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Album der Woche

20. November 2020, 14:19 Uhr von Uwe

Wird irgendwie arg eintönig hier, abgesehen vom Album der Woche passiert aber auch grad nicht viel, ich bin grad mächtig beschäftigt mit Arbeitszeugs, außerdem fällt einem beim aktuellen Zustand der Welt auch nix mehr ein, was man da noch zu sagen soll. Anyway, auf die Besprechung des Albums dieser Woche freu ich mich schon seit einiger Zeit, denn es ist ein ganz großer Meilenstein einer legendären Band, die wir hier in dieser Reihe noch nicht hatten. Und dieser Meilenstein wird morgen 45 Jahre alt. Grund genug für eine schwülstige Lobhudelei 😉

Die legendäre Band kommt aus Großbritannien, spielte eine kaum zu beschreibende Mischung aus allen möglichen und unmöglichen Stilen und dürfte die einzige Band sein, bei der alle vier Mitglieder mehrere Nummer 1-Hits geschrieben haben. Die Rede ist natürlich von Queen und ihrem Magnum Opus „A Night At The Opera„.

Mein erster bewusster Kontakt mit dieser Band war irgendwann um 1990 herum via der Plattensammlung meines Vaters. Aus irgendeinem Grund lief irgendwann mal eine merkwürdige von Amiga vertriebene Best Of, die Songs der Ära 1974-78 enthielt (oder so). Der nächste bewusste Kontakt war dann schon mehr oder minder geplant, denn irgendwann wird einem ja dann doch klar, dass die Truppe die We Are The Champions gespielt hat, die gleiche ist die auch Radio GaGa gemacht hat. Damals gabs ja noch MTV, und da liefen einige der echt sehenswerten Videos nach wie vor, obwohl sie teilweise schon Jahre alt waren. Daher stand auf dem Wunschzettel meines Bruders für Weihnachten 1991 oder 1992 eine Best of von Queen, wobei man sich damals noch nicht entscheiden konnte ob es die Greatest Hits 1 oder doch lieber die Greatest Hits 2 sein sollte… Weil man aber Eltern mit Musikgeschmack hat gabs die Doppelausgabe mit beiden Scheiben.

Der langen Rede kurzer Sinn: Queen gehören seit rund 30 Jahren zu meinen absoluten Lieblingsbands und deswegen wurde sämtliches Taschengeld zusammengespart um sich möglichst schnell den kompletten Katalog zuzulegen. Und weil man ja ein bissl bekloppt ist, wurde der komplette Katalog später nochmal gekauft, weil man auch die Bonustracks haben muss. Von diversen BluRay-Live-Nachlesen mal ganz zu schweigen.

Im an Highlights nicht gerade armen Katalog der Band nimmt „A Night At The Opera“ einen Sonderplatz ein: Es war ihr erster Nummer 1 Hit, es enthält ihren absoluten Signature-Track (der wird am Ende gewürdigt) und zeigt eine geradezu irrwitzige musikalische Achterbahnfahrt, die sie später nie wieder erreichten. Hier steht Hard Rock gleichberechtigt neben Swing, Ragtime, Pianoballaden, Folk und natürlich (als wenn das natürlich wäre…) Ausflügen zur Oper. Sowas geht normalerweise komplett schief, hier jedoch passt es auf wundersame Weise alles zusammen. Bei Queen war eben alles ein wenig anders, und wenn sie was machten in den 1970ern, dann war es eben komplett over the top. So entsteht große Kunst.

Die große Kunst beginnt beim Cover und setzt sich dann in den zwölf Stücken des Albums fort, die zwischen knapp über einer bis zu reichlich über acht Minuten laufen und teilweise auch direkt ineinander übergehen. Eröffnet wird die Scheibe mit Death On Two Legs, einer eigentlich recht simplen Rocknummer mit einem ausgesprochen fiesen Text, eine Abrechnung der Band mit ihrem früheren Manager, der dafür sorgte dass sie zum Zeitpunkt der Aufnahmen quasi pleite waren, obwohl sie bereits drei Alben veröffentlicht und gute Charterfolge gehabt hatten. Nach dem riffbetonten Rock dieser Nummer springt man direkt zum kurzesten Stück des Albums – Lazing On A Sunday Afternoon, eine schicke kleine stilistische Fingerübung zum Thema Music Hall oder Vaudeville. Ausschnitte der Texte wurden später bei anderen Songs wieder aufgegriffen, das macht es für Kenner des Katalogs natürlich spannender. Das Gitarrensolo am Ende geht dann nahtlos zum ersten Liebeslied des Albums über, nämlich einer von Schlagzeuger Roger Taylor geschriebenen Hymne über das Automobil – I’m In Love With My Car. Heute könnte man sowas gar nicht mehr bringen, aber so wie manche Frauen eben Schuhe lieben, so lieben manche Männer halt Autos, und Taylor (der die Nummer singt) setzte sogar durch dass sie B-Seite einer Single wurde. Musikalisch gibts hier wieder härteren Rock, verbunden mit den üblichen Backgroundchören, wie sie bei Queen Standard waren – achja, und den Text sollte man sich genauer anschauen, da ist viel Witz und Doppeldeutigkeit dabei.

