später ebenfalls in Watkins Glen (nachgestellt im Film Rush). Beim eigentlich harmlosen Kontakt mit der Leitplanke durchbrach das Fahrzeug den unteren Teil der nicht korrekt befestigen Leitschienen, und der obere Teil wirkte als horizontale Guillotine. 1975 gab es beim Großen Preis von Spanien auf dem Circuit de Montjuïc Kontroversen um die Leitplanken – die Fahrer streikten zunächst, da die Leitplanken nicht ordnungsgemäß montiert worden waren. Es wurde nachgebessert, das Rennen fand statt. Nach einem technischen Defekt flog dabei der Wagen von Rolf Stommelen in die Zuschauerränge, fünf Zuschauer starben. Weder Formel 1 noch die Motorradrennfahrer kehrten je zurück zu dieser Rennstrecke.

Frakturen aller Art

Bei einem Unfall blieb das Verletzungsrisiko für Formel 1-Fahrer trotzdem hoch. Bis in die frühen 1980er Jahre wurden die Wagen aus Aluminium gefertigt, was in vielen Fällen den Kräften eines Unfalles nicht standhielt. Besonders im Beinbereich kam es oft zu schweren Verletzungen, die in vielen Fällen zum Karriereende führten (Johnny Cecotto 1984 und Jacques Laffite 1986, beide in Brands Hatch, Didier Pironi 1982 in Hockenheim). Im Falle von Ronnie Peterson endete es sogar tödlich: Seine Kollegen konnten ihn nach der Startkarambolage 1978 in Monza aus seinem brennenden Wagen befreien, er hatte sich jedoch schwere (allerdings nicht lebensgefährliche) Beinverletzungen zugezogen. Nach der OP kam es jedoch zu Komplikationen, an denen er am nächsten Morgen verstarb.

Ebenfalls tödlich endete der Unfall von Gilles Villeneuve 1982 in Zolder, dessen Wagen nach einer Kollision aufstieg und sich überschlug. Beim Aufprall auf die Erde wurde das Fahrzeug in zwei Teile gerissen und der Fahrer herausgeschleudert. Villeneuve prallte möglicherweise gegen einen neben der Strecke stehenden Pfosten eines Fangzaunes, auf jeden Fall zog er sich tödliche Verletzungen der Wirbelsäule zu.

Gegen den Kopf geschlagen

Die Rennstreckensicherheit wurde in den 1980er Jahren sukzessive verbessert und kiesgefüllte Auslaufzonen eingeführt. Die Umstellung auf Kohlefaser anstatt Aluminium erhöhte die Sicherheit signifikant (wenngleich das Material nicht unfehlbar ist, siehe Martin Donnelly 1990), allerdings blieb ein erhebliches Risiko für Kopfverletzungen bestehen, insbesondere da die Cockpits relativ offen und seitlich weit heruntergezogen waren. Ayrton Senna verstarb 1994 an Kopfverletzungen, Roland Ratzenberger an einem Genickbruch, ein Rennen später verunglückte Karl Wendlinger schwer. Felipe Massa wurde 2009 verletzt, als eine nur 800g schwere Feder gegen seinen Helm prallte, was ihn mehrere Monate außer Gefecht setzte. Mehrere Fahrer kamen in anderen Monoposto-Serien nach Unfällen ums Leben, weil sie von herumfliegenden Trümmern oder Reifen am Helm getroffen wurden (z.B. Henry Surtees 2009). Jules Bianchi zog sich 2014 in Suzuka schwere und letztlich tödliche Kopfverletzungen zu, als sein Wagen bei strömendem Regen unter einen mit der Bergung eines anderen Fahrzeuges beschäftigten Abscheppkranes rutschte. Seit 2018 ist daher das Halo-System in der Formel 1 vorgeschrieben.

Auf zwei Rädern verunfallt es sich leichter

Im Motorradsport ist die ganze Sache nochmal krasser, weil man hier relativ wenig für den Schutz des Piloten tun kann. Lederkombis sind seit den fünfziger Jahren Standard, dazu kamen immer weiter verbesserte Helme, Rückenprotektoren in den 1990er Jahren und Airbags im Rennanzug nach der Jahrtausendwende. Trotzdem sind bei Unfällen Verletzungen sehr häufig, insbesondere Knochenbrüche an Händen und Beinen, auch Frakturen des Schlüsselbeins sind häufig.

Darüber hinaus muss man konstatieren, dass die Sicherheit erst wesentlich später in den Fokus rückte. Noch bis 1976 war das Rennen auf der Isle Of Man im WM-Rennkalender (obgleich alle Topfahrer es bereits seit den frühen 1970er Jahren boykottierten). Auf der Nordschleife startete man bis 1980, auf dem alten Straßenkurs von Spa bis 1978, und im finnischen Imatra ging es noch 1982 durch die Stadt und über zwei Bahnübergänge(!). Ebenso fuhr man noch bis in die späten 1970er auf Straßenkursen wie im kroatischen Opatija und gar noch bis Anfang der 80er Jahre auf dem tschechischen Masaryk-Ring nahe Brünn.

