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Geld regiert die Welt

20. September 2005, 00:00 Uhr von Uwe

…aber wer regiert das Geld? Schließlich gibt es ja beim Geld nur eine Regel: Die mit dem Geld machen die Regeln. Aber der Reihe nach: Was ist Geld überhaupt? Darüber haben sich schon viele Leute den Kopf zerbrochen, Künstler, Philosophen, Gauner und andere Menschen wie du und… naja, jedenfalls haben schon viele darüber nachgedacht, und keiner hat eine allumfassende Antwort gefunden. Immerhin gibt es zumindest zahllose Weisheiten zum Thema Geld. Und es gibt auch kaum ein anderes Wort, für das es so viele nette Bezeichnungen gibt: Kohle, Kies, Zaster, Knete, Moneten, Schotter, Piepen, um nur mal einige Begriffe zu nennen. Und alle bezeichnen doch nur den schnöden Mammon. Und da sage noch einer, wir wären arm an Worten… (ähnlich schwierig ist es mit dem Wort „nein“, je nach Region kriegt man da von nö über nee bis hin zu naaa und ni alles zu hören – und in Ostsachsen gibts dann noch das Wort „nu“, was aber soviel wie „ja“ bedeutet – das muß man einem Ausländer erstmal erklären…). Aber zurück zum Thema: Was ist Geld?

In erster Linie ist es praktisch. Für einen kleinen Fetzen bedrucktes Papier kann man die tollsten Sachen kriegen, sei es was zu futtern, eine neue Hose oder ein Gebrauchtwagen. Im Gegenzug muß man natürlich die tollsten Sachen machen, um an diese Papierschnipsel heranzukommen, Arbeiten gehen zum Beispiel. Geld ist damit Mittel im Tauschgeschäft, denn nix anderes ist ja das was man landläufig einkaufen nennt. „Tausche alten mehrfach zerknickten bedruckten Fetzen Papier gegen den Inhalt des Einkaufswagens (und eine bestimmte Menge Wechselgeld)“. Ohne Geld würde das ziemlich kompliziert werden. Ich will mir jedenfalls nicht vorstellen, wie viele Hühnereier man zum Gebrauchtwagenhändler karren müßte, damit man einen fahrbaren Untersatz kriegt. Zum Glück gabs in der Steinzeit weder Geld noch Gebrauchtwagen.

Überhaupt war da das ganze Tauschgeschäft viel einfacher: Die Männer gingen auf die Jagd, die Frauen hüteten das Lager. Davon profitierten beide Parteien, die Frauen kriegten einen Teil vom toten Mammut oder Säbelzahntiger oder was sonst so erlegt werden konnte, die Männer kriegten die Frauen, und somit hatte die Evolution auch gleich das Problem der Fortpflanzung und Arterhaltung geklärt. Das funktioniert heutzutage allein schon deswegen nicht mehr, weil es erstens keine Mammuts und Säbelzahntiger mehr gibt, und zweitens weil man nicht einfach so eine Kuh von der Weide erlegen kann, denn darüber wachen ja zig Ämter, vom Gesundheitsamt bis hin zum Europäischen Amt für Agrarsubvention (oder so), und drittens (last but not least) wird dann auch der oder die Frauenbeauftragte grantig, wenn die Frauen nur am Herd stehen sollen. Aber das soll uns jetzt nur am Rande interessieren.

Kurze Zeit (also einige tausend Jahre) später war man dann soweit, einen etwas ausgefeilteren Tauschhandel zu betreiben. So hatte dann in einem Stamm / Dorf / Lager / sonstige Zusammenrottung jeder seine Marktnische. Der eine konnte besonders gut Felle zusammennähen, der nächste war besonders geschickt im Umgang mit Waffen, und so weiter und so weiter. Wer gar nix konnte, konnte dann immerhin als schlechtes Beispiel dienen oder wurde Schamane, König, oder wie auch immer man sonst diese Typen nennen will, die nix sinnvolles tun, aber von allen in den Himmel gehoben werden. Somit war für alle gesorgt und die Marktwirtschaft funktionierte auch („Tausche gut erhaltenen wenig gebrauchten Barden gegen kräftigen Schmied“). Allerdings war damit noch immer nicht das Problem gelöst, was der Schmied mit den 150 Eiern machen sollte, die er als Bezahlung für das neue Schwert gekriegt hat. Wenn er clever war, bestand er auf Ratenzahlung („ein halbes Jahr lang Frühstücksei, und Sonntags auch mal zwei“ – oder so).

