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Viel Lärm um Nichts

28. Oktober 2004, 00:00 Uhr von Uwe

Ich gucke ja nur selten mal TV, das Programm ist eh meistens nur dazu geeignet, sich richtig schön aufzuregen. Stattdessen hör ich Musik oder früh morgens als Wecker auch mal Radio. Und da wurde ich letzten Samstag auf sehr unsanfte Art geweckt.

Ich dämmerte friedlich vor mich und lauschte den Klängen von Deep Purple, AC/DC und was Rockland sonst noch so für feine Sachen bringt. Und dann kam gegen halb acht mal kurz eine Werbeunterbrechung. Anstatt der üblichen 30-Sekunden-Spots für Cerealien, Waschpulver, Joghurt und Damenbinden kam dort ein 3-Minuten-Witztelefonat als Werbung für den MediaMarkt. Das ertrug ich gerade noch ohne Schreikrampf, als der Mist dann aber nach 20 Minuten nochmal von vorn losging, vertrieb mich diese Werbung doch tatsächlich aus dem Bett und ließ mich den Mist abschalten. Nach dieser Aktion war natürlich klar, was das Thema für mein nächstes Geschreibsel hier wird…

Michael Mittermeier hat sich schon vor Jahren über die Werbung lustig gemacht. Leider haben Manager und Werbeagenturen die Kritik nicht verstanden. Wie sonst ist es zu erklären, daß die Zuschauer nach wie vor mit sinnlosen und unrealistischen Werbespots genervt werden?
Beispiele gefällig? Da haben wir diesen „Wie uncool“-Werbespot für LBS-Bausparverträge. Wie nachzulesen ist, hat der Spot sein Ziel komplett verfehlt, denn der Bauspartyp steht am Ende als totaler Depp da… Dieser Werbespot ist so selten doof, daß ich gar nicht weiter drüber nachdenken will, weil mir sofort schlecht wird. Aber auch andere Firmen machen es nicht viel besser:

Da gibt es diese komische Werbung für irgendsoein Fertigpfannenirgendwasgericht. Da steht sie vor ihm und fragt was er essen will. Er sieht sie und hat ob des Anblicks ihrer Hühnerbrust natürlich sofort Hunger auf Brathähnchen (oder wars indische Reispfanne?) Egal, völlig bekloppt ist es trotzdem. Genauso wie die pseudointellektuelle Werbung von BMW, wo eine Stimmte aus dem Off sinnloses Gefasel säuselt, nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ oder so. Das mag ja vielleicht für Erkenntnisprozesse stimmen, aber doch nicht fürs Autofahren. A propos Autofahren – bei jedem Rennen der Formel 1 beginnen und enden die Werbepausen mit Krombacher Bier. Als wenn Schumi vor dem Start noch schnell zwei Pullen hinterkippt, damit er beim Start gut drauf ist…

Eine andere hochgradig nervende Werbung kam eine zeitlang von Rama (oder wars Lätta? Keine Ahnung, ich wurde immer vom Firmennamen abgelenkt). Ich meine den Spot, wo das jungverliebte Pärchen halbnackt im Gras liegt. Warum muß man sich erst ausziehen und auf eine Wiese legen, um Brot mit Margarine zu essen? Ebenfalls mächtig beknackt stellt sich die Telekom in ihren Werbespots an. Nach Enie (das Kreischgirlie mit den roten Haaren) und diesem virtuellen Blondschopf Robert nun sinnlose Werbung für DSL-Anschlüsse, komplett mit zerbröselnden Wänden und Wasserspritzern auf der Decke. Fast so mies wie Werbung für Dr Best, der seit Jahrzehnten seine Gartentomaten mit der Zahnbürste bearbeitet, selber aber schon lange seine Dritten trägt – die aber bestimmt Kukident-gepflegt.