Erst die Androhung von Kenny Roberts um 1979 herum, eine Konkurrenzserie aus der Taufe zu heben, um die miserablen Startgelder der zumeist als Privatiers antretenden Fahrer zu verbessern bewirkte nach und nach ein Umdenken. Die alten Straßenkurse flogen aus dem Programm, das Sicherheitsniveau wurde nach oben geschraubt und statt Heuballen wurden Kiesbetten eingeführt. Dennoch blieben schwere und mitunter tödliche Unfälle nicht aus. Erst Anfang der 90er Jahre wurde ein Niveau ähnlich der Formel 1 erreicht. Trotzdem gab es sehr schwere Unfälle, die zum Ende der Karrieren der jeweiligen Fahrer führten, z.b. Reinhold Roth 1990 in Jugoslawien oder Wayne Rainey 1993 in Misano. Mick Doohan kam 1992 in Assen nur sehr knapp um eine Beinamputation herum – wurde danach fünf Mal Weltmeister und musste seine Karriere 1999 nach einem erneuten Unfall und weiteren Beinbrüchen beenden.

Auch nach der Jahrtausendwende kam es wiederholt zu tödlichen Unfällen, z.B. durch Kollisionen der Fahrer untereinander, bei denen Fahrer von ihren Kollegen überfahren wurden, so Shōya Tomizawa 2010 und Marco Simoncelli 2011. In anderen Fällen reichten die Auslaufzonen nicht aus, so 2003 bei Daijirō Katō in Suzuka oder bei Luis Salom 2016 in Barcelona. In beiden Fällen kam es danach zu grundlegenden Veränderungen – man startet nicht mehr in Suzuka und in Barcelona wurde erst eine neue Schikane eingebaut und später die Auslaufzone konstruktiv verändert.

High- und Lowside

Die weitaus meisten Unfälle bei Motorradrennen gehen aber heutzutage glimpflich aus. Im wesentlichen gibt es noch zwei Sorten Unfälle durch Fahrfehler (und natürlich Sonderfälle durch z.B. Kollisionen oder technische Defekte): Lowsides und Highsides. Beim Lowside klappt einfach das Vorderrad in Schräglage ein, weil es die Kräfte nicht mehr übertragen kann. In der Folge rutschen Pilot und sein fahrbarer Untersatz geradeaus Richtung Kurvenaußenseite. Da geht je nach Tempo eher selten was kaputt, man landet halt im Kiesbett, kann aber in vielen Fällen sogar direkt wieder aufsteigen, hat sich aber eben sein Rennen kaputtgemacht. In jüngster Zeit haben einige Fahrer, vor allem Marc Márquez, es perfektioniert, das Motorrad aus einem Lowside durch dagegenstemmen mit Knie und Ellenbogen wieder nach oben zu drücken. Das kann funktionieren, führte aber z.B. auch zum tödlichen Unfall von Marco Simoncelli, weil er dadurch mitten auf die Ideallinie stürzte anstatt in Richtung Kurvenaußenseite hinauszurutschen.

Beim Highside sieht das anders aus, da bricht in der Kurve das Hinterrad aus weil man zu viel Gas gegeben hat. Das erzeugt erst einen schönen Rutscher, den man seit den Zeiten eines Kenny Roberts aber standardmäßig kontrolliert driftend fahren will. Dumm ist es nur, wenn das Hinterrad plötzlich wieder genug Traktion findet, denn dann stimmt der Winkel nicht mehr und das Motorrad bäumt sich auf wie ein bockiges Rodeopferd – und in der gleichen Art wird der Pilot abgeworfen und landet anschließend unsanft auf dem harten Asphalt. Die Folge sind in vielen Fällen mindestens mal Prellungen, oftmals aber auch Knochenbrüche aller Art. Besonders berüchtigt dafür waren die 500er-Maschinen der 80er und 90er Jahre, die wahnwitzig viel Leistung und keinerlei Traktionskontrolle hatten.

Ok, im Kreis fahren ist gefährlich – und?

Warum ich das alles so ausführlich erwähne? Weil es natürlich Auswirkungen auf die Strecken hatte. Zu den Anfängen der Rennerei waren abgesperrte Landstraßen völlig akzeptabel (auf der Isle Of Man war die Strecke anfangs nicht mal gesperrt, was wie nicht anders zu erwarten zu Unfällen führte). Es folgten speziell hergerichtete Rennstrecken die heutzutage entweder Klassiker sind oder nicht mehr befahren werden, weil die Anforderungen gestiegen sind. Und dann gibts die „modernen“ Strecken, die viele als gesichtslos und austauschbar empfinden.

