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(Be)KIF(ft) in Wien

7. Juni 2005, 00:00 Uhr von Uwe

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben. In erster Linie nämlich sein blaues Wunder… Und gewundert habe ich mich während dieser Reise des öfteren, über das europäische Eisenbahnwesen, Informatiker im allgemeinen und besonderen, über das was die Wiener als Sprache bezeichnen und was nur entfernt was mit Deutsch zu tun hat, und nicht zuletzt auch über mich… Aber der Reihe nach.
Am 2. Mai wurde während einer der üblichen Sitzungen des FSR Informatik auch das Thema KIF angeschnitten. Das hat nix mit bekifft sein zu tun, sondern steht für „Konferenz der Informatik-Fachschaften“. Das ist ein mehrtägiges Treffen von Informatik-Studenten zahlreicher deutschsprachiger Unis. Das findet alle sechs Monate an wechselnden Orten statt, im letzten Winter zum Beispiel in Jena (da wollte ich zwar hin, hatte dann aber einen Prüfungstermin). Dieses Mal ging es um die 33,0te KIF (das ,0 ist wichtig!), und der Termin dafür war Ende Mai. Auf der Sitzung wußte keiner so recht was dazu zu sagen, und so stand schlußendlich im Protokoll auch nur, daß ich mich mal kümmere und informiere.
Das tat ich dann auch, und einen Tag später waren die wichtigsten organisatorischen Fragen geklärt, ebenso hatte sich mit Kai auch ein zweiter Mitfahrer gefunden. Jetzt brauchte ich nur noch ein Meinungsbild der restlichen Verantwortlichen, ob da irgendwer irgendwas dagegen hätte. Für dieses Meinungsbild war vom Dienstag, den. 3.5., bis zum Sonntag, den 8.5., Zeit. In dieser Zeit schafften es immerhin zwei Leute, ihren Senf dazuzugeben. Außerdem fand sich mit Antje noch eine dritte abenteuerlustige Person, die mitfahren wollte. Da also offensichtlich niemand was dagegen hatte, machte ich dann Nägel mit Köpfen und wagte mich an das Abenteuer Fahrkartenkauf.

Reiseplanung
Ich hatte mir zwar verschiedene Varianten ausgeknobelt, die für drei Mann hin und zurück günstigenfalls bei etwa 230 EUR lagen. Also stand ich am Dienstag, den 10.05., gegen 16:15 Uhr am Fahrkartenschalter und äußerte meine Wünsche. Wie nicht anders zu erwarten, trat natürlich das ein, was ich befürchtet hatte: Die Sparpreise auf meiner Wunschverbindung waren weg, ebenso auf den Alternativrouten. Großartig flexibel konnten wir bei der Reisezeit auch nicht sein, also endete es in einem Suchmarathon nach einer Verbindung mit Sparpreisen.
Eine halbe Stunde (in Worten: 30 Minuten) später und einige Nerven ärmer war es dann soweit: Eine passende Verbindung war gefunden. Das einzige, was mir noch nicht paßte, war ein knapper Umstieg in Dresden, aber das ließ sich dann auch regeln. Nun noch Sitzplätze reservieren und bezahlen. Damit war ich 270 EUR ärmer und um die Erfahrung reicher, daß man Fahrkarten für Langstrecken besser vorgestern gekauft hätte. Nun gut, die Fahrtkosten werden ja erstattet, insofern ist das auch nicht das Problem. Achso, gefahren wurde schließlich über Dresden und Prag.