Damit nun die Spezies Mensch nicht an dieser prekären Problematik oder einer Salmonellenvergiftung eingeht (und sich am Ende womöglich herausstellt, daß unsere Vorfahren doch lieber auf den Bäumen hätten bleiben sollen), hat dann irgendeiner mal gesagt, daß Geld als universelles Tauschmittel eine gute Idee sein muß. Es ist allerdings nicht überliefert, was aus diesem Jemand geworden ist. Vermutlich wurde er ins zeitgenössische Pendant der Klapsmühle eingewiesen. Wie so viele mehr oder weniger bahnbrechende Erfindungen hat es sich dann doch durchgesetzt, mal in Form von Goldstücken (schwer und unhandlich, aber immerhin glänzend), mal als Salzklumpen, oder was auch sonst einen gewissen materiellen Wert darstellte. Und irgendwann wurde dann tatsächlich ein Fetzen Papier zum Tauschobjekt – gewissermaßen der Gipfel der Abstraktion, immer schön nach dem Motto „Papier: fast kostenlos, Farbe: fast kostenlos, Bedrucken: fast kostenlos, mehr bedruckte Papierschnipsel als der Nachbar haben: unbezahlbar“…

Inzwischen ist die Abstraktion noch weiter fortgeschritten, Geldscheine braucht keiner mehr, eine Plastekarte und ein Computernetzwerk reicht völlig aus. Und das ganze Vermögen steht irgendwo in irgendeinem dunklen Keller als eine Folge von Einsen und Nullen. Da der Mensch aber doch lieber eine dicke Brieftasche mit sich rumschleppt – man kann halt besser damit angeben – wird sich das wohl aber nur als zweite Variante neben der alten „nur Bares ist Wahres“-Mentalität durchsetzen. Aber das ist nur ein Randproblem, zurück zur Erfindung des Geldes als universales Tauschmittel: Mit dieser bahnbrechenden Erfindung waren nun so ziemlich alle Probleme des Tauschhandels beseitigt: Der Schmied mußte sich nicht mehr um die Haltbarkeit seiner Frühstückseier sorgen, dem Barden wollte immer noch niemand zuhören, in die königliche Schatzkammer paßten mehr Geldscheine als Goldmünzen – und Gebrauchtwagen gab es immer noch keine.

Somit wäre nun zwar geklärt, warum das Geld erfunden wurde, die nächste Frage ist nun, warum immer alle zu wenig davon haben (was ungefähr äquivalent zur Frage ist, warum das Wetter grundsätzlich zu warm, zu kalt, zu naß oder zu trocken ist). Aber eigentlich ist die Frage ja eine völlig andere, denn Geld ist ja offenbar genug da. Entweder habens die falschen (der dicke Nachbar auf der anderen Straßenseite zum Beispiel) oder man schuldets den falschen (im Regelfall der Bank). Und wenn man das nun über alle Leute aufaddiert ist völlig klar, daß keiner genug Geld hat – was aber niemanden daran hindert, es für die sinnlosesten Dinge auszugeben.

Aber natürlich kann man Geld nicht nur ausgeben, man kann es auch einnehmen. Dafür tut man entweder die bereits erwähnten komischen Dinge (das Wort, welches mit A anfängt und rbeit aufhört). Das Konzept ist ja nicht neu und funktionierte schon bei den Urmenschen. Die ersten Probleme gab es vermutlich bei den Schamanen. Die lasen wahlweise in irgendwelchen Knochen, den Gestirnen oder in den noch nicht erfundenen esoterischen Zeitschriften. Das Ergebnis war in jedem Fall mindestens so akkurat wie die Wettervorhersage (deswegen heißt sie ja auch Sage, so wie in Argonautensage oder Nibelungensage – irgendwas wahres ist immer dabei). Ein cleverer Schamane konnte sich damit aber definitiv über Wasser halten („heiter bis wolkig, teilweise bedeckt, örtlich Niederschläge, Wind aus wechselnden Richtung in verschiedenen Stärken“, „abends ist mit zunehmender Dunkelheit zu rechnen“, …). Im Zweifelsfall konnte er damit noch als Märchenonkel für den Stammesnachwuchs herhalten, das war dann wenigstens einigermaßen sinnvoll.

Richtig problematisch wurde das mit dem Geld dann jedoch im Mittelalter. Da gab es Könige, die außer einem großen Hofstaat mit prunkvollem Gefolge nichts weiter zu unterhalten hatten. Naja, zwischendrin gab es noch den einen oder anderen Krieg oder Kreuzzug. Das brachte Ruhm und Ehre und sorgte dafür, daß die Lebenserwartung von Königen nicht ins Unermeßliche stieg. Aber irgendwie fehlt jetzt der Zusammenhang, denn auch ein König braucht erstmal das Geld um sich einen Hofstaat leisten zu können. Arbeiten kommt bei einem König natürlich nicht in Frage, das Volk bezahlt aber vermutlich auch nicht unbedingt freiwillig wenn ein neues Abgabengesetz in Kraft tritt. Andererseits wollen Soldaten, Mätressen und alles was ein König sonst noch so benötigt auch irgendwie bezahlt werden. Da Bauern, Handwerker und das sonstige Volk ja erstens sowieso keine Kohle haben (siehe oben) und sie zweitens (wenn denn erstens falsch wäre) dem König ihre Ersparnisse nicht freiwillig überlassen wollen, haben sich clevere Leute was einfallen lassen (wie so oft in diesem komischen Ding was sich Menschheitsgeschichte nennt).