Tatsächlich ist es so, dass viele der modernen Strecken zu modernen Problemen führen: Zur Minimierung des Risikos werden die Streckenführungen angepasst, was gerade in der Formel das Überholen quasi unmöglich bzw. mindestens sehr schwer gemacht hat. Durch die asphaltierten Auslaufzonen (weil man so die Fahrzeuge am einfachsten abbremst ohne sie zu beschädigen) handelte man sich große Probleme mit der Streckenbegrenzung ein: Wenn neben der eigentlichen Strecke auch Asphalt ist anstatt Gras oder Kies wird dieser Asphalt natürlich auch genutzt um sich einen Vorteil zu verschaffen. Bei Motorradrennen hagelt es daher an jedem Rennwochenende massiv Zeitstrafen wegen „Überschreitung der Track Limits“.

Und nicht zuletzt ähneln sich die Strecken tatsächlich extrem, insbesondere jene die aus dem Hause Hermann Tilke kommen. In den letzten 20 Jahren hat er gut 10 Rennstrecken entworfen und bauen lassen, von denen aber keine wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen hat – am ehesten noch der Sepang International Circuit. Viele Fahrer kritisieren es als langweilig und vorhersehbar, und spannende Rennen kommen auch nur selten zustande, weil das Überholen so kompliziert ist.

Und nun endlich Zahlensalat

Es gab bis Ende 2019 64 verschiedene Große Preise auf 113 verschiedenen Strecken (nicht mitgerechnet Streckenumbauten und Varianten). Die häufigsten Veranstaltungen finden sich in der Tabelle.

LandRennstreckenAnzahl
GP von DeutschlandAVUS, Hockenheimring, Nürburgring, Nürburgring-Nordschleife, Nürburgring-Südschleife, Sachsenring, Schottenring, Solitude319
GP von HollandTT Circuit Assen, Circuit Park Zandvoort301
GP von SpanienCircuit de Barcelona-Catalunya, Circuite del Jarama, Circuito de Jerez, Montjuïc, Circuit de Pedralbes265
GP von FrankreichCircuit des Planques Albi, Circuit de Charade Clermont-Ferrand, Circuit de Dijon-Prenois, Circuit Paul Ricard, Circuit Bugatti, Circuit de Nevers Magny-Cours, Circuit Paul Armagnac Nogaro, Circuit de Reims-Gueux, Rouen-Les-Essarts256
GP von GroßbritannienAintree Circuit, Brands Hatch, Donington Park, Silverstone207
GP von BelgienNivelles-Baulers, Circuit de Spa-Francorchamps, Circuit Zolder194
GP der Nationen (Vorläufer des GP von Italien für Motorräder)Autodromo Enzo e Dino Ferrari Imola, Misano World Circuit, Autodromo Nazionale di Monza, Mugello175
GP von Tschechien (bzw. der Tschechoslowakei)Autodrom Brno, Masaryk-Ring165
GP von ItalienAutodromo Enzo e Dino Ferrari Imola, Misano World Circuit, Autodromo Nazionale di Monza, Mugello164
GP von JapanFuji Speedway, Twin Ring Motegi, Suzuka Internatinal Racing Course150
GP von AustralienAdelaide Street Circuit, Sydney Motorsport Park, Albert Park Circuit Melbourne, Phillip Island Circuit128
GP von ÖsterreichRed Bull-Ring, Salzburgring, Zeltweg, Österreichring122
Isle Of Man TTClypse Course, Snaefell Mountain Course114
GP von MalaysiaJohor Circuit, Sepang International Circuit, 106

Am anderen Ende des Spektrums finden sich Formel 1-Rennen, die nur einmal ausgetragen wurden, wie der GP von Pescara 1957 oder GP von Marokko 1958.

Bei den Rennstrecken verteilen sich die Zahlen wie folgt:

StreckeVeranstaltungenAnzahl
TT Circuit AssenGP von Holland271
Autodromo Nazionale di MonzaGP von Italien, GP der Nationen182
Circuit de Spa-FrancorchampsGP von Belgien178
HockenheimringGP von Baden-Württemberg, GP von Deutschland132
Silverstone CircuitGP von Großbritannien120
SachsenringGP der DDR, GP von Deutschland119
Circuit de Barcelona-CatalunyaGP von Europa, GP von Katalonien, GP von Spanien113
Circuito de JerezGP von Andalusien, GP von Europa, GP von Spanien108
Autodromo Internazionale del MugelloGP von Italien, GP der Nationen, GP von San Marino108
Circuit BugattiGP von Frankreich, GP der FIM103
Snaefell Mountain CourseIsle Of Man TT103