Während der folgenden Tage informierte ich mich dann genauer über die Reisedetails, sprich, was für Loks dort unterwegs sind, welche Waggons eingesetzt werden und so weiter und so fort. Dabei entdeckt man die tollsten Sachen (d.h. sofern man sich für derartige Dinge begeistern kann). Zuallererst ist es natürlich toll, auch mal andere Loks und Waggons zu sehen, das Einheitsrot in Deutschland geht einem ja irgendwann aufn Keks. Darüber hinaus gibt es auch spannende technische Unterschiede, zum Beispiel der verwendete Strom in der Oberleitung. Für Ottonormalbahnfahrer ist das ja recht egal, Hauptsache die Lok fährt. Tja, aber damit der Zug von Dresden nach Prag und weiter nach Wien fährt, braucht es vier Loks, weil halt jeder sein eigenes Süppchen kocht (Vorsicht, langer Einschub von technischem Blahfasel, wer am Reisebericht interessiert ist, überspringe die nächsten vier Absätze):
In Deutschland ist alles schön einheitlich, da wurde zum Beginn der Entwicklung des elektrischen Betriebes mal festgelegt, daß die Kabel mit 15kV, 16 2/3 Hz Wechselstrom gespeist werden. Das wurde auch von der Schweiz und von Österreich übernommen. Im Gebiet der heutigen Tschechischen Republik begann man mit Gleichstrom, bevor man Mitte der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts zum System Steckdose wechselte (25 KV, 50 Hz Wechselstrom). Somit hat man dort bis heute beide System im Einsatz und benötigt dafür natürlich Lokomotiven, die mit beiden Systemen klarkommen. Für den Verkehr nach Deutschland und Österreich braucht es außerdem noch Typen, die mit dem deutschen System und dem in der jeweiligen tschechischen Gegend genutzten System klarkommen. Verwirrend, oder? Nuja, vielleicht hilft eine Karte ein wenig weiter…
So, also nochmal ganz langsam. Von Dresden bis Prag zieht eine tschechische Lok der Baureihe 371. Die verkraftet sowohl die 15 kV 16 2/3 Hz in Deutschland als auch die 3 kV Gleichstrom auf der Strecke bis Prag. In Prag wird die Lok gewechselt. Da die tschechische Eisenbahn noch keine brauchbare Schnellzuglok hat, die mit den beiden tschechischen Stromsystemen klarkommt, werden slowakische Loks vom Typ 350 eingesetzt (früher war das alles mal die Tschechoslowakei, da gehörten die alle zur gleichen Bahngesellschaft). Die laufen sowohl mit den 3kV Gleichstrom als auch mit den 25 kV 50 Hz Wechselstrom, wie er im Südosten Tschechiens und im größten Teil der Slowakei genutzt wird. In Breclav, kurz vor der Grenze zu Österreich, muß dann wieder gewechselt werden, da in Österreich ja wieder das deutsche System genutzt wird. Nach Wien wird der Zug dann also von einer österreichischen Lok der Baureihe 1116 oder 1014 gezogen. Damit sollten nun alle Klarheiten beseitigt sein.
Nachdem das also geklärt war, wollte ich noch wissen, was für Waggons in den Zügen zum Einsatz kommen. Man sitzt ja doch ziemlich lange in dem Zug, da möchte man vielleicht doch nicht auf eine Klimaanlage oder einen Speisewagen verzichten. Für die Züge, die zumindest teilweise in Deutschland verkehren, gibt es dafür eine sehr schöne Seite mit vielen Informationen zu den Zügen, u.a. eine Anzeige der Wagenreihung, sprich welche Waggons in welcher Reihenfolge in dem Zug eingereiht sind. Da wir zumindest bei der Hinfahrt aber auch einen Zug dabei hatten, der dort nicht verzeichnet ist, suchte ich also noch ein wenig weiter und wurde auf einer tschechischen Seite fündig. Dort sind dann auch die Züge dargestellt, die Deutschland nicht erreichen. Somit kannte ich dann auch die Wagenreihung des Zuges von Prag nach Wien.
Aus Spaß an der Freude suchte ich dann noch ein wenig weiter und erfreute mich an den Informationen, die die tschechische Fahrplanauskunft bereithält. So werden dort auch die Streckenkilometer mit angegeben. Damit kann man dann zum Beispiel ausrechnen, daß die Fahrt knapp 700 Kilometer lang war. Ebenfalls nicht ganz uninteressant sind Informationen zu den eingesetzten Speisewagen. So ist der tschechische Speisewagen ja doch um einiges preiswerter als der deutsche – aber dazu später mehr. So, beenden wir mal den technisch-organisatorischen Einschub und kommen zu den Reisefakten:
So, beenden wir mal den technisch-organisatorischen Einschub und kommen zu den Reisefakten:

  1. mit Bus/Straßenbahn zum Chemnitzer Hauptbahnhof
  2. mit IRE 17043 von Chemnitz Hbf nach Dresden Hbf, dort umsteigen in
  3. NZ 379 „Kopernikus“ nach Praha hl.n. (hl.n. steht für hlavní nádraží und heißt einfach nur Hauptbahnhof)
  4. EC 75 „Alois Negrelli“ Praha hl.n. – Wien Südbahnhof Bstg. 1-9,
  5. Fußmarsch zum Unigebäude

Der Reisekram war also geklärt, Schlafsack und Rucksack standen bereit, somit konnte es dann (endlich) losgehen. Ich danke dem Leser bis hierhin schonmal fürs Durchhalten, noch ist ja gar nix passiert, und schon ein Drittel der Seite rum…

Mittwoch, 25.05.