Und weil die Menschheit manchmal tatsächlich besonders clevere Exemplare hervorbringt, gab es sogar mehrere tolle Ideen, wie man den Problemen mit dem Reichtum und der Finanzierung begegnen könnte. Die erste und nicht ganz so erfolgreiche Variante nennt sich Askese und hat nix mit einem löchrigen Milchprodukt zu tun. Zahlreiche Religionen predigen ein Leben in Enthaltsamkeit. Das ist natürlich für den Rest der Menschheit Klasse, denn wenn die Geistlichkeit auf alle materiellen Dinge verzichtet bleibt natürlich mehr für die anderen übrig. Das ändert zwar nicht das eigentliche Problem, aber erwähnenswert ist es trotzdem, zumal die Klöster des Mittelalters eine Quelle des Wissens (und wohlschmeckenden Gerstensaftes) waren.

Die zweite und offensichtlich extrem erfolgreiche Idee war die Einführung von Abgaben, landläufig auch Steuern oder Gebühren genannt. Auch diese Idee dürfte schon irgendwer in der Steinzeit gehabt haben, und sie hat sich wohl bewährt, schließlich werden ja noch heute alle möglichen Steuern erhoben und Gebühren kassiert. Neben den offensichtlichen Auswirkungen (jeder hat noch weniger Geld als ohnehin schon) gibt es weitere (Neben)wirkungen: Irgendwer muß ja die Steuern eintreiben, alles genau abrechnen, überprüfen, ob genug eingenommen wurde, daß der eigene Arbeitsplatz (und am besten auch noch der Hofstaat des Königs) finanziert ist. Somit ist es also auch eine großangelegte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, sozusagen.

Wenn der notwendige Verwaltungsapparat nicht gerade damit beschäftigt ist, sich selbst zu verwalten, könnte man mit den Steuereinnahmen natürlich auch die tollsten Sachen bezahlen – Armeen zum Beispiel, oder Waffenforschungsprogramme. Allerdings hätte ein Staat, der sich auf diese Bereiche konzentriert ganz schnell ein ziemliches Problem – ihm gehen die Soldaten aus. Das Volk ist ja glücklicherweise nicht völlig verblödet (auch wenn Könige, Diktatoren oder die Bildzeitung kräftig am Gegenteil arbeit(et)en) und will auch irgendwie von den Steuereinnahmen profitieren, zum Beispiel durch den Ausbau des Schulwesens, der Medizin und so weiter. In der heutigen Zeit hat es sowieso nicht mehr allzuviel Zweck, den Nachbarstaat mit Soldaten beeindrucken zu wollen – das „Genius“ des Menschen hat dafür gesorgt, daß man sich die Erde unterm Arsch wegbomben kann, und zwar gleich mehrfach innerhalb von Sekunden. Dummerweise haben dies noch nicht alle Staatschefs mitgekriegt.

Ohnehin sind ja aber auch nicht die Staatschefs diejenigen, die bestimmen wo es langgeht. In den letzten 500 Jahren wurden die tollsten politischen Theorien ausprobiert, von der absolutistischen Monarchie bis hin zur Basisdemokratie. Die einzige Gemeinsamkeit all dieser Systeme ist schlicht und ergreifend, daß die Marktwirtschaft in allen Systemen funktionierte, in welcher Ausprägung auch immer. Das kann man gut finden oder auch nicht, aber man wird sich damit arrangieren müssen, denn es liegt nunmal in der Natur des Menschen, vor allem an den eigenen Vorteil zu denken (von Ausnahmen wie der Fürsorge für die eigenen Nachkommen abgesehen, womit das auch auch schon wieder keine wirkliche Ausnahme ist). Alle Experimente, die dies in Richtung Gleichheit und Gleichverteilung verändern wollten, waren somit von Vornherein zum Scheitern verurteilt, denn Gleichheit will man ja grundsätzlich nur mit den Bessergestellten, auf deren Level natürlich.

Was sagt uns all das nun eigentlich? Keine Ahnung, ich hab hier ja auch nur eine ganze Menge vermutlich ziemlich wirren Blödsinn hingeschrieben, der so kreuz und quer durch meinen Kopf schwirrte.

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