Der große Anführer ist logischerweise der Motorradklassiker schlechthin – in Assen wird seit 1949 in jedem Jahr Motorrad gefahren (nur 2020 nicht), mithin also in jedem Jahr Rennen in mindestens drei Klassen. Mit großem Abstand folgt dann schon Monza, wo seit 1950 in jedem Jahr (außer 1980) die Formel 1 Station machte und außerdem bis 1973 der GP der Nationen (Vorläufer des GP von Italien für Motorräder) ausgetragen wurde. Dichtauf folgt mit Spa ein weiterer Klassiker, der von Anfang an in der Motorrad-WM und der Formel 1 gesetzt war, in den 70ern aus Sicherheitsgründen nicht genutzt wurde, aber nach grundlegenden Umbauten nach wie vor in der Formel 1 befahren wird und bei den Fahrern besonders beliebt ist. Weitere hohe Positionen haben der Sachsenring und auch der Snaefell Mountain Course, obwohl ersterer nur in den 1960ern und danach (nach einem Komplettumbau) wieder seit den späten 1990ern genutzt wird, während letztere Strecke seit Mitte der 70er Jahre nicht mehr zur WM zählt (die Isle Of Man TT wird nach wie vor ausgetragen und demonstriert jedes Jahr aufs Neue den totalen Irrsinn). Mit dem Circuito de Jerez, dem Autodromo Internazionale del Mugello und dem Circuit Bugatti sind drei weitere aktuelle Rennstrecken der Motorrad-WM vertreten.

Auf dem Circuito del Jarama in Spanien fanden fünf verschiedene Veranstaltungen statt (GP von Spanien, GP von Europa, GP der FIM, GP von Madrid und GP von Portugal). Der GP der USA (Motorräder und F1) wurde auf 11 verschiedenen Strecken ausgetragen (Circuit of The Americas, Dallas Fair Park Grand Prix Circuit, Daytona International Speedway, Detroit Street Circuit, Indianapolis Motor Speedway (Oval und mit Infield), Laguna Seca Raceway, Caesars Palace Grand Prix Circuit, Phoenix Street Circuit, Riverside International Raceway, Sebring International Raceway und Watkins Glen – von denen aber nur Laguna Seca und Watkins Glen längerfristig eine Rolle spielten) – und da ist der Long Beach Grand Prix Circuit noch nicht eingerechnet, auf dem in den 70er Jahren der „GP der USA West“ stattfand. Eine ähnliche Vielfalt schafften sonst nur die Franzosen – der GP von Frankreich wurde auf neun verschiedenen Strecken ausgetragen: Circuit des Planques Albi, Circuit de Charade Clermont-Ferrand, Circuit de Dijon-Prenois, Circuit Paul Ricard, Circuit Bugatti, Circuit de Nevers Magny-Cours, Circuit Paul Armagnac Nogaro, Circuit de Reims-Gueux und Rouen-Les-Essarts. Auch in Deutschland gibts nicht wenige Strecken, acht an der Zahl nämlich: AVUS, Hockenheimring, Nürburgring (GP-Strecke), Nürburgring Nordschleife, Nürburgring-Südschleife, Sachsenring, Schottenring und Solitude.

Schauen wir noch auf die Zusammenstellung der Formel 1 (weil die verschiedenen Motorradklassen das Ergebnis massiv verfälschen):

StreckeVeranstaltungAnzahl
Autodromo Nazionale di MonzaGP von Italien69
Circuit de MonacoGP von Monaco66
Silverstone CircuitGP von Großbritannien53
Circuit de Spa-FrancorchampsGP von Belgien52
Autódromo José Carlos Pace (Interlagos)GP von Brasilien40
Circuit Gilles-Villeneuve MontrealGP von Kanada40
HockenheimringGP von Deutschland37
HungaroringGP von Ungarn34
Suzuka International Racing CourseGP von Japan31
Circuit Park ZandvoortGP von Holland30

Bei den Motorradklassen sind natürlich Assen zusammen mit Spa die großen Klassiker, aufgrund der Umstellungen von 500cc zu MotoGP und so weiter sind aber die Zahlen insgesamt nicht ganz so hoch wie bei den F1-Klassikern.

Auf die Länge kommt es (doch) an

Die kürzeste Rennstrecke mit Weltmeisterschaftsstatus findet sich in Monaco. Der bekannte Stadtkurs maß in seiner ursprünglichen Form (vor Einbau der Schwimmbadpassage und dem Umbau der Rascasse-Kurve) 3.145 km. Nur unwesentlich länger war das Karlskoga Motorstadion in Schweden, auf dem Ende der 1970er zweimal der GP von Schweden für Motorräder ausgetragen wurde – die Strecke maß 3.15 km. Auf Platz drei folgt der Flugplatzkurs von Zeltweg mit 3.2 km Länge, auf dem 1964 einmalig ein Formel 1-Rennen stattfand, bevor man ab 1970 auf den Österreichring wechselte. Zweitkürzeste heute noch genutzte Strecke ist der Sachsenring mit 3.671 km (der aber keinen Vergleich zum klassischen Sachsenring darstellt).

