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Album der Woche

28. Oktober 2022, 17:07 Uhr von Uwe

Wir bleiben im Jahr 1977 und kommen zu einer Albumbesprechung auf die ich mich schon seit Wochen freue, weil ich endlich mal einen schönen Verriss produzieren kann. Und das, obwohl das Album ein großer Klassiker von einer meiner absoluten Lieblingsbands ist. Allerdings hat das Album mindestens zwei fiese Fehler – beziehungsweise gibt es da Punkte, die ich einfach mal doof finde.

Ohne weiteres blabla mal die technischen Eckdaten: Das Album der Woche ist „News Of The World“ von Queen. Es war das sechste Studioalbum der Bandgeschichte und nach dem Doppel „A Night At The Opera“ / „A Day At The Races“ eine gewisse Abkehr vom völlig durchgeknallten stilistischen Overkill. Stattdessen geht es hier größtenteils betont rau und rockig zur Sache. Das kann man im Kontext der Entstehungszeit betrachten: Punk war der Krach der Stunde, die Sex Pistols hatten gerade erst das 25. Thronjubiläum von Queen Elizabeth gesprengt (mehr dazu nächste Woche). Hier Johny Rotten und Sid Vicious, die mit No Future schockieren, da ein Freddie Mercury, der in Ballerinas über die Bühne stolziert – größer könnten die Unterschiede kaum sein. Auf jeden Fall hatte das also stilistische Auswirkungen. Die Bands begegneten sich nebenbei auch im Studio, und das Debütalbum der Pistols erschien am gleichen Tag wie „News Of The World“. Da gab es dann im Studio diverse Begegnungen der dritten Art – der Wikipedia-Artikel enthält mehr Infos.

Elf Songs wurden aufs Album gepackt, und die gehen wir jetzt mal ungeordnet durch. Erstes Highlight ist Sheer Heart Attack, der Song, der drei Alben vorher Titelstück des gleichnamigen Albums hätte sein können. Der Song ist einer der schnellsten und wildesten der Bandgeschichte und demonstriert wie Punk klingen würde, wenn ihn Leute spielen die ihre Instrumente beherrschen 😉 Direkt danach folgt das volle Kontrastprogramm in Form der Pianoballade All Dead, All Dead. Nur Freddie und Klaviertöne, erinnert schwer an Love Of My Life, nur in trauriger. Drittes Highlight der ersten Seite ist die Halbballade Spread Your Wings, die es leider nie zu größeren Live-Ehren gebracht hat, dafür aber 15 Jahre später von Blind Guardian gecovert wurde. Fight From The Inside als letztes Stück der ersten Seite und Get Down, Make Love als Auftakt der zweiten Seite sind dann in der Tat ziemlich verzichtbar.

Sleeping On The Sidewalk geht irgendwie auch nicht als Highlight durch, ebensowenig wie Who Needs You. Das einsame Highlight der zweiten Seite ist It’s Late, der pompöseste, längste und theatralischste Song des Albums. Blöderweise war der Nummer auch keine größere Karriere vergönnt. Den Abschluss des Albums liefert My Melancholy Blues, der ein ebensolcher ist und wie All Dead, All Dead als Pianonummer daherkommt.

Und damit sind wir bei den zwei bis drei Kritikpunkten die ich an dem Album habe: Erstens sind die Songs in der Summe deutlich schwächer als auf den vorherigen Alben. Songs vom Format Bohemian Rhapsody oder Somebody To Love gibt es hier einfach mal nicht, am ehesten kommt noch It’s Late da ran. Zweitens ist die Songzusammenstellung auf dem Album irgendwie unausgewogen, das hätte man ganz anders machen sollen. Zum Beispiel hätte man nicht gleich die ersten zwei Songs des Albums als Doppel-A-Seiten-Single auskoppeln sollen. Die hätten ans Ende der Scheibe gehört, als abschließendes Highlight.

Die ersten beiden Songs als Single? Ach richtig, die hab ich ja noch gar nicht erwähnt. Mit was? Mit voller Absicht. Denn diese zwei Songs sind mal eben die bekanntesten Songs der Bandgeschichte, aus keinem Fußballstadion wegzudenken und inzwischen populärmusikalisches Allgemeingut geworden, so bekannt dass selbst ein animiertes Bild den einen Song beschreibt und bei uns auf Arbeit im Waschraum gezeigt wird, wie man sich zum anderen die Hände waschen soll… Die Rede ist – man wirds erraten haben – von We Will Rock You und We Are The Champions. Das sind ja nun tatsächlich zwei der größten Stadionhymnen aller Zeiten, und sie überstrahlen direkt als Auftakt mal eben das ganze Album.

Fehler Nummer drei ist mir erst in diesem Jahr so richtig klargeworden: Live haben Queen nämlich We Will Rock You jahrelang in zwei Varianten gespielt. Am Ende des Konzerts in der bekannten Variante, und als Auftakt in einer „schnellen“ Version, die aber eigentlich nur schnell klingt, aber gar nicht so schnell ist, dafür aber rockt ohne Ende. Im Übrigen wurde sie erst in diesem Jahr von Udo Dirkschneider gecovert. Was ich jahrelang nicht wusste: Es gibt eine Studioaufnahme dieser Version. Und damit hätte man das Album so richtig umkrempeln können: Die schnelle Version von We Will Rock You an den Anfang der ersten Seite, Sheer Heart Attack an den Anfang der zweiten Seite, dafür einen der Lückenfüller aus der Albummitte weg und ans Ende des Albums dann das bekannte We Will Rock You/We Are The Champions-Doppel als Rausschmeißer. Das würde die Scheibe meiner Meinung nach erheblich aufwerten. Aber heutzutage ist das eh egal, da bastelt man sich ja mit Spotify und Co eh seine eigenen Playlisten.

Fazit: Die ersten beiden Songs sind Weltkulturerbe, weitere vier Songs sind gut bis sehr gut, und über die drei Lückenfüller reden wir einfach nicht, da haben Queen später noch ganz anderen Schrott produziert. Aber wenn einer Bohemian Rhapsody und We Are The Champions schreibt, dann kann man ihm auch einige Schrottsongs verzeihen (die Diskoanwandlungen der frühen Achtziger zählen aber nicht dazu, weswegen „Hot Space“ in dieser Reihe nicht erwähnt werden wird, obwohl es dieses Jahr runden Geburtstag feiert).

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