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Album der Woche

31. März 2022, 20:42 Uhr von Uwe

Neue Woche, altes Album. Diese Woche geht es ins tiefste Sachsen, denn da trugen sich kurz nach der letzten Eiszeit erstaunliche Dinge zu.

Nein, ich meine damit nicht dass sich August der Starke an einem Stück Eierschecke verschluckte und auch nicht die Tatsache dass ich da vor ziemlich genau 15 Jahren ein Unidiplom in die Hand gedrückt bekam. Die fragliche Geschichte fand Ende Mai 1995 statt, da war ich nämlich im tiefsten Sachsen auf Klassenfahrt unterwegs, und abends saßen wir in einer lustigen Laberrunde mit unserem ziemlich coolen Klassenlehrer zusammen – wir mit Limo und Cola, die Lehrer mit nem Bier. Und im Hintergrund gabs dazu Krach ausm Lehrerfundus. Das klang für mich damals alles noch ziemlich gleich und konkret kann ich mich auch nur noch an zwei Bands erinnern, d.h. eigentlich eher an einskommafünf Bands. Die eine war AC/DC, und die andere hatte eine CD mit einem ziemlich schicken Cover. Und um letzteres Album gehts heute.

Besagtes Cover ist in dunklen Blautönen gehalten und zeigt ein Lagerfeuer im Wald mit ein paar komischen Gestalten, die sich offenbar interessante Geschichten erzählen. Und obendrüber prangt ein fetter Schriftzug des Bandnamens. Musikalisch blieb mit nur ein fetter Chor im Gedächtnis, der irgendwas mit „Asche zu Asche, Staub zu Staub“ proklamierte. Es dauerte noch einige Jahre, bis ich dahintergestiegen war, dass die Truppe Blind Guardian heißt, das Album auf den Titel „Somewhere Far Beyond“ hört und Ashes To Ashes nicht die beste Nummer der Scheibe ist. Auf jeden Fall sind wir nun nach viel Einleitung endlich beim Album der Woche angekommen.

Das vierte Album der Bandgeschichte enthält 10 Songs plus diverse Bonustracks. Der Stil variiert dabei deutlich stärker gegenüber dem doch recht eng begrenzten Speed Metal der ersten Alben und deutet an, welchen bombastischen Stil sie auf den folgenden Alben beschreiten würden. Das Album ist somit eine ziemliche Wundertüte zwischen superschnellen Songs, bombastischen Epen und eher balladesken Tönen. Aber der Reihe nach:

Das Album wird eröffnet von Time What Is Time, einer typisch schnellen Nummer mit dickem Chor im Refrain. Im Text gehts um Blade Runner. In die gleiche Kerbe haut das folgende Journey Through The Dark. Anschließend folgen zwei untypische Stücke, nämlich das knapp einminütige sehr experimentelle Black Chamber und das sehr orchestral angelegte Theatre Of Pain (eine spezielle Classic Version mit Orchestersound gabs als Bonussong, das waren so die ersten Gehversuche mit Orchestrierung, das wurde später wesentlich beeindruckender). An fünfter Stelle haben wir das mit einem epischen Refrain versehene The Quest For Tanelorn nach einer Fantasy-Buchvorlage. Relativ ähnlich ist das folgende Ashes To Ashes, ein episch angelegtes Stück mit erneut dickem Chor im Refrain und ein paar schnellen Gitarrensoli dazu.