28 der 113 Rennstrecken sind kürzer als vier km, 34 sind zwischen vier und fünf Kilometern lang, 23 zwischen fünf und sechs Kilometer, und 25 länger als sechs Kilometer (gerechnet auf die jeweils kürzeste je benutzte Streckenvariante).

Die mit großem Abstand längste Rennstrecke ist der Snaefell Mountain Course auf der Isle Of Man mit 60.725 km, gefolgt vom nordirischen Clady Circuit mit 26.501 km. Die längste Strecke im Formel 1-Kalender war die Strecke von Pescara mit 25.838 km – auf der aber nur einmal der GP von Pescara ausgetragen wurde. All diese Strecken bestehen aus abgesperrten Landstraßen und sind schon lange aus dem Rennkalender verschwunden. Die längste permanente Rennstrecke ist natürlich die Nordschleife mit 22.835 km. Auf den Plätzen folgen (neben anderen) weitere Landstraßenstrecken wie der Hochgeschwindigkeitskurs von Spa-Francorchamps mit 14.1 km, der Masaryk-Ring bei Brünn mit 13.9 km, der alte Sachsenring mit 8.71 km oder die Solitude bei Stuttgart mit 11.4 km. Die längste heute noch genutzte Rennstrecke ist die aktuelle Version von Spa mit knapp 7 km, der längste Kurs der nie in einer längeren Version befahren wurde ist tatsächlich der Stadtkurs in Baku mit 6.003 km, gefolgt von der aktuellen Inkarnation von Silverstone mit 5.901 km (die Strecke von Silverstone wurde ja im Laufe der Jahrzehnte entgegen dem Trend immer länger).

Streckenkastration

Nicht wenige Strecken wurden im Laufe der Zeit erheblich umgebaut bzw. gekürzt, und selten war das Ergebnis zufriedenstellend. Der TT Circuit Assen ersetzte ab 1955 eine an gleicher Stelle bestehende Landstraßenstrecke und war mit 7.705 km immer noch ziemlich lang und kann als die klassische Konfiguration von Assen angesehen werden – die 2006 zerstört wurde, übrig blieb ein Reststück von 4.555 km.

Der Sachsenring wurde nach der Wende als permanente Rennstrecke komplett neu gebaut, weil man einfach mal nicht mehr durchs Stadtzentrum von Hohenstein-Ernstthal und über schlecht gesicherte Landstraßen fahren konnte. Am gelungensten kann noch der Umbau von Spa angesehen werden, wo der Charakter der Berg-und-Talbahn erhalten blieb, auch wenn die Streckenlänge halbiert wurde. Die Nordschleife blieb zumindest erhalten als man Anfang der 80er Jahre die GP-Strecke baute, und beide sind heute noch in Betrieb.

Der Österreichring wurde von knapp 6 km auf 4.3 km gekürzt und verlor im Zuge des Umbaus sämtliche schnellen Mutkurven, übrig blieb eine wunderschön am Berghang gelegene Stopp-and-go-Strecke. Die Strecke von Interlagos wurde auch in der Länge halbiert, allerdings wurden dabei lediglich bereits vorhandene Streckenteile neu miteinander verbunden.

Der simuliert doch nur

Seit rund 30 Jahren verfolge ich inzwischen Auto- und Motorradrennen mehr oder weniger ausführlich (eins der ersten Rennen war ein Lauf zur IMSA Serie in Laguna Seca und ich dacht mir nur „was zum Geier ist das für eine Kurve?“). Seit ungefähr 1993 fahr ich auch selbst am Rechner gerne mal im Kreis. Und da kann man dann auch auf Strecken herumdüsen, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr befahren werden. Tatsächlich sind mir diese Strecken auch simuliert lieber als die modernen Strecken – denn die sind auch aus Fahrersicht herausfordernder, und vor allem haben sie Charakter. Bei den modernen Strecken verfahre ich mich gerne mal, weil alle Kurven gleich aussehen und man überall nur Asphalt hat. In der Simulation ist das zum Glück kein Problem, wenn man da mit simulierten 250 Sachen gegen eine simulierte Wand donnert ist man halt auch nur simuliert hinüber.

Und damit ohne weitere Umschweife zu den wirklich spannenden und echt schönen Rennstrecken (komplett subjektive Auswahl):

Autodromo Internazionale del Mugello

Die Heimat des GP von Italien für Motorräder liegt eingebettet in den Hügeln der Toskana und beinhaltet jede Menge schöne flüssig zu fahrende Kurven mit so klingenden Namen wie San Donato oder Arrabiata. Hinzu kommt die Gerade mit dem höchsten Topspeed der Saison (über 350 km/h).

