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Album der Woche

28. November 2023, 22:55 Uhr von Uwe

Letzte Woche waren wir im Jahr 1983 unterwegs, diese Woche knüpfen wir direkt daran an und springen – so wie mein Lieblingsdoktor – kreuz und quer durch die Zeit. Warum? Weil die heute zu besprechende Truppe erstaunlich viel Krach produziert hat, der in diesem Jahr runde oder halbrunde oder semi-eckige Jubiläen feiert.

Die Band der Woche wurde – ich habs letzte Woche erwähnt – maßgeblich von Mercyful Fate beeinflusst und hat außerdem einen Typen aus Dänemark dabei, der eigentlich Tennisprofi hätte werden können, dann aber doch nur Schlagzeuger in der größten Metalband Amerikas wurde. Richtig, Lars Ulrich, und entsprechend geht es heute um Metallica. Und weil das beste zum Schluss kommt, springen wir heute mal rückwärts durch die Zeit und arbeiten uns zum Urknall vor.

Vor inzwischen auch schon wieder 15 Jahren erschien „Death Magnetic„, was aber vor lauter Riffs die Songs vermissen ließ (so jedenfalls das von einem guten Kumpel (Hallo Björn) aus einem Gespräch mit J.B.O. kolportierte Fazit). Die Songs allesamt überlang, außerdem mies komprimiert und somit mit einem fies schlechten Klangbild verhunzt – man könnte meinen die Band wolle die Fehler aus einem 20 Jahre vorher erschienenen Album (da kommen wir gleich noch dazu) wiederholen. Nicht der größte Knaller im Katalog der Band, aber auch nicht der größte Rohrkrepierer.

Einen guten Kandidaten für letzteres lieferten die Jungs 2003 ab, inzwischen also auch schon wieder vor 20 Jahren. „St. Anger“ wurde ob der absolut unterirdischen Produktion völlig zurecht komplett verrissen. Der eigentlich recht brauchbare Titelsong leidet besonders darunter, live hingegen war die Nummer um Welten besser, als ich sie um 2014 herum beim Rock im Park sah (war damals auch ’ne bessere Show als zwei Tage später Iron Maiden). Die Songs kranken jedenfalls wieder am allgemeinen Problem der Riff-Überladung, zu viel, zu lang, zu wenig stringentes Songwriting. Vielleicht nicht der allergrößte Stinker im Katalog, aber nicht weit weg davon.

Hüpfen wir also in die Phase, als Metallica noch richtig Metal waren, also vor dem Schwarzen Album. Im Jahr 1988 erschien „…And Justice For All„, das erste volle Album nach dem Unfalltod von Basstier Cliff Burton. Auf eben dieses Album bezog ich mich zwei Absätze weiter oben – die Songs sind allesamt überlang, enthalten n+1 Riffs und Tempiwechsel und alles leidet unter einer echt miesen Produktion mit quasi nicht vorhandenem Bass. Das ist umso schlimmer, weil die Songs eigentlich großes Kino sind – fast nur Klassiker, die live immer gut dabei sind. Der Überklassiker ist natürlich One (die Antikriegsthematik ist heute mal wieder aktueller denn je ist) – damit fanden Metallica erstmals auf MTV statt und setzten zum ganz großen Sprung an, der drei Jahre später mit dem schwarzen Album vollzogen wurde. Das Album gehört in jede gut sortierte Sammlung, die Produktion muss man sich halt schönhören.

