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Mehr Seen am Matterhorn

8. Oktober 2023, 14:35 Uhr von Uwe

Nachdem der vorherige Tag in erster Linie aus Rumsitzen und Landschaft glotzen bestand, war nun wieder Wandern und Landschaft glotzen angesagt. Und Landschaft hat es ja rund um Zermatt ziemlich im Überfluss. Ziel des Tages war dabei der 5-Seen-Wanderweg. Der verläuft oberhalb von 2000m östlich von Zermatt und verbindet – der Name lässt es vermuten – fünf kleine Bergseen miteinander. Unterwegs hat man dabei dann Aussicht bis zum Horizont, wobei der in diesem Fall nur etwa 5 km bis zum nächsten Berggipfel reicht.

Der Tag begann erstmal mit Aufstehen und Matterhorn bestaunen – früh morgens wird es auch noch schön von der Sonne angestrahlt, das hat schon was. Danach ging es zum Frühstück – diesmal nur zwei Etagen nach unten, dafür dann aber nochmal 100m bis ins Nachbargebäude. Das Buffet ließ keine Wünsche offen, alle erdenklichen Arten Wurst und Käse, Honig, Marmelade und sonstiger Süßkram, sowie ein halbes Dutzend Pfannen mit Rührei, Würstchen, gebratenem Speck, Bratkartoffeln und allem was man sonst so in sich hineinschaufeln kann, um danach statt Wanderlust nur noch Fresskoma zu verspüren. Ich begnügte mich also mit leichter verdaulichen Zutaten und spülte mir reichlich Kaffee und O-Saft nach.

Ran an den Berg, rauf auf den Berg

Gut gestärkt ging es gegen halb neun dann mal los. Zermatt liegt auf etwa 1670m, der Wanderweg beginnt rund 700m höher. Da ich überhaupt keine Motivation hatte, mich da hoch zu schleppen (hatte ich die Wettervorhersage schon erwähnt?) führte mich der erste Weg also zu einer Standseilbahn. Die ist in(!) den Berg hineingebaut und fährt dann bis auf 2200m nach oben. So werden im Winter auch die ganzen einzeln und doppelt bebretterten Bergrunterfahrer nach oben transportiert. Oben kommt man an der Station Sunegga raus, von da kann man den Wanderweg beginnen – oder man fährt mit einer Seilbahn nochmal 300m nach oben und geht den Weg dann in umgekehrter Richtung. Letzteres war der Plan, denn dann steigt man von 2500m auf 2200m ab. Zwischendrin gehts trotzdem noch ordentlich hoch und runter, aber diese Richtung ist die empfohlene, und wer bin ich, mich nicht an Empfehlungen zu halten 😉

Also für ordentlich Geld einen Fahrschein erworben (der Swiss Travel Pass bietet immerhin 50% Rabatt, aber die Bergbahnen lassen sich das natürlich trotzdem gut was kosten) und eingestiegen. Im Berg wars tatsächlich auch noch recht zugig und kühl, da brauchte man tatsächlich eine Jacke – im Tal war ja um die Zeit auch noch keine Sonne angekommen. Die Fahrt selbst ist dann halt wie im Fahrstuhl, nur eben schräg nach oben. Danach hieß es umsteigen in die Seilbahn, hier hätte man schon mal atemberaubende Aussicht gehabt, wenn die Scheiben weniger zerkratzt gewesen wären. Die Murmeltiere habe ich jedenfalls nur gehört, aber nicht gesehen.

An der Station Blauherd könnte man (passendes Ticket vorausgesetzt) noch weiterfahren bis zum Rothorn auf über 3100m. Da hatte ich mir die Umgebung vorher mit Google Earth angeschaut und festgestellt, dass da oben dann gar nix mehr ist außer Schotterwüste, und wandern kann man da auch nix mehr, das ist was für die Wintertouris, da führen dann entsprechende Pisten runter ins Tal. Also ließ ich das Rothorn links liegen, schmierte mich mit Lichtschutzfaktor ein und los ging es bei allerschönstem wolkenlosen Sonnenschein in Richtung des ersten Sees.

See #1 – Stellisee (2538m)

Bevor es so richtig losging, waren erstmal n+1 Fotos der Sorte „belangloser Vordergrund vorm Matterhorn“ notwendig. Da steht dort auch extra eine Sitzbank mit Holzherzchen als Rahmen, wo man sich dann verewigen kann. Da ich nicht der einzige arme Irre Wanderer da oben war, entstanden da auch entsprechende Fotos von „Uwe auf Holzbank vor Matterhorn“ (hier und hier). Blöderweise guckt man da beim Knipsen natürlich genau in die grad über den Bergen aufsteigende Sonne.