Onboard-Runde F1, Dreikampf an der Spitze in der MotoGP 2019

Autodromo Nazionale di Monza

Diese Rennstrecke ist der größte Klassiker im Formel 1-Kalender und hat entsprechend viel Geschichte geschrieben, vor allem im Zusammenhang mit Ferrari. Fahrerisch ist sie vergleichsweise wenig fordernd, es geht ja größtenteils geradeaus, gebremst wird der Vorwärtsdrang nur durch die drei Bremsschikanen. Trotzdem ist es die mit Abstand schnellste Strecke des Jahres und die letzte verbliebene Hochgeschwindigkeitsstrecke (Topspeed 370 km/h und Rundenschnitte von 250 km/h sprechen eine deutliche Sprache). Das letzte Rennen ohne Schikanen fand 1971 statt und endete mit nach einer Windschattenschlacht mit einem superknappen Zieleinlauf, außerdem blieb die Durchschnittsgeschwindigkeit bis 2005 unerreicht.

Polerunde von Lewis Hamilton 2020 (schnellste aller Zeiten), Onboard 1978, 1967 Version ohne Schikanen in Grand Prix Legends

Circuit de Charade

Diese Rennstrecke hatte ihre Hochphase in den 1960er Jahren, als die Formel 1 hier gastierte. Gelegen in Frankreich in der Nähe von Clermont-Ferrand rund um die Vulkanhügel in der Gegend des Puy de Dôme stellt diese Strecke eine auf 8 km kondensierte Variante der Nordschleife dar. Die gestiegenen Sicherheitsanforderungen ließen die Formel 1 Anfang der 1970er Jahre abwandern.

Onboard in Grand Prix Legends

Circuit de Monaco

Muss man hier groß was zu sagen? Die Strecke ist ein Klassiker, den jeder Monoposto-Fahrer mal gewinnen will. Selbst einem der ganz großen wie Jim Clark gelang dieses Kunststück nie. Natürlich kann man es als Autorennen eigentlich vergessen, weil man nicht überholen kann, aber genauso ist es eben eine extreme Herausforderung, weil die Leitplanken keinen Fehler verzeihen – was zum Beispiel ein Jack Brabham in der letzten Kurve der letzten Runde des Rennens von 1970 merken musste – und selbst das Rennen von Rekordsiege Ayrton Senna endete 1988 in der Leitplanke. Nelson Piquet bezeichnete es mal als „Hubschrauberfliegen im Wohnzimmer“ – und genau das sagt eigentlich alles dazu aus.

Ayrton Senna auf Pole 1990, Schlussphase des Rennens von 1992, Schlussphase des Rennens von 1982, die 1967-Version mit leicht anderem Layout in Grand Prix Legends

Circuit de Montjuïc

Diese Rennstrecke auf einem Hügel im Stadtgebiet von Barcelona ist ein Klassiker der F1 und der Motorradrennen. Zahlreiche Höhenunterschiede, viele enge Kurven, null Auslaufzonen und im Gegensatz dazu ein extrem schneller Streckenabschnitt am Ende der Runde machten die Abstimmung zur Herausforderung. Im Rennen von 1969 brachen auf den Kuppen bei Start/Ziel bei beiden Lotus die Heckflügel, 1975 wiederholte sich ähnliches mit tödlichen Folgen für die Zuschauer. Danach flog die Rennstrecke aus dem Programm, F1 und Motorradfahrer gastieren seit 1991 auf dem Circuit de Barcelona Catalunya (den ich für eine der gelungeneren modernen Rennstrecken halte).

Aufnahmen der F1, Onboard mit Niki Lauda, Onboard in Assetto Corsa, Onboard in Grand Prix Legends

Circuit de Spa-Francorchamps

Diese Rennstrecke gehört zum Inventar der Formel 1, beherbergte aber auch bis in die 1970er Jahre Motorradrennen und gehört zu den schönsten Rennstrecken im Kalender. Warum? Es geht ordentlich hoch und runter, es gibt diverse schnelle Mutkurven wie Eau Rouge und Blanchimont (wobei diese inzwischen durch die Aerodynamik eigentlich „nur noch“ aus „Vollgas und durch“ bestehen). Hinzu kommt das oft unberechenbare Wetter in den Ardennen – Meister wie Jim Clark, Ayrton Senna und Michael Schumacher fuhren hier ganz große Rennen. Am krassesten ist natürlich die alte 14.1 km lange Variante auf Landstraßen, aber auch die knapp 7 km lange Variante, die seit den frühen 1980ern befahren wird, hat viel von diesem Flair behalten.

