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Einfach tierisch – Teil 2

15. Juli 2019, 20:03 Uhr von Uwe

Nachdem der Besuch im Nürnberger Tiergarten ja schonmal ganz gut verlaufen war, lautete nun der Beschluss, dass der Uwe reisen muss. Nämlich in die Stadt mit dem Tierpark, dem Tiergarten und dem Zoo. Die mit den zweimal plus zwei mehr Fußball-Bundesligisten als Hamburg. Genau, da wo der Bär steppt.

Dienstag, 9.7.19 – Ich fahre nach Berlin… mit Hindernissen

Ich hatte mir für meine Fahrt nach Berlin zum Zwecke des Tierparkbesuchs und allgemeiner touristischer Herumguckerei einen schönen Plan ausgeknobelt: Gegen Mittag losfahren, kurz nach vier im Hotel ankommen, dann ein bissl durch die Stadt schleichen und ab 19 Uhr eine Kahnpartie auf der Spree. Und ich liebe es wenn ein Plan funktioniert – tat er nur nicht. Also nicht so richtig. Und das kam so:

Ich begab mich zum Bahnhof und las dort auf der Anzeige erstmal die mäßig erfreuliche Nachricht, dass mein ICE flotte 30 Minuten verspätet sei. Für einen Zug aus München ist das beachtlich wenn er in Erlangen schon so viel Verspätung hat. Und die Wagenreihung stimmte auch mal wieder nicht mit dem eigentlichen Plan überein. Aber gut, was solls, ich hab schon länger in meinem Leben auf Züge, Busse und anderes gewartet, da tun 30 Minuten auch nicht weh – hatte ich eben eine halbe Stunde mehr Zeit vorbeirauschende Güterzüge zu bewundern. Irgendwann traf mein Zug dann auch ein, ich suchte mir meinen Platz – d.h. nein, da saß eine Familie mit Kleinkind, also setzte ich mich zwei Reihen weiter auf einen freien Platz und überließ der Familie den Tisch – und erspähte auf dem Display im Zug die schöne rot unterlegte Nachricht „Heute kein Halt in Erfurt“. Ebenso rot blinkte dann meine innere Alarmleuchte auf.

Die ganze Sache fügte sich zwei Minuten später zu einem konsistenten Gesamtbild, nachdem der Schaffner eine Durchsage gemacht hatte. Aufgrund von technischen Problemen konnte der Zug nicht auf den Schnellfahrstrecken fahren (vermutlich LZB bzw. ETCS nicht funktionsfähig). Daraus konnte ich rasiermesserscharf schlussfolgern, dass er Zug nicht zwischen Ingolstadt und Nürnberg über die Schnellfahrstrecke gekommen war, sondern den Weg über Treuchtlingen genommen haben musste, daher auch die Verspätung. Dabei musste er in Nürnberg die Fahrtrichtung wechseln, was die falsche Wagenreihung erklärte. Für mich viel relevanter waren aber die noch folgenden Konsequenzen: Ich wollte zwar nicht nach Erfurt, aber der Zug musste den Weg über den Thüringer Wald nehmen (Frankenwaldrampe – Jena – Naumburg – Leipzig), die ja noch aus Kaisers Zeiten stammt und in erster Linie schön, aber eben auch schön zeitraubend ist. Mein Hosentaschencomputer verriet mir dann auch eine prognostizierte Ankunft in Berlin mit knapp zwei Stunden Verspätung. Darauf hatte ich natürlich keinen Bock, aber was tun?

Die Antwort kam vom Schaffner. Reisende nach Erfurt wurden gebeten in Bamberg umzusteigen in einen 20 Minuten später folgenden ICE. Ich guckte nach, besagter ICE fuhr über Erfurt und Halle nach… Berlin. Reisende in Richtung Berlin wurden jedoch gebeten nicht in diesen Zug umzusteigen, da er bereits gut gefüllt sei und nicht genug Kapazitäten habe. Gut, das mit der Kapazität stimmt natürlich, ein ICE 4 hat 830 Plätze, der andere ICE war ein ICE 3 mit ungefähr 450 Plätzen. Allein mir war das wurscht, ich hätte eine Reservierung von Erfurt nach Berlin in dem Zug machen können, so voll konnte er also nicht sein. Ergo stieg ich in Bamberg wieder aus und wartete nochmal 20 Minuten auf den nächsten Zug.

Da fand ich auch problemlos einen Sitzplatz und konnte nun ohne weitere Aufreger mit den Zwischenhalten Erfurt und Halle in Richtung Berlin gondeln. Und da kam ich mit nur 20 Minuten Verspätung gegenüber meiner originalen Planung an (trotz 30 Minuten Warten in Erlangen und weiteren 20 Minuten in Bamberg). Der Rest der Reise war nun ein Klacks, das schwierigste war noch das Finden der richtigen Rolltreppen, um im Berliner Hauptbahnhof von ganz unten nach ganz oben zu fahren, weil ich noch mit der S-Bahn drei Stationen Richtung Alexanderplatz fahren musste.

Kurz darauf war ich auch schon im Hotel angekommen. Und irgendwie bin ich ja der Meinung, dass einem das Personal beim Einchecken immer die falschen Sachen erzählt. Ich brauch keine Mitgliedskarte, ich will auch keinen Smalltalk über meine Anreise führen und auch nicht hören wie toll es ist dass ich grade in diesem Hotel übernachten möchte. Ich will vor allem wissen wo und wann es Frühstück gibt und wie zum Henker ich zum Zimmer komme bzw. wo der Fahrstuhl ist. Aber gut, die relevanten Infos erhielt ich auf Nachfrage dann auch und konnte somit meinen Koffer abstellen und mich zum Stadtbummel begeben.