Nun gings also dann doch endlich mal los. Der Weg bis zum Stellisee ist kurz und problemlos zu laufen, doof ist höchstens die Morgensonne von vorn und die Tatsache, dass man keine Aussicht aufs Matterhorn hat. Das ist aber schon Meckern auf hohem Niveau, immerhin hat man Aussicht auf andere 4000er und einen Gletscher.

Am See angekommen stapelten sich schon die Wanderer, ich fand dann trotzdem einen Punkt, wo ich das unvermeidliche Foto „Matterhorn mit Seespiegelung“ machen konnte (ja, ich hätte das Bild noch graderichten können, so what?).

See #2 – Grindjisee (2334m)

Der nächste See liegt 700m weiter und mal eben 200m tiefer – daraus folgt, dass die Wanderstrecke deutlich länger ist als nur 700m, weil man mehrere Haken schlagen muss. Auf der Höhe besteht die Landschaft ja in erster Linie aus Geröll und Schotter, da kann man nicht einfach mal querfeldein den Berg runter. Also kann man schon, aber auch nur einmal im Leben. Dafür läuft man beim Abstieg nun wieder Richtung Westen, d.h. Sonne im Rücken (gut für gleichmäßige Verteilung des Sonnenbrands, hrhr) und Blick Richtung Matterhorn. Und bei schöner Aussicht macht das Wandern doch gleich viel mehr Spaß.

Es ging also gleichmäßig bergab, dann wurde nochmal ein Haken geschlagen und am See angekommen wachsen sogar Bäume, weil es wohl eine relativ windgeschützte Lage ist. Auch da entstand ein schiefes Foto, außerdem war Zeit für eine Pause und etwas Verpflegung.

See #3 – Grüensee (2330m)

Ja, der See schreibt sich wirklich so komisch. Der Weg dahin entpuppte sich als eher anstrengend, obwohl es netto quasi keine Höhendifferenz zum vorherigen See ist. Man muss nämlich erstmal 50m absteigen, über eine Brücke über einen Bergbach und dann wieder ein Stück hoch. Das ist ansich auch alles kein Drama, man kann es sich aber auch schwieriger machen, und genau das tat ich, weil warum einfach wenn es auch kompliziert geht.

Ich hatte direkt nach der Brücke den Wegweiser falsch interpretiert (5-Seen-Weg schräg nach rechts). Da lief ein Weg schräg nach rechts, da lief aber auch ein zweiter Weg schräg nach rechts. Und ich nahm den falschen. Der Weg führte steil bergab. Am nächsten Wegweiser angekommen wurde mir mein Fehler bewusst, da war ich aber auch schon 50m abgestiegen, die ich nun wieder hochkraxeln musste. Das ist der Laune dann mal eben wenig zuträglich, steigert aber den Blutdruck und den Puls.

Ich kam dann trotzdem am See an, dort war schon großer Auftrieb, ein paar ganz Harte waren am Schwimmen im eiskalten Gletscherwasser, andere saßen nur so herum und sonnten sich (die Temperatur hatte inzwischen die zwanzig Grad locker geknackt und strebte weiter nach oben). Das Seewasser machte dem Namen aber so rein farblich alle Ehre. Das war ohnehin spannend, dass jeder See so von der Wasserfarbe her anders aussah.

See #4 – Mossjesee (2139m)

Nun verlief der Weg breit und leicht absteigend in Richtung des tiefstgelegenen Sees der Runde. Hier wuchsen nun zumindest an windgeschützten Ecken auch wieder Bäume, die hin und wieder etwas Schatten boten. Der Weg selbst war im ersten Abschnitt breit und auch für Radfahrer benutzbar, danach biegt man in ein steileres Geläuf ab, überquert den gleichen Bach wie zwischen See #2 und See #3 nochmal und kann dann weiter gemütlich abwärts marschieren.

Der Mossjesee ist der einzige See, wo nix mit Spiegelung vom Matterhorn ist, das Wasser ist milchiges Gletscherwasser. Dieser See ist auch künstlich angelegt und dient als Speichersee der Stromerzeugung. Sieht aber auch ohne Spiegelung mächtig beeindruckend aus.

See #5 – Leisee (2232m)

Man kann nun vom Mossjesee auch nach Zermatt runtermarschieren, damit tut man aber seinen Knien eher keinen Gefallen. Außerdem heißt der Weg ja 5-Seen-Wanderung, nicht 4-Seen-Wanderung. Also war nun ein kurzer, aber knackiger Anstieg zu bewältigen. Es sind nur rund 700 Meter, aber es geht eben auch 100m nach oben. Das brachte mich dann doch ziemlich aus der Puste, zumal die Mittagssonne auch ordentlich runterknallte. Aber – ohne Fleiß kein Preis, und zumindest hatte ich mir dann mein Abendessen verdient.