Aufnahmen von 1958, Bericht vom Rennen von 1955, Aufnahmen vom 500cc-Rennen 1982, Onboard in Grand Prix Legends

Circuit des 24 Heures Le Mans

Gut, das ist jetzt geschummelt, weil weder die Formel 1 noch die Motorradrennfahrer je hier gastierten, aber die Strecke ist trotzdem eine spezielle Herausforderung, denn es ist einer der wenigen verbliebenen Straßenkurse – lediglich der Bereich von den Porschekurven über Start/Ziel bis Tertre Rouge und damit weniger als ein Viertel der Runde ist eine permanente Rennstrecke. Hier gehts in erster Linie um Vollgas, Vollgas und noch mehr Vollgas.

Onboard 1956, Onboard 1977, Onboard in Grand Prix Legends

Laguna Seca Raceway

Eine weitere Achterbahn landet auf meiner Liste – die MotoGP hob hier auf dem Start/Ziel-Knick (eine Gerade ist es ja nicht) schon mal ab, danach gehts mehrere Kurven lang bergauf, es folgt die berühmte Corkscrew (eine blind anzufahrende Links-Rechts-Kombination, die steil den Berg hinunterkippt und in eine schnelle Bergabpassage mündet) und schon ist die Runde rum. Einziger Nachteil der Strecke: Sie ist etwas kurz und aus logistischen Gründen nicht mehr im Programm der MotoGP.

Rossi vs. Stoner 2008, „The Pass“ Cart 1996, Marquez vs. Rossi 2013

Nürburgring-Nordschleife

Die größte, längste, beeindruckendste, gefährlichste und (insert further superlatives here) Rennstrecke der Welt – die „grüne Hölle“ ist einer der ganz großen Klassiker der Rennsportgeschichte. Auf knapp 23 km gibt es hier alle Arten von Kurven, jede Menge Höhenunterschiede und am Ende eine ewig lange Gerade. Die ungefähr 176 Kurven muss man auch zwingend sauber auswendig lernen, sonst hat man hier keine Chance, irgendwas zu reißen. Wie auch in Spa ist das Wetter völlig unberechenbar, und durch die Länge der Runde kann es an einer Stelle völlig nass sein während an anderen Stellen die Sonne scheint. Die F1 gastiert seit 1976 nicht mehr hier, die Motorradfahrer starteten letztmalig 1980, aber die Rennstrecke bleibt ein Mythos.

Aufnahmen vom 1967er Rennen, Rekordrunde im Porsche 919 Hybrid, Ausschnitte vom 500cc-Rennen 1978, Onboard in Grand Prix Legends

Österreichring

Diese Strecke (und damit meine ich nicht den Red Bull Ring) gehörte Mitte der 80er Jahre zu den schnellsten und flüssigsten Rennstrecken der Welt – fast alle Kurven wurden im vierten Gang gefahren, der Rundenschnitt war vergleichbar mit dem in Monza, Silverstone (prä 1991) oder dem alten Hockenheimring. Eingebettet in die Berge der Steiermark war diese Strecke eine wundervolle Berg- und Talbahn. Der Red Bull Ring nutzt zwar große Teile des Layouts, hat aber einen viel stärkeren Stop-And-Go Charakter, weil die Kurven allesamt viel enger geworden sind.

Erklärungen zur Strecke inkl. Onboardaufnahmen, Onboard in Assetto Corsa

Phillip Island Circuit

Auf dieser Strecke gibt es jährlich einige der spannendsten Motorradrennen zu sehen. Gelegen wunderschön am Meer (und deswegen auch immer mit Windproblemen behaftet) gibt es hier diverse schnelle und sehr schnelle Kurven (Doohan Corner, Stoner Corner), einige blinde Ecken (Lukey Heights) und dazu zwei enge Ecken für Überholmanöver. Da lohnt sich das frühe Aufstehen zum Live anschauen.

Eine Onboard-Runde, Das komplette MotoGP-Rennen von 2012

Rouen-les-Essarts

Im Nordosten Frankreichs fanden auf dieser Strecke in den 1960er Jahren eine Handvoll Formel 1-Rennen statt. Die Strecke besteht dabei nur wie damals üblich aus abgesperrten Nationalstraßen. Allein die erste Bergabpassage bis zur Haarnadel Virage du Nouveau Monde ist superschnell, supergefährlich und technisch enorm anspruchsvoll. Das Anbremsen der Haarnadel bergab mit einem davor gelegenen Linksknick ist ebenfalls knifflig. Danach steigt die Strecke wieder an und ab der Virage Sampson geht es quasi nur noch Vollgas durch einige sehr schnelle Ecken. Nach diversen (tödlichen) Unfällen wurde nach 1968 nicht mehr hier gefahren.

