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Tagestour durchs Frankenland

9. September 2005, 00:00 Uhr von Uwe

Eigentlich hatte ich gar nicht vor, diese Reise zu machen, aber erstens kommt es eh anders und zweitens als man denkt. So saß ich eines Nachmittags in meinem Wohnheimzimmer herum und wußte nicht weiter was mit dem nächsten Tag anzufangen. Gut, ich hätte mich tatkräftig um meine persönliche Weiterbildung bemühen können, aber wer lernt schon gerne, wenn draußen über 30 Grad sind? Also beschloß ich mehr oder weniger spontan, den Tag und vor allem das schöne Wetter zu einem Tagesausflug zu nutzen. Nachdem ich im letzten Jahr auf diese Art schon Berlin und Leipzig unsicher gemacht hatte, war diesmal Nürnberg dran, einfach weil es von Chemnitz aus per Bahn recht einfach zu erreichen ist.

Kropfachse der S2/6Steuerung der S2/6Aufgrund der persönlichen Faulheit (und auch weil der Fahrkartenschalter eh nicht so zeitig geöffnet hat) begann die Reise kurz nach sieben am Chemnitzer Hauptbahnhof. Da ich alleine fuhr und keinen Bock auf umsteigen hatte, gönnte ich mir die Fahrt im Intercity, der mich in vier Stunden umsteigefrei nach Nürnberg brachte. Die Bahnstrecke ist landschaftlich recht reizvoll, ich verpennte trotzdem einen ganzen Teil. Für bahninteressierte Reisende gibt es da einige interessante Details, so wird die Göltzschtalbrücke befahren, ebenso kann man sich mit den Folgen der jüngeren deutschen Geschichte auseinandersetzen – dank der Trennung in zwei deutsche Staaten wurde die wichtige Sachsen-Franken-Magistrale bis heute nicht vollständig elektrifiziert, aus diesem schönen Grunde wurde die Ellok der Baureihe 145 in Reichenbach gegen eine gute alte Diesellok der Baureihe 232 gewechselt. Diese brachte den Zug dann auch pünktlich nach Nürnberg, so daß ich kurz nach elf aus dem Zug steigen und mit der Erkundung der Stadt beginnen konnte.

Nordgau, älteste erhaltene Lok Deutschlands (1853)Modell der BR 243Mein erster Weg führte mich dann zum DB Museum, einem der ältesten Museen seiner Art (der geneigte Leser wird nun sicherlich auch begriffen haben, warum ich nach Nürnberg und nicht nach Bayreuth gefahren bin). Der Rundgang dort war äußerst informativ, es gab auch viel zum Anfassen und Rumspielen (Weichen stellen, Signale bedienen und so weiter). In der Lokhalle kann man dann so illustre Maschinen wie die 05 001, die bayrische S 2/6 oder die E19 bestaunen. Dazu gibts auf dem Freigelände ein komplettes Stellwerk zu besichtigen, welches dank Umbau auf Computertechnik nicht mehr in Benutzung ist. Fahrkartendrucker der DB aus den 80ernAbfahrtstafel Karl-Marx-Stadt von 1964Fahrkartenautomat der DRFür einen besonderen Lacher sorgten bei mir Teile der Ausstellung zur Deutschen Reichsbahn der DDR, zum Beispiel der Abfahrtsplan des Hauptbahnhofs von Karl-Marx-Stadt von 1964. Wenn man mal die angebotenen Verbindungen und die Fahrzeiten vergleicht kommt man da mächtig ins Grübeln…

diverse SignaleFahrsimulatorAndere sehenswerte Ausstellungsstücke sind zum Beispiel der Fahrsimulator, an dem man Zeigen kann, daß es doch gar nicht so einfach ist, einen Zug auch nur einigermaßen pünktlich und dabei sicher, also unter Beachtung der Vorschriften, durch die Gegend zu kutschieren. Für Informatiker ist hingegen ein Originalgerät aus der Fahrkartenausgabe zum Selbstbedienen aufgestellt: einmal Nürnberg – Hamburg DM 32.50 – ich bezahlte für die Fahrt von Chemnitz nach Nürnberg und retour EUR 47.00 – da wurden die Preise in den letzten 20 Jahren also doch geringfügig angepaßt. Allerdings muß man der Bahn zugute halten, daß ich durch Vorweisen der Fahrkarte kostenlos ins Museum reinkam…
ModellbahnRohrpostanlageDie Vorführung der Modellbahnanlage – mit besonderem Schwerpunkt auf korrekter Wiedergabe des Stellwerksbetriebs paßte ich dann noch ab, bevor ich mich den Sonderausstellungen widmete. Dort gab es unter anderem Exponate zur Entwicklung der Kommunikation zu sehen, zum Beispiel eine komplette Rohrpostanlage, mit Knöpfen dran zum Ausprobieren. Ob in einer Rohrpostanlage hingegen standardmäßig Knoten und Verschlingungen enthalten sind, wage ich mal anzuzweifeln.