Anzeige im IRE nach DresdenUnd so ging es dann auch mitten in der Nacht los. Mitten in der Nacht heißt in diesem Fall kurz nach fünf mit der Fahrt Richtung Bahnhof. So richtig Nacht wars eigentlich auch nicht, da der Morgen schon graute (oder graute dem Morgen, als er uns sah?). Jedenfalls trafen wir uns pünktlich 5:40 Uhr im Chemnitzer Bahnhof und saßen 10 Minuten später im Zug nach Dresden. Dieser bestand aus den üblichen verdächtigen, BR 143 und Doppeldecker. Die Fahrt verlief äußerst ereignislos, das Highlight war eine fehlfunktionierende Anzeige im Waggoninneren. Wir standen somit also pünktlich in Dresden und hatten nun etwas über eine Stunde Zeit. Wir hätten also auch später in Chemnitz losfahren können, aber bei den Umsteigezeiten und der berühmten Pünktlichkeit der Deutschen Bahn… naja, lieber eine Stunde dumm rumgestanden, als 10 Sekunden lang die Rücklichter des Anschlußzuges angestarrt…
Da der Dresdner Hauptbahnhof eher einer Großbaustelle ähnelt, verzogen wir uns nach draußen auf die Prager Straße und setzten uns dort neben einen Brunnen. Zu dieser Uhrzeit war dort natürlich noch nix los, außer einem Imbiß hatten noch keine Geschäfte auf, aber immerhin konnte sich Antje dort mit einem Kaffee versorgen. Kurz vor der Abfahrt des Zuges ging es dann zurück zum Bahnsteig. Der Zug war gut besetzt, aber nicht übervoll. Wir hatten ja drei Abteilplätze reserviert, es saß dann außer uns noch ein älterer Herr drin. Allerdings waren keine Reservierungszettel gesteckt, was bei einem volleren Zug zu lustigen Diskussionen hätte führen können.
Die Fahrt war dann wieder recht ereignislos, aber immerhin war die Landschaft sehr nett anzusehen, immer schön am Ufer der Elbe entlang durchs Elbsandsteingebirge. Eine Grenze, eine Paßkontrollen und doppelt so viele Zwischenhalte später war Ústí nad labem erreicht. Ab da hatten wir das Sechserabteil für uns alleine, aber der Zug wurde insgesamt spürbar voller, offenbar hat er eine recht wichtige Rolle als Zubringer nach Prag. Bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof viel mir eine sehr gepflegte blaue Dampflok auf, die dort rumstand, leider konnte ich die Kamera nicht so schnell aus dem Rucksack zaubern als daß da ein Foto bei hätte rausspringen können. Ich kenne mich bei den tschechischen Baureihen leider auch nicht so gut aus, als daß ich mit Sicherheit auf einen bestimmten Typ tippen könnte. So langsam machte sich dann aber auch das frühe Aufstehen bemerkbar, also kramte ich den geliehenen Discman meines Bruders raus und versuchte mich so von den Fahrgeräuschen abzulenken und ein wenig zu schlafen. Allerdings klappte das nicht unbedingt so, wie ich es gern gehabt hätte.
Warten in PragWie auch immer, gegen 10:45 Uhr kamen wir mit etwa 7 Minuten Verspätung, also reichlich pünktlich, in Prag an. Der Anschluß fuhr erst Punkt 12, also hatten wir jetzt etwas Luft. Angesichts der Tatsache, daß uns die recht aufdringlichen Versuche der Zimmervermietung ebenso wie das inzwischen doch verdammt heiße Wetter ganz schön auf den Keks gingen, beließen wir es beim einfachen Herumsitzen auf einer Parkbank neben dem Bahnhof, zumal wir ja auch reichlich Gepäck dabeihatten. Das einzige, was wir also von Prag gesehen hatten, war ein häßlicher Bahnhof, und das wenige, was man halt so vom Zug aus sehen kann.
Eine Stunde später ging es dann mit weiter nach Wien. Der Zug bestand im Wesentlichen aus unklimatisierten Abteilwagen (was laut EC-Spezifikation nicht sein dürfte, aber egal). Eigentlich hatte ich noch fix ein Foto der Zuglok schießen wollen, allerdings stellte sich heraus, daß wir erstmal unsere reservierten Plätze kriegen mußten, da hatte sich nämlich eine russische Reisegruppe breitgemacht. Mit Händen und Füßen konnten wir das dann verständlich machen und hatten unsere Plätze. Neben uns saßen dann also noch drei Leute dieser Reisegruppe im Abteil, und auch sonst war der Zug proppevoll. Aus diesem Grund verzichtete ich dann auch gleich auf den eigentlich geplanten Besuch im Speisewagen, zumal ein Bier bei der Hitze sowieso kontraproduktiv gewesen wäre. Stattdessen hörte ich weiter Musik und verzehrte weitere Teile des Proviants, namentlich Äpfel und Apfelsaft (ja, die Auswahl war insgesamt schon noch etwas größer).