Onboard Grand Prix Legends, Project Cars Onboard

Sachsenring

Gemeint ist hier der klassische Sachsenring aus der Hochzeit der Motorradrennen in den 1960er Jahren. Damals führte die Strecke 8.7 km lang zunächst mitten durch Hohenstein-Ernstthal, dann bergauf aus dem Ort hinaus, nur um dann steil in Richtung MTS-Kurve abzufallen. Weiter gings entlang der A4 Richtung Westen bis zur Jugendkurve, bevor sich die Strecke mit sehr schnellen und enorm anspruchsvollen Bergab-Passagen (Heiterer Blick) zurück in Richtung Start/Ziel schlängelt. Die Strecke war extrem schnell, dabei äußerst flüssig zu fahren und ein absoluter Zuschauermagnet (nicht zuletzt aus politischen Gründen). Natürlich kann man auf so einer Strecke heutzutage nicht mehr fahren, der neue Sachsenring ist zwar nach wie vor eine ziemliche Berg-und-Talbahn, hat aber bis auf die schnelle Wasserfall-Kurve nicht mehr viel mit dem klassischen Streckenlayout zu tun.

DDR-Meisterschaft 1985, Onboard 1984, Das volle MotoGP Rennen von 2016 (Marquez auf abtrocknender Strecke eine Klasse für sich), Onboard Grand Prix Legends

Snaefell Mountain Course

Die Mutter aller Motorradrennstrecken wird seit 1907 für Motorradrennen genutzt (und hat seitdem wohl mehr Menschen das Leben gekostet als alle anderen Rennstrecke zusammengenommen). Auf 60 km geht es im Irrsinnstempo durch Ortschaften, vorbei an Hauswänden, über Sprungkuppen und schließlich zwischen Ramsay und Douglas noch den Berg hinauf. Anfang der 1970er Jahre boykottierten die ersten Topfahrer die Veranstaltung, 1976 verschwand sie aus dem WM-Kalender, aber gefahren wird noch heute – das Rennen ist grade auf den britischen Inseln mit seiner Geschichte für Straßenrennen (der Ulster GP zählte bis 1971 auch zur WM, die North West 200 werden seit 1929 ausgetragen) nach wie vor fester Teil der Motorsportkultur.

2017 Highlights, Onboard, Onboard Grand Prix Legends

Suzuka International Racing Course

Dieser Kurs gehört zu den ältesten Kursen, die in der Formel 1 noch befahren werden. Errichtet bereits in den 1960er Jahren als Teststrecke von Honda (und in den 1960er Jahren auch Teil der Motorrad-WM) wurde die Strecke aber erst 1987 in den Kalender der Formel 1 genommen, erfreut sich aber seitdem großer Beliebtheit bei den Fahrern. Und das nicht ohne Grund – die Strecke ist eine fahrerische Herausforderung mit Kurven aller Art. Schon das enge und leicht hügelige Geschlängel nach Start/Ziel kann einem die Runde nachhaltig ruinieren, wenn man das Timing verpasst. Danach geht durch einige schnelle Ecken, eine Unterführung(!) und eine Haarnadel hin zum schnellsten Streckenabschnitt. Ab der Spoon Corner geht es bergauf hin zum superschnellen Linksknick 130R, bevor eine fies enge Schikane zum Ausbremsen einlädt (diese Ecke war 1989 Schauplatz eines kontroversen Unfalls, als sich Ayrton Senna und Alain Prost nicht über die Vorfahrt einig waren).

Komplettes Rennen 1989 Senna Onboard ohne Kommentar (1:16h für das Problem mit der Vorfahrt), Finale des 500cc Rennen 1991

TT Circuit Assen

In Holland befindet sich die „Cathedral of Speed“. Gemeint ist der klassische Kurs von Assen, eine 7.7 km lange Strecke, die in weiten Teilen an klassische Landstraßenkurse erinnert, dabei aber eine permanente Rennstrecke ist. Der Kurs wurde konsequent für Motorradrennen konzipiert und viele Kurven waren leicht überhöht, damit waren beeindruckende Geschwindigkeiten möglich. Diese Streckenführung wurde 2005 verändert, der gesamte erste Streckenteil (North Loop) wurde zerstört und durch eine sehr enge und so gar nicht zum klassischen Kurs passende Streckenführung ersetzt. Auch andere Kurvenkombinationen (Strubben bis Stekkenwal) wurden verändert und an moderne Standards angepaßt. Nur im letzten Abschnitt von Mandeven über Ramshoek bis zur finalen Geert Timmer Bocht blieb der Charakter der Strecke als Hochgeschwindigkeitskurs ähnlich dem alten Sachsenring erhalten.

Onboard, Komplettes Rennen 1992, Komplettes MotoGP Rennen 2002

Einen Kommentar schreiben