Nach diesem Eröffnungstripel folgt das als Single ausgekoppelte You’re My Best Friend, eine relativ simple Ballade. Geschrieben wurde der Song von Bassist John Deacon. Danach folgen zwei Stücke von Gitarrist Brian May, nämlich ’39 und Sweet Lady. Ersteres ist ein recht ruhiges an Folk oder Country erinnerndes Stück, welches auch live gern gespielt wurde, letzteres die einzige waschechte Hardrocknummer der Platte (und sticht neben den ganzen anderen Nummern auf diesem Album nicht mal heraus). Danach folgt mit Seaside Rendezvous ein erneuter stilistischer Schlenker zum Ragtime, bei dem Freddie Mercury und Roger Taylor Blasinstrumente nur durch ihre Stimmen nachmachen. Und damit sind wir durch mit der ersten Seite des Albums.

Die zweite (und stärkere) Seite beginnt mit dem überlangen Prophet’s Song, der in der Mitte umfangreiche a capella Abschnitte enthält, bei denen die Band die damalige Studiotechnik komplett ausreizte. Das Stück war so live natürlich nicht reproduzierbar. Am Ende geht es direkt in die zweite große Liebesballade des Albums über. Love Of My Life ist einer der ganz großen Klassiker im Katalog der Band und wurde live in erster Linie vom Publikum gesungen. Der Text ist aber auch herzzerreißend schön. Anschließend folgt ein erneuter stilistischer Schwenker zu einer Art Dixieland in Form von Good Company. Abgeschlossen wird das Album von einer eklektisch elektrischen Version der britischen Nationalhymne, mit der von da ab sämtliche Liveauftritte der Band beendet wurden.

Vor besagtem Abschluss steht aber an vorletzter Stelle noch die absolute Übernummer des Albums, das Magnum Opus von Freddie Mercury und der Signature-Song von Queen überhaupt. Jeder kennt ihn, jeder liebt ihn (und wer nicht der hat Queen nicht verstanden und wirds schwer haben mit mir befreundet zu sein). Es geht natürlich um Bohemian Rhapsody. In knapp sechs Minuten verpacken Freddie und der Rest der Band mal eben alle stilistischen Schlenker des Albums und bringen es auf den Punkt (nach mehreren Wochen Studioaufenthalt in verschiedenen Studios und abgenudelten Tonbändern und dem Überreizen sämtlicher Studiotechnik). Hier gibts Piano-Ballade, Oper, Hardrock und dazu das erste echte Musikvideo der Popgeschichte. Das Stück wurde zum ersten Nummer 1-Hit der Band, stand Ende 1975 neun Wochen auf Platz eins der britischen Charts und machte die Band zu internationalen Superstars. Nach Freddies Tod wurde das Stück erneut veröffentlicht und stand Ende 1991 erneut auf Platz 1.

Den Einfluss dieses Songs auf die Rock- und Popgeschichte kann man quasi nicht überschätzen. Das Musikvideo hat über eine Millarde Clicks bei YouTube, wird regelmäßig zu den besten Songs aller Zeiten gezählt (es gibt entsprechende Auflistungen bei Wikipedia), die Headbanging-Szene bei Wayne’s World ist sowieso Kult, bei Green Day läuft das Stück im Vorprogramm vom Band und das ganze Stadion singt mit, und nach dem Erfolg des gleichnamigen Films hat die Band sich eine komplett neue Hörergeneration erschlossen.

Fazit: Das Album ist am Stück zu hören, und Bohemian Rhapsody gehört auf jedes Mixtape und in jeden mp3-Player dieser Welt. Und wenn irgendwann einer ne funktionierende Zeitmaschine erfindet, will ich auf ein Queen-Konzert und Freddie live sehen – der Mann war schließlich die größte Rampensau aller Zeiten und ist bis heute unerreicht.

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