Bis Wien sind es rund viereinhalb Stunden Fahrtzeit, diese zogen sich dann jedoch ganz schön in die Länge, was in erster Linie auf die Temperaturen zurückzuführen war. „Im eigenen Saft gedünstet“ oder so ähnlich wäre wohl die passende Beschreibung. Das einzig spannende Element war die wechselnde Landschaft und die Einhaltung des Fahrplans. Bis Pardubice war beides recht unspektakulär, Flachland mit Feld und Wiesen halt. Fahrplantechnisch wurde es spannender, denn wir kamen zwar vier Minuten zu früh an, standen dann aber ohne ersichtlichen Grund eine gute Viertelstunde herum und konnten somit erst mit zwölf Minuten Verspätung weiterfahren. Die Landschaft wurde ein wenig hügeliger, um dann zwischen Ceská Trebová (11 Minuten Verspätung) und Brno (Brünn, 15 Minuten) zu einem netten Gebirge zu werden (Böhmisch-Mährische Höhe). Man sieht, Reisen bildet, insbesondere in Geographie und Geschichte…
Richtung Österreich wurde es dann wieder flach und langweilig. Inzwischen waren die Zuginsassen ziemlich gar bzw. gut gedünstet. Außerdem war es nicht gerade bequem in dem vollen Abteil, zumal Kai und ich eher zur Fraktion der Langbeiner gehören. In Breclav, dem Grenzbahnhof, wurde erneut die Lok gewechselt, die Verspätung betrug zu dabei etwa 13 Minuten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Kai schon drauf eingerichtet, beim langsamen Einfahren in einen Bahnhof das Abteilfenster aufzureißen, um etwas Frischluft reinzulassen. Leider war das Fenster ein informatikerkompatibles Binärfenster (d.h. ganz auf oder gar nicht). Ergo mußte das Fenster jedesmal beim Weiterfahren wieder geschlossen werden, denn die Zugluft bei 150 Sachen wäre dann doch etwas extrem gewesen. Na jedenfalls kamen danach die Tschechen an, kontrollierten fleißig die Reisepässe unserer russischen Mitreisenden, beguckten kurz unsere Personalausweise, und verschwanden wieder. Fünf Minuten später ging das gleiche Spiel von vorne los, diesmal mit den Österreichern. Eine runde Stunde später waren wir schließlich erschöpft, durchgeschwitzt und acht Minuten hinterm Fahrplan am Wiener Südbahnhof (Ost) angekommen.
Dieser ist ja ein Konglomerat aus dem Südbahnhof (Beginn der Südbahn Richtung SteiermarkKärntenItalien) und dem Ostbahnhof (Beginn der Ostbahn Richtung Bratislava und Gyor). Inzwischen halten dort auch die Züge der Nordbahn (ursprünglich Richtung Mähren bzw. Krakau), so wie unser Zug aus Prag. Ist halt alles etwas kompliziert mit der Eisenbahngeschichte – 170 Jahre, diverse Kaiserreiche, Weltkriege und sonstige Umstürze zeigen halt ihre Auswirkungen (und ich schweife vom Thema ab…).
Wir entschieden uns dann kurzerhand, den Weg zur Uni per pedes zurückzulegen, war ja schönes Wetter *schwitz* und außerdem hätten wir uns dafür erst noch Fahrkarten kaufen müssen. Und so standen wir dann gegen 17 Uhr vor dem Gebäude der TU Wien, in dem die Tagesveranstaltungen stattfinden sollten, folgten den lustigen Wegweisern und fanden uns schließlich im KIF-Cafe wieder. Nach einer gewissen Akklimationsphase konnte dann die Anmeldung erfolgreich abgeschlossen werden, man führte erste Gespräche mit anderen Teilnehmern und besorgte sich etwas zu trinken.