Hüpfen wir weiter zum Urknall: 1983 wars, als Metallica ihr Debüt „Kill ‚Em All“ auf die Menschheit losließen. Metal-Historiker deuten dies als Geburtsstunde des Thrash-Metal, und die Anzahl der von diesem Album nachhaltig beeinflussten Bands ist ziemlich unüberschaubar. James Hetfield klingt hier am Mikro noch völlig anders als auf späteren Alben, dafür sägen die Gitarren umso dramatischer, Cliff Burton pumpt am Bass (inkl. Solospot in (Anesthesia) Pulling Teeth) und Lars Ulrich galoppelt an den Drums in wild überschlagendem Tempo hinterher. Die Songs sind durch die Bank Klassiker, teilweise noch von einem gewissen Dave Mustaine komponiert (der nach seinem alkoholbedingten Rauswurf Megadeth gründete und seitdem den ursprünglichen Thrash Metal spielt, während Metallica den Sound immer wieder in andere Richtungen veränderten). Überlange Songs gibts hier bis auf The Four Horsemen nicht (und der ist nicht lang nur um lang zu sein, sondern hat eine brauchbare Struktur), die meisten anderen Nummern kommen in übersichtlichen vier Minuten auf den Punkt und stellen dabei Geschwindigkeitsrekorde auf (Hit The Lights, Motorbreath und Whiplash). Auf der zweiten Seite geht es tendenziell ausladender zu, der Klassiker auf der Seite ist Seek And Destroy. Von den bislang genannten Alben das mit Abstand relevanteste.

Zum abschließenden Abschluss (das soll so, auch wenn sich des Deutschlehrers Zehennägel aufrollen sollten) ist noch ein Abstecher ins Jahr 1998 notwendig, denn hier schließt sich nun der Kreis in Richtung Mercyful Fate: Mit „Garage Inc.“ veröffentlichten Metallica ein ausgesprochen cooles Coveralbum. Sie hatten schon früher in ihrer Karriere immer wieder Coverversionen auf Singles untergebracht, Mitte der 80er nach dem Tod von Cliff Burton eine Cover-EP mit dem damaligen Neu-Basser Jason Newsted und dieses ganze rare und gesuchte Material erschien nun gebündelt auf einer CD, zusammen mit einer zweiten CD mit neuen Cover-Songs.

Die Auswahl der Songs ist dabei ziemlich erlesen: Fangen wir mal mit der zweiten CD an, da versammeln sich Songs aus der sogenannten New Wave Of British Heavy Metal (NWOBHM) aus den frühen 80ern, die Metallica entscheidend beeinflussten – das sehr lesenswerte Booklet geht detailliert darauf ein, wie die Band in ihren Anfangstagen einen Großteil ihrer Liveauftritte mit Coverversionen von Diamond Head bestritt. Die Royalties für Helpless und Am I Evil? bezahlen den Jungs von Diamond Head noch heute die Rechnungen. Dann gibts noch Sachen wie Last Caress/Green Hell (Misfits), Stone Cold Crazy (Queen) und natürlich das superböse So What (Anti-Nowhere League). Diese Nummern werden auch live gerne mal für den Zugabenblock ausgepackt. Ebenfalls auf dieser CD langen vier Songs von Motörhead, nämlich Overkill, Damage Case, Stone Dead Forever und Too Late Too Late. Und Motörhead geht ja wohl sowieso immer.

Und damit sind wir bei der ersten Scheibe des Doppelalbums, denn hier finden sich neue Coverversionen: It’s Electric (nochmal Diamond Head), Die Die My Darling (nochmal Misfits) und Free Speech For The Dumb (Discharge) sind kurze Eruptionen, eher langsam getragen kommen Turn The Page (Bob Seger), Loverman (Nick Cave) und Tuesday’s Gone (Lynyrd Skynyrd) daher. Größter Hit der Scheibe wurde das wild umarrangierte Whiskey In The Jar (kennt man von Thin Lizzy), sehr cool ist außerdem Astronomy (Blue Öyster Cult) und Sabbra Cadabra (Black Sabbath, und hier ohne den psychedelischen zweiten Teil). Ich hab immer noch nicht Mercyful Fate erwähnt – die werden mit einem elfminüten Medley gewürdigt, dass das halbe Album der letzten Woche beinhaltet.

Fazit: Das Album zeigt nachdrücklich, welcher Krach Metallica inspiriert hat und gehört damit witzigerweise sogar zu den besten Albumveröffentlichungen der Bandgeschichte.

 

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