Kategorien

Archive

Kalender

August 2004
M D M D F S S
 1
2345678
9101112131415
16171819202122
23242526272829
3031  

Warum – mehr als nur ein Fragewort

3. August 2004, 00:00 Uhr von Uwe

Warum schreibe ich das hier? Nun, ich wachte eines Nachts auf – gut, eigentlich war es sieben Uhr morgens und die Sonne schien mir ins Gesicht, womit auch klar ist, warum ich nicht wieder einschlafen konnte. Wie ich mich dann so von einer Seite auf die andere wälzte, stellte ich irgendwann fest, daß ich über zahlreiche mehr oder weniger unwichtige Dinge nachgrübelte. Und wie ich da so grübelte, ob ich lieber später oder noch später aufstehen sollte, formte sich langsam ein riesengroßes Fragezeichen zwischen meinen Ohren. Die zu diesem Fragezeichen gehörende Frage aller Fragen lautete schlicht und ergreifend „Warum?“ Warum lag ich früh um sieben wach im Bett und grübelte darüber nach, warum ich früh um sieben im Bett lag? Und was ist eigentlich Rekursion? Jedenfalls fielen mir dann nach und nach noch ganz andere Zusammenhänge auf, die ich jetzt hier einfach mal ungeordnet hinschreiben will.

Welche Fragen gibt es denn überhaupt? Was? Wo? Wann? Wie? Wer? Und eben Warum? Die ersten sind meistens recht einfach zu beantworten, wie man in jedem Krimi wieder vorgeführt kriegt: Was ist passiert? Ein Mord. Wo wurde das Verbrechen begangen? Klar, am Fundort der Leiche (oder auch nicht, aber das kriegen die Ermittler auch schnell raus). Wann und wie ist es passiert? Dank Gerichtsmedizin kein Problem. Die Frage nach dem Täter ist dann schon eher interessant, aber der Kreis der Verdächtigen ist meist recht überschaubar, sonst dauert die Suche länger als es die Sendezeit erlauben würde. Nur die Frage nach dem Tatmotiv läßt den Drehbuchschreibern noch kreativen Spielraum, der dann auch entsprechend ausgenutzt wird, wodurch die meisten Krimis mal eben die Einführungsvorlesungen in Psychologie ersetzen. Unterhaltsamer als die Vorlesungen, aber als Fernsehunterhaltung irgendwie ungeeignet. Das erklärt vielleicht auch, warum Krimis teilweise so unterhaltsam wie Unterwasser-Mikado sind. Huch, da ist ja schon wieder ein warum aufgetaucht – hätte ich vielleicht anders formulieren sollen.

Und damit sind wir schon beim nächsten Punkt: Die Frage nach dem Warum scheint so elementar wichtig zu sein, daß es in der deutschen Sprache gleich mehrere Wörter mit der gleichen Bedeutung gibt: Wieso? Weshalb? Weswegen? Für Wo? oder Wann? gibt es keine anderen Fragewörter. Aber warum ist das so? Wollte ein Lehrer seinen Schülern mehr Möglichkeiten zu geben, den Ausdruck zu verbessern? Brauchte ein Dichter ein passendes Wort für einen Reim? War es irgendein geplagtes Elternteil irgendwann mal leid, von Sohnemann ständig der kindlich-naiv bohrenden Frage „Und warum?“ bombardiert zu werden?

A propos: Warum fragen Kinder eigentlich ständig nach dem warum? Vermutlich weil sie lernen wollen. Und weil sie mit der Antwort „Das ist eben so“ nix anfangen können. Denn es gibt nun mal keine dummen Fragen, sondern nur dumme Menschen, die als Kind nicht gefragt haben – oder mit dummen Antworten abgespeist wurden, nach dem Motto „Warum ist Banane krumm?“ „Weil keiner in den Urwald zog, und die Banane grade bog. Denn wenn die Banane grade wär, wär es keine Banane mehr“. Ja was zum Henker wär sie denn dann? Und so wird man dann als Dreikäsehoch verarscht… Dabei ist das Beantworten dieser ansich einfachen kindlichen Fragen gar nicht so einfach. Nicht umsonst erfreut sich die Sendung mit der Maus seit Jahrzehnten großer Beliebtheit, und das nicht nur bei Kindern.

Aber auch in der Wissenschaft allgemein ist die Frage nach dem warum essentiell: Warum wissen wir zum Beispiel etwas über die Gravitation? Weil Newton ein Apfel auf die Birne gefallen ist. Anstatt aber nun Apfelbäume als Terrorwerkzeug zu verbieten oder den Apfel einfach zu essen, fragte Newton sich (und vielleicht ein paar andere), warum der Apfel da so unmotiviert runtergefallen war, anstatt in der Luft zu schweben und sich einfach pflücken zu lassen. Das gleiche galt für Archimedes, als der seine randvolle Badewanne zum Überlaufen brachte. Der hat in diesem Augenblick bestimmt nicht daran gedacht, eine Apfeldiät zu machen oder das Wasser aufzuwischen. Der nahm erstmal in Ruhe sein Bad und fragte sich nebenbei, warum das Wasser übergelaufen war. Und wie er fertig war mit Baden und nebenbei die Lösung gefunden hatte, flitzte er auf die Straße und freute sich, als hätte Griechenland gerade die Europameisterschaft gewonnen. Bei anderen Entdeckungen war es ähnlich. So hat man viele Naturphänomene erklären können, und irgendwann war die Erde tatsächlich keine Scheibe mehr. Spätestens bei der Erklärung von Schwarzen Löchern hörts dann allerdings mit der wissenschaftlichen Erklärbarkeit bislang auch auf.

Aber auch bei viel profaneren Sachverhalten beißt man sich oft die Zähne aus: Warum ist am Ende des Geldes immer noch so viel Monat übrig? Warum sind Computer manchmal indeterministisch? Warum gibt es in der Mensa nur geschmacklose Kartoffeln? Warum ist das Wetter immer so, wie man es gerade nicht haben will? Warum bin ich so ein komischer Vogel? Und warum frage ich mich das alles, anstatt mir meine Zeit mit sinnvolleren Dingen zu vertreiben? Warum schreibe ich das hier alles auf, wenn es dann doch keiner liest (sollte das hier trotzdem noch jemand lesen: Danke!)?

Fragen über Fragen – und warum gibt es keinen, der sie zufriedenstellend beantwortet?

Einen Kommentar schreiben