Touristenprogramm

Wie eingangs erwähnt hatte ich ja eine Spreetour gebucht, und da musste ich ja mal gucken wie ich da zur Anlegestelle komme. Außerdem wollte ich ein paar Sehenswürdigkeiten abklappern, bei denen ich noch nicht war. Zeit hatte ich ja nun genug. Allerdings war ich auch mitten im Feierabendverkehr, außerdem ist Berlin eine einzige Baustelle, und darüber hinaus von suizidalen Kampfradlern, E-Scootern und Touristen bevölkert.

Am Gendarmenmarkt angekommen stellte ich zwei Dinge fest: Erstens wurde eine große Bühne aufgebaut weswegen ich das Knipsen von brauchbaren Fotos mal eben vergessen konnte, und zweitens ist der Name Gendarmenmarkt völlig irreführend. Ich verstehs ja wenn ein Platz Fischmarkt heißt, oder meinetwegen auch Getreidemarkt. Handel damit kann ich mir vorstellen. Bei einem Flohmarkt wirds ja damit schon schwierig. Aber Gendarmenmarkt? Als wenn Ludovic Cruchot käuflich wäre… Wie auch immer, ich spazierte also kreuz und quer zwischen Alexanderplatz und Gendarmenmarkt und Märkischem Ufer herum, bis die Zeit für die Abfahrt meines Touristenkahns gekommen war.

Eine Kahnfahrt die ist lustig…

Der Kahn war da, ich war da, was aber auch da war, war eine Abschlussklasse einer Hauptschule aus der Ulmer Gegend, die dummerweise auch mit diesem Kahn mitfahren wollte. Ich überließ der Gruppe freiwillig den Platz auf dem Oberdeck und machte es mir stattdessen unten schräg neben der Theke gemütlich. Entsprechend hatte ich auch als erster ein Bier vor mir stehen 🙂 Der Kapitän grinste mich auch direkt an, der Krawall vom Oberdeck war ja nicht zu überhören, und die Kellnerin dachte auch dass da gleich Mord und Totschlag losgehen würden. Tja, ich ärgerte mich mehr darüber dass ich einen tollen Deal gemacht hatte – zwei Stunden Kahnfahrt für den Preis von drei… Im Internet hieß es drei Stunden über Landwehrkanal und Spree, gefahren wurde zwei Stunden vorwärts und rückwärts die Spree hoch und runter. Aber wurscht, auf hoher See und in der Matheklausur ist man eh in Gottes Hand wie mein Mathelehrer früher zu sagen pflegte.

Wir schipperten also gemütlich die Spree in südöstlicher Richtung entlang bis kurz vor die Oberbaumbrücke, der vielleicht schönsten Brücke Berlins, jedenfalls seit der Restaurierung. Dort wurde gewendet und es ging vorbei an der East Side Gallery. Es ist schon schizophren das zu sehen – die „Gallery“ ist ja auf den Resten der Berliner Mauer gestaltet, die Spree war damals an der Stelle Grenzfluss und Sperrgebiet und heute stehen dort Hotels und die Mercedes-Benz-Arena. Wie sangen doch einst City? „Heut‘ seh ich […] drüben den Mercedes-Stern, Reklame für McDonalds-Futter…“ Nur meinten sie damals ein anderes Berlin und ein ganz anderes „drüben“.

Dummerweise bemerkten jetzt diverse Leute, dass es auf so einem Oberdeck in der Mitte der Spree doch ziemlich zieht. Und schon wars vorbei mit meiner Ruhe unter Deck. Nunja. Die Fahrt ging weiter zur Schleuse, dann vorbei im Nikolaiviertel und dem Dom in Richtung Museumsinsel. Dazu gabs dann immer mal wieder erklärende Worte aus der Konserve, die aber dank einer gewissen lautstarken Schulklasse nur schwer verständlich waren. Aber auch ohne weitere Erklärungen ist die Museumsinsel sehenswert, ebenso der Bahnhof Friedrichstraße – nebenbei sei die „Ständige Vertretung“ der Bonner Republik erwähnt, ebenso wie nebenan die Berliner Republik mit der Bierbörse – der Bierpreis orientiert sich dort an Angebot und Nachfrage.

Es folgt ein architektonischer Bruch bei der Fahrt durch den Spreebogen mit den ganzen Bauten des Regierungsviertels, die in erster Linie durch viel Beton auffallen. Auf Höhe des Tiergartens – mit 40.000 nummerierten Bäumen, wir sind ja in Deutschland – wurde erneut gewendet und die Fahrt ging auf dem gleichen Weg zurück. Ich hab da schon nicht mehr allzuviel mitbekommen, es gibt ja links und rechts so viel zu sehen, und alle paar Minuten unterquert man dann auch noch mehr oder minder bekannte Brücken oder passiert bekannte Bauwerke. Gegen 21 Uhr war die Kahnpartie dann auch beendet, die Schulklasse zog von dannen und ich trollte mich zurück in Richtung Hotel. Für heute hatte ich genug erlebt, aber am nächsten Tag sollte es ja weitergehen.

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