Inzwischen hatte sich nun doch die bekannte Wetterfahne am Matterhorn gebildet. Es zeigte sich wieder einmal: Für wolkenfreies Matterhorn muss man früh aufstehen und möglichst schon gegen 9 Uhr oben auf dem Berg (Gornergrat bzw. Station Sunegga) sein.

Am Leisee angekommen staunte ich über Schrödingers Badeverbot – da stand ein Schild „Baden verboten“ direkt neben einem Schild „Baden erlaubt“. Ja also was denn jetzt? Gut, mir wäre das Wasser eh zu kalt gewesen, außerdem hatte ich keine Badehose dabei. Einige Unentwegte ließen sich vom kalten Wasser jedenfalls nicht abschrecken. Ich hingegen machte nun nochmal Fotos von Matterhorn und Aussicht – am Leisee steht man quasi direkt an der Kante und hat fantastischen Blick hinunter Richtung Zermatt und auf die ganze 4000er-Kette westlich von Zermatt.

Zurück ins Hotel

Einige Fotos später ging es zurück zur Station Sunegga – die liegt praktisch gleich neben dem Leisee. Von hier ging es nun wieder mit der Standseilbahn hinunter nach Zermatt. Anstatt jetzt auf kürzestem Weg zurück ins Hotel zu stiefeln, vertrat ich mir erst noch ein wenig die Beine in Zermatt. Abseits der Touriströme gibt es da nämlich noch richtig urtümliche Ecken. Ebenfalls interessant ist ein Abstecher auf den Bergsteigerfriedhof neben der Kirche. Anschließend ließ ich mich die Bahnhofsstraße runtertreiben bis zum Bahnhofsplatz, dort gibt es nämlich einen Supermarkt, und der hat täglich inklusive Sonntags geöffnet. Ich deckte mich mit neuen Getränken ein und stakste nun doch zurück ins Hotel. Die Temperaturanzeige an einem der Gebäude sagte inzwischen etwas von 28°C  – auf 1650m Höhe wohlgemerkt.

Da es noch relativ früh am Nachmittag war wurde nach einer kurzen Pause nun noch der Hotelpool aufgesucht. Sehr schicke Sache, 25m Becken, Jacuzzi, alles was man so brauchen kann. Und sogar ziemlich leer, so dass man ungestört ein paar Bahnen schwimmen konnte. Tatsächlich war die Schwimmerei aber arg anstrengend, ich merkte nämlich jetzt erstmal so richtig, wie fies verspannt meine Beinmuskulatur war (ich war nach dem Urlaub deswegen noch beim Doc, der mich zum Physio schickte – da darf ich jetzt noch ein paar Mal hin, so langsam wirds auch wieder besser). Da hab ich es mit der Wanderei wohl insgesamt doch etwas übertrieben… aber wenn man schon mal in der Gegend ist, muss man das mitnehmen, so schnell komm ich nicht wieder da vorbei, und wer weiß ob dann so gutes Wetter ist.

Tagesabschluss

Nach einigen Bahnen und einer Runde im Jacuzzi schnarchte ich noch eine Runde, bevor es dann recht pünktlich nochmal ins Getümmel ging, um einen guten Platz zum Futtern zu finden. Auswahl gibt es reichlich, allein ist es aufgrund der schieren Touristenmassen echt schwierig einen Platz zu kriegen, wenn man nicht superpünktlich da ist oder reserviert hat. Und dann kann es eben auch sein, dass man direkt an der Straße sitzt und jeder vorbeilaufende Typ Dir auf den Teller guckt.

Ich fand dann einen guten Platz etwas abseits der Hauptstraße und gönnte mir ein Cordon Bleu – ausgesprochen lecker und auch preislich im Rahmen. Runtergespült wurde ausnahmsweise mal mit Bier. Das schmeckte zwar gut, wollte aber mitten in der Nacht wieder raus, was meine Nachtruhe nachhaltig störte. Daher blieb es das einzige Bier des Urlaubs.

Für den letzten Wandertag des Urlaubs war nun noch eine ziemlich kurze Wanderung geplant, aber das kam dann doch alles ganz anders. Aber das ist Thema für den nächsten Eintrag hier.

Fazit: Die 5-Seen-Wanderung ist sehr zu empfehlen, fantastische Landschaft und überhaupt. Und wenn man sich nicht grad wie ich zu dämlich zum Wegweiser lesen anstellt ist es auch für ungeübtere Wanderer machbar, was die Kondition angeht. Nur der Anstieg am Abschluss ist wirklich ätzend.

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