Am Abend wurde im Wesentlichen das Anfangsplenum abgehalten, sprich organisatorische Fragen geklärt, also solche Sachen wie das Angebot an Arbeitskreisen und ähnliches. Gegen 0:30 Uhr war endlich Schicht im Schacht, die meisten waren inzwischen hundemüde (kein Wunder bei der Anreise), also nur noch ab Richtung Schlafplatz. Der hierfür notwendige Nachtbus fuhr an der Oper ab, also zwängten sich ungefähr viel zu viele Kiffels (aka Teilnehmer der KIF) mit viel zu viel Gepäck in einen viel zu kleinen Bus. Irgendwie ging es mittels Stapelverarbeitung dann doch noch und wir setzten uns Richtung Grinzing in Bewegung. Dort war das Nachtquartier in Form einer Schulturnhalle.
Das tollste Erlebnis der Nacht war dann die Fahrkartenkontrolle, wohlgemerkt nachts nach 1 bei unserer ersten Fahrt mit dem Wiener ÖPNV. Der Busfahrer hielt plötzlich mal 10 Meter vor der Haltestelle, vor jeder Tür postierte sich ein streng guckender Typ, und dann ging der Kontrolleur durch. Die Polizei stand ebenfalls gleich dabei, das war also alles durchorganisiert. Bei uns war allerdings nix zu holen, wir hatten ja Fahrkarten erhalten… Somit war dies also auch überstanden, und kurz darauf konnte man es sich dann (nach einer kurzen Dusche) im Schlafsack bequem machen.

Donnerstag, 26.05.
Nach dem AufstehenGegen acht Uhr dreißig, also nach immerhin sieben Stunden Schlaf, begann das allgemeine Morgenritual für die nächsten Tage. Dieses bestand aus einem Sprint unter die (kalte) Dusche, dem Anstehen vorm Klo, dem Wegräumen der Taschen in einen Heizungsraum und dem anschließenden Fahren mit Straßen- und U-Bahn zur Uni. Dort wurde erstmal das Frühstücksbüffet geplündert und die Massenproduktion von Kaffee eingeführt. Gegen zehn Uhr waren dann alle so langsam auf Betriebstemperatur und begannen mit den verschiedenen Arbeitskreisen.
Auf dem Weg Richtung HundertwasserhausUnsereins, d.h. Antje, Kai und ich, waren vom Angebot der dort anstehenden Arbeitskreise nicht so sonderlich angetan, ergo wurde die Zeit zum Sightseeing benutzt. Zunächst jedoch ging die Fahrt zu einem kleinen Supermarkt, um Getränke zu organisieren. Dazu muß gesagt werden, daß der Tag Feiertag war, die Läden also im Normalfall geschlossen waren. Antje hatte sich jedoch einen Tip geben lassen, wo man einen geöffneten Laden finden könne, und so machten wir uns zu dritt auf die Suche. ohne WorteNachdem dies erledigt war, ging es dann in Richtung Hundertwasserhaus. Der von den Organisatoren bereitgestellte Stadtplan für die Hosentasche erwies sich als überaus praktisch, und so fuhren wir kurz darauf mit dem richtigen Bus in die richtige Richtung. Ich nutzte die Zeit, um besonders Antje mit meinem Gespür für Geographie auf den Keks zu gehen (lies: sie folgte lieber den Wegweisern, ich dem Stadtplan und den Straßennamen, mit dem Ergebnis, daß ich fünf Minuten eher am HundertwasserhausHundertwasserhaus war, weil die Hinweisschilder einen Umweg anzeigten… und ja, ich weiß, daß das keine gute Charaktereigenschaft ist, jemanden so auf den Keks zu gehen) [Anmerkung: Wer sich die wahre Geschichte erzählen lassen will, wende sich vertrauensvoll an Antje.] Egal, ich genehmigte mir dort ein Eis, machte ein paar Fotos, und irgendwann ging es dann via Stephansdom zurück zur Uni, wo dann Arbeitskreise anstanden.
HundertwasserhausDort wurde mehr oder weniger sinnlos durcheinander diskutiert, es war recht interessant zu hören, was andere Unis und Studenten so für Sachen machen und welche Probleme es da so gibt. Es fand also ein reger Meinungsaustausch statt, der gegen 18 Uhr von der Aussicht auf Abendessen langsam beendet wurde. Dieses gab es dann wieder im KIF-Cafe, und danach war allgemeines Herumsitzen, Kartenspielen und Labern angesagt. Da am nächsten Morgen bereits gegen 6 Uhr aufstehen angesagt war, bemühten wir uns bereits gegen 23 Uhr in Richtung Schlafplatz, diesmal aber ohne Kontrolle.

Freitag, 27.05.