Modell der BR 50StellwerkEin weiterer sehr beeindruckender Teil des Museum ist die Modellhalle, in der zahlreiche Bahnfahrzeuge im Maßstab 1:10 ausgestellt sind. Da kann man dann auch jede Niete nachzählen. Weiterhin gab es einige Kuriositäten wie die Sammlung der Aprilscherzmeldungen der Bundesbahn aus den 70er Jahren (z.B. Sonderangebote für FKK-Touristen, ein Flirtbriefkasten im Zug oder Zugfunk per Astronautenhelm). Nach circa drei Stunden im Museum machte sich so langsam ein gewisses Hungergefühl breit, außerdem hatte ich dann auch alles gesehen und konnte mich nun der Altstadt widmen.

an der Pegnitzan der PegnitzDie Nürnberger Innenstadt ist ja absolut malerisch, mit zahlreichen Gassen, Fachwerkbauten und diversen Baudenkmälern. Da stolpert man also alle Nase lang über irgendwas Sehenswertes, seien es Teile der Stadtbefestigung, des Germanischen Nationalmuseums oder was da sonst noch so zu finden ist. Auf meinem Rundgang besuchte ich dann also das Spielzeugmuseum und schaute mir die Kaiserburg genauer an. Sonstige Sehenswürdigkeiten nahm ich der Einfachheit halber so im Vorbeigehen mit.

Im SpielzeugmuseumDas Spielzeugmuseum war recht witzig, es gab jede Menge altes Spielzeug (wer hätte das gedacht?), auch vieles aus ostdeutscher Produktion. Die zig uralten Puppen aus Urgroßmutters Zeiten waren jetzt zwar nicht so der Hit (meiner bescheidenen Meinung nach), dafür konnte ich mich mächtig für die ausgestellten Metallbaukästen begeistern, mit denen ich zum Teil selber noch gespielt hatte, also ich noch Zeit für derartige Sachen hatte.

Sonderausstellungim SpielzeugmuseumNebenbei lief im Museum gerade eine Sonderausstellung zum Thema Star Wars, da konnte man sich dann einige Dioramen mit Szenen aus den Spielfilmen angucken. Einziger Wermutstropfen des ansonsten recht schön eingerichteten Museums war das Fehlen von Möglichkeiten, tatsächlich mal zu spielen – es wäre doch sicher kein Problem, da ein paar Kisten mit Legosteinen hinzustellen, schließlich ist Spielzeug ja zum Spielen da und nicht zum Angucken in der Vitrine (abgesehen von Sammlerstücken natürlich).

Albrecht-Dürer-HausBlick vom Dürer-Haus zur BurgWeiter ging es bergauf, vorbei am Dürer-Haus hin zur Burg. Besichtigung des ersteren verkniff ich mir aus Zeitgründen, den Ausblick von der Burg aus ließ ich mir aber nicht entgehen. Die Befestigungsanlagen sind schon sehr beeindruckend. Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es wieder bergab Richtung Pegnitz, vorbei am Markt und der Frauenkirche. Bei der Gelegenheit konnte man sich noch diverse Brunnen und Brücken anschauen. Nun blieb noch etwas Zeit für einen Bummel durch die Fußgängerzonen, was ich zu einem ausführlichen Besuch der Filiale einer Elektronikkette nutzte. Und weil Geiz nicht geil, sondern eine Todsünde ist, trug ich auch noch meinen Teil zur Stärkung des Einzelhandels bei…

Im BurghofIm BurghofAnschließend ging es in aller Ruhe und schön gemütlich zurück in Richtung Bahnhof, erstens weil ich über eine Stunde Zeit hatte, zweitens, weil sich langsam aber sicher meine Beine schmerzend bemerkbar machten. Am Bahnhof angekommen saß ich dann noch eine halbe Stunde in der Sonne, schaute dem regen Betrieb inklusive Rangiererei zu und suchte mir schließlich einen netten Platz im IC gen Heimat. Da dies die letzte Verbindung des Abends war, war der Zug so gut wie völlig leer, und auf das Umspannen wurde für die Strecke nach Chemnitz auch verzichtet. So brachte mich eine gute alte Ludmilla (aus der alten Heimat Halle) zurück in heimatliche Gefilde. Kurz nach 11 Uhr abends war ich dann wieder in meinem Wohnheimzimmer, hatte den Tag gut genutzt und weiß nun, welche Stadt ich mir demnächst nochmal angucken muß.

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