Was gibts noch? Ein schönes Beispiel ist die „Geiz ist geil!“-Kampagne einer bekannten Elektronikkette. Geiz ist nicht geil, Geiz ist eine Todsünde. Abgesehen davon kann man eh am meisten Geld sparen, indem man gar kein Geld ausgibt. Nur gut daß die Konkurrenz dieses Niveau mit Sprüchen wie „Ich bin doch nicht blöd“ problemlos halten und unterbieten kann…

So viel zum Thema schlechter Werbespots. Daß es davon zu viele gibt, ist unbestritten. Mangelnde Kreativität wird daher oftmals durch Wiederholung ausgeglichen. Die meisten Werbepausen sehen dann aus wie Zebras – Werbung für Produkt der Firma Schwarz, Werbung für Firma Weiß, Wiederholung des Schwarz-Spots, usw. Wie gut, daß man während der Werbung umschalten kann, oder man geht mal eben aufs Klo und holt auf dem Rückweg eine Tüte Chips und ein frisches Bier aus dem Kühlschrank. Was gibt es sonst noch so für regelmäßige Nervfaktoren in der Werbung?

Zum Beispiel die Musik. Fast jeder bekannte und unbekannte Song wurde inzwischen für Werbezwecke mißbraucht, oftmals wurden Songs auch erst durch Werbung zum Hit. Kennt heute noch einer „Inside“ von Stiltskin? War um 1994 herum mal Werbesong für Jeans. Windows 95 wurde mit dem Rolling Stones Song „Start Me Up“ beworben. Ich hätte ja „19th Nervous Breakdown“ oder „You Can’t Always Get What You Want“ passender gefunden… Etwas abgewandelt, aber (dadurch) wesentlich nerviger sind die untalentierten Versuche, ein Lied über Meica-Würstchen zu trällern. Ich weiß gar nicht, ob die sich mit diesem Spot überhaupt ins Fernsehen trauen, aber der Nervfaktor ist auch schon im Radio hoch genug. Schlußendlich geht sowieso nix über Halberstädter Würstchen, außer vielleicht ein richtig gutes Grillsteak.

Nächster Nervfaktor – Promis. Unkomische Komiker machen Werbung für AOL, Dieter Bohlen bewirbt die Elektronikkette Saturn (für diese Werbung sollte man ihm einen Freiflug zum gleichnamigen Planeten schenken, aber ohne Ticket für den Rückflug), Harald Schmidt trinkt Kaffee, wenn er nicht grad Werbung für die Deutsche Bahn macht. Den Vogel schießt aber ohne Frage Verona Feldbusch ab. Die hat ja von Natur aus schon einen extremen Nervfaktor, aber daß sie auch noch Werbung für irgendsone Auskunftshotline machen darf, ist eigentlich einen eigenen Paragraph im Strafgesetzbuch wert. Ebenfalls mächtig nervig, obgleich noch Welten besser als Verona, ist Thomas Gottschalk bei seinen Postwerbespots. Mir ist wurscht, daß ich Pakete nach Amerika oder sonstwohin schicken kann. Wichtiger wäre, daß die Postfiliale bei uns um die Ecke brauchbare Öffnungszeiten hätte.

Daß Gottschalk es besser kann, beweist die Haribo-Werbung, womit wir beim sehr kurzen Abschnitt zum Thema gute Werbung sind. Haribo benutzt seit ewigen Zeiten den gleichen Werbeslogan, den nun wirklich jedes Kind kennt, und der Thomas darf dumme Sprüche reißen. Einen ebenfalls recht coolen Spruch bringt derzeit auch Renault in dem Werbespot auf dem Golfplatz. Daß ein Auto von Renault besser als Golf ist, würde ich ja noch einsehen, vielleicht sogar, daß ein Renault besser als der Golf von Volkswagen ist – aber potthäßlich bleibt die Karre trotzdem.

Richtig gelungene Werbung ist seltener als ein Sechser im Lotto. Vor Jahren gab es mal diese eine Werbung von Opel, wo so ein Knirps in Windeln demonstrierte, wie der Allradantrieb funktioniert. In der Ebene lief der Bengel auf beiden Beinen (also quasi Zweiradantrieb). Dann kam eine Schräge, und intuitiv krabbelte er auf allen Vieren. Genial einfach und einfach genial.

Aber zurück zum MediaMarkt. Die beschreien ihr 25jähriges Bestehen, bewerben allerhand Elektronik, die man anderswo auch nicht teurer und ohne Rummel kriegt und lassen am Ende so eine Göre „Einkaufen, marsch, marsch!“ brüllen. Auf dieses Kommando hab ich beim Bund das erste und letzte Mal gehört, darum heißt es für mich nicht „MediaMarkt marsch, marsch!“ sondern „MediaMarkt leck mich am A****!“

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