FiakerIch wachte recht pünktlich auf und konnte somit den Teil des Wartens auf ein freies Klo aus dem Morgenritual streichen. Andere waren nicht so leicht zu wecken, die Orgas mußten dann erstmal einen kombinierten Tanz- und Singekurs einschieben, um auch die letzten aus ihren Träumen zu reißen. Wir waren dann jedenfalls so gegen 7:30 Uhr in der Uni und hingen dann alle noch etwas verpeilt herum. Irgendwie wußte ich noch nicht so genau, womit ich den Vormittag so füllen könnte, da der für mich interessante Arbeitskreis erst am Nachmittag losgehen sollte, ich aber auch irgendwie noch nicht munter genug war, mich für irgendwas zu entscheiden.
StephansdomGegen 9 Uhr lautete dann der Entschluß, daß der Mensch was machen muß, in diesem Fall erneut Sightseeing. Da sich mir keiner weiter anschließen wollte, fuhr ich halt alleine zum Technischen Museum. Die Temperaturen waren schon wieder im dunkelroten Bereich, es war also klar, daß der Stadtbummel schweißtreibend werden würde. Das Museum selbst war irgendwie nicht so sehr der Hit, vielleicht bin ich da aber auch nur vom Deutschen Museum verwöhnt. Immerhin standen sehr viele lustige Apparaturen zum Ausprobieren herumAnzeige in der U-Bahn, allerdings rannten da jede Menge Kinder durch die Kante und machten eher einen „hurra, heute mal keine Schule“-Eindruck. Immerhin gab es ein Funktionsmodell einer Addiermaschine mit Staffelwalze zu sehen. Kurz vor Mittag war ich dann aber mit dem Museum durch und begab mich zum benachbarten Schloß Schönbrunn. Dieses Schloß ist ja ein Touristenmagnet sondergleichen, d.h. davor stapeln sich die Reisebusse und im Hof stapeln sich die Reisegruppen. Den Hof hatte ich während einer Klassenfahrt vor sechs oder sieben Jahren schon mal gesehen, mich interessierte dann eher der riesige dahinterliegende Park.
KarlskircheRechenmaschine mit StaffelwalzeUnd genau diesen begann ich nun flinken Fußes zu erkunden, und meiner Meinung nach sieht der Park wesentlich imposanter aus als das Schloß da am Eingang. Im Park gibt es dann auch noch solche Dinge wie einen Irrgarten, spezielle botanische Gärten, einen Tierpark und so weiter, aber das ließ ich alles bleiben, erstens wegen der Hitze, zweitens wegen des Extraeintritts. Mitten im Park steht dann noch die Gloriette auf einem Hügel, den man erstmal erklimmen muß, was bei der Hitze schon recht anstrengend war. Von dort oben hat man dann zumindest einen recht netten Ausblick, ich machte also die obligatorischen Fotos und begann anschließend den Rückmarsch gen Uni, da ich erstens durchgeschwitzt war und nix mehr zu trinken dabei hatte, und zweitens dann auch so langsam der Arbeitskreis am Nachmittag beginnen sollte.
Schloß SchönbrunnSchloßpark SchönbrunnIm Arbeitskreis diskutierten wir dann wieder lustig, diesmal nicht durcheinander, sondern dank überragender Gesprächsmoderation der Reihe nach. Das Thema gab jedenfalls eine ganze Menge her und wurde bis in den Abend hinein diskutiert, mit anschließender Fortsetzung für den nächsten Morgen. Den Rest des Abends verbrachten wir dann wieder im Cafe bei Labern, Lesen und Handarbeiten, bevor es dann gegen 23 Uhr in Richtung Schlafsack ging. Dabei fiel mir noch die schöne Beleuchtung der Votivkirche auf, die nachts schön angestrahlt wird. Also wurde das für ein Foto vorgemerkt, was ich am nächsten Abend schießen wollte.

Samstag, 28.05.
im KIF-CafeWer gedacht hatte, daß man samstags ausschlafen kann, hatte sich geirrt, es ging wieder nach sechs aus den Federn bzw. aus dem Schlafsack. So langsam machte sich eine etwas weitergehende Erschöpfung breit, die sich in meinem Fall mit Kopfschmerzen äußerte. In weiser Voraussicht hatte ich ein paar Kopfschmerztabletten mitgenommen, und nachdem im Cafe noch ein Sofaplatz frei war, pennte ich dort erstmal bis 10 Uhr weiter. Dann weckte mich Kai mit dem Hinweis, daß mein Arbeitskreis loslegen wollte. Die nächsten acht Stunden diskutierten wir also weiter und bastelten an einer Resolution fürs Abschlußplenum.
Gegen 18 Uhr waren wir fix und fertig, setzten uns ins Cafe, holten ein paar Bier und warteten aufs Abschlußplenum. Dieses begann mit etwas Verspätung und zwei Knalleffekten. Aufgrund der extremen Hitze genügte schon die geringste Bewegung, um eine Bierflasche in eine Handgranate zu verwandeln. Zum Glück ist außer verspritztem Bier nicht mehr passiert. Das Abschlußplenum selbst war im ersten Teil recht vorhersehbar, es wurde halt berichtet, was die einzelnen Arbeitskreise so gemacht hatten. Lustig (oder je nach Sichtweise auch mistig) wurde es dann bei den Resolutionen. Das Thema der Resolution konnte dummerweise mit dem großen Haßthema Bachelor/Master verwechselt werden. Somit wurde dann eine ganze Weile völlig sinnlos und überaus heftig und emotional am Thema vorbeigeredet, zumal auch die Moderation nicht so recht klappen wollte. Am Ende wurden Meinungsbilder erfragt, ob und wie man Abstimmen sollte, und schlußendlich war man nach drei recht kuriosen Abstimmungen soweit, den Resolutionsvorschlag abzulehnen. Affiger als die Ablehnung fand ich halt nur die Art und Weise, wie das alles zustandekam. Der zweite Resolutionsvorschlag verlief hingegen völlig unproblematisch und wurde ohne Gegenstimmen angenommen.
Nun war es bereits nach 1 Uhr nachts und so langsam wollten dann doch alle ins Bett, die KIF war mit diesem Abschlußplenum jedenfalls offiziell beendet, und so ging es dann müde und kaputt zum Schlafplatz. Das einen Tag vorher geplante Foto der Votivkirche habe ich dann auch weggelassen, das war mir zu doof, wegen dem Foto nochmal eine halbe Stunde auf den nächsten Bus warten zu müssen (zumal die Kirche so früh am Morgen wohl auch gar nicht mehr beleuchtet wurde, jedenfalls war alles zappenduster).

Sonntag, 29.05.
Ausschlafen! Das heißt, mehr Schlaf als die vorherigen Tage war es auch nicht, aber etwas verschoben, so daß ich mich erst gegen 8:30 Uhr aus dem Schlafsack schälte. Gegen 9 ging es dann wieder Richtung Uni, diesmal mit etwas mehr Gepäck. Im Cafe wurde nur noch fix gefrühstückt, dann ging es direkt zum Bahnhof, von wo aus uns unser Zug nach Dresden bringen sollte. Achso, der Vollständigkeit halber der Reiseplan:

  1. U-Bahn zum Südbahnhof
  2. EC 172 „Vindobona“ Wien Südbahnhof (Ost) – Dresden Hbf über Praha holešovice
    1. RE 17330 Dresden Hbf – Chemnitz Südbahnhof
    2. IRE 17054 Dresden Hbf – Chemnitz Hbf
    1. zu Fuß zurück zum Wohnheim
    2. mit Straßenbahn und/oder Bus zurück zum Wohnheim

Wie man sieht, hatten wir bzw. ich einen Plan B ausgeknobelt, aber das war nicht wirklich kompliziert und eigentlich auch relativ egal, aber letzten Endes brauchten wir den Alternativplan halt doch, aber dazu später mehr. Zuallererst mußten wir am Bahnhof erstmal mit konkreteren Schwierigkeiten fertigwerden. So mußte erstmal der richtige Zug gefunden werden, was gar nicht so einfach ist, wenn am Aushangfahrplan zwar die Abfahrtszeiten, aber keine Bahnsteige angegeben sind… Immerhin hatten die Waggons eine Klimaanlage, die auch wunderbar funktionierte, es war also angenehm kühl. Das Sechserabteil, in dem wir drei Plätze reserviert hatten, war auch leer, laut Reservierungszettel mindestens bis Brünn. Insofern hatten wir auch kein großes Problem mit der Tatsache, daß sich die Abfahrt um 10 Minuten verzögerte, weil wir erst noch auf einen Zug aus Villach warten mußten. Kurz darauf kamen auch schon die freundlichen Beamten, die unseren Personalausweis sehen wollten, gefolgt von dem anderen, der die Fahrkarte inspizierte.
In Breclav hatte sich die Verspätung nicht nennenswert verändert, der Lokwechsel lief etwas flotter ab, so daß hier nochmal eine Minute gespart werden konnte. In Brünn stiegen zwar zahlreiche Leute zu, aber in unser Abteil wollte (traute?) sich keiner, so daß wir weiterhin unter uns waren. Weiter ging es durch die Bömisch-Mährische Höhe, immer schön entlang der Svitava (Zwittau), die sich in Brünn mit der Svratka (Schwarzau) vereinigt. Allerdings ging es nicht so schnell wie im Fahrplan vorgesehen, so daß wir in Ceská Trebová schon 16 Minuten, in Pardubice schließlich 22 Minuten Verspätung hatten.
Spätestens da konnten wir nicht nur den Anschluß in Dresden, sondern auch das Funktionieren der Klimaanlage vergessen. Wie sich später bei einer Nachfrage beim Personal herausstellte, war wohl der Strom weg. Ich würde ja auf einen Zusammenhang mit der Speisung der Oberleitung tippen, denn vor Pardubice und hinter der deutschen Grenze funktionierte alles, nur in dem Teil der tscheschichen Republik, in dem wir mit Gleichstrom aus der Oberleitung fuhren, war nix mit Klimaanlage. Na egal, in Praha holešovice war es dann eine knappe halbe Stunde Verspätung, und spätestens dort waren wir dann wieder wie auf der Hinfahrt durchgeschwitzt, zumal man im Waggon kaum Fenster öffnen konnte (wozu auch, gibt ja ’ne Klimaanlage…).
Ab da waren wir im Abteil nicht mehr allein, denn es stieg noch eine dreiköpfige Familie zu. Von Prag ging es nun mit anderer Lok bespannt gen Dresden. Um es kurz zu machen: Die Verspätung wurde gehalten und hinter Bad Schandau um drei Minuten verringert. In Decín stiegen wieder die Grenzkontrollen zu, das nun schon bekannte Spiel mit Ausweis vorzeigen gab es natürlich auch wieder, allerdings nur einmal, weil die tschechischen und deutschen Beamten gleichzeitig draufguckten. In Bad Schandau gab es zudem noch eine Loksichtung der besonderen Art, dort stand nämlich 142 001 in wunderschönem Zustand herum. Zu schade, daß wir so fix dran vorbeifuhren und ich aus dem geschlossenen Fenster nicht fotografieren konnte…
Na jedenfalls kamen wir dann mit 23 Minuten Verspätung in Dresden an, der Anschluß zum eigentlich geplanten Regionalexpress war weg, aber das interessierte uns nicht wirklich, fuhr doch eine Stunde später schon der nächste IRE. Die Wartezeit verbrachten wir wie bei der Hinfahrt auf der Prager Straße, diesmal genehmigten sich Antje und Kai je einen Döner, den sie allerdings gegen die zahlreichen Spatzen verteidigen mußten, die gierig jeden übriggebliebenen Brocken verspeisten. Nachdem die Döner verspeist waren, ging es zurück zum Bahnhof. Die Fahrt im IRE nach Chemnitz verlief mit Ausnahme eines leicht desorientierten Mannes recht ereignisfrei. Jener Typ laberte andere Mitreisende mit reichlich wirrem Zeug voll, bevor er in Freiberg ausstieg. Wir wurden nicht angequatscht und erreichten dann auch recht pünktlich gegen 20:15 Uhr den Chemnitzer Hauptbahnhof.
Kai verabschiedete sich gleich in Richtung seiner Wohnung, Antje und ich mußten nun noch irgendwie zurück zum Campus fahren. Nach dem ÖPNV in Wien war dies natürlich eine extreme Umstellung, da ja hierzulande bereits am frühen Abend die Bordsteige hochgeklappt werden. Somit fuhren wir mit der Straßenbahn bis zur Brückenstraße, liefen weiter bis zur Zentralhaltestelle und fuhren von dort mit dem Bus weiter bis zum Campus. Gegen 20:45 erreichten wir dann auch wohlbehalten, wenn auch durchgeschwitzt, übermüdet und völlig groggy die jeweilige heimatliche Bude – d.h. ich erreichte sie, Antje fuhr am selben Abend noch weiter nach Thalheim. Der Abend wurde dann auch nicht mehr sehr lang, nach einer ausgiebigen Dusche ging ich sehr früh ins Bett – die Erkältung, die ich mir als Reisesouvenir mitgebracht hatte, machte sich bereits bemerkbar…
Fazit: Eine absolut geile halbe Woche, die sehr viel Spaß gemacht hat und auch eine Reihe neuer Erkenntnisse bezüglich des Informatikstudiums an anderen Hochschulen brachte. Es war definitiv eine gelungene Reise, ich denke also schon, daß ich bei der nächsten KIF wieder dabei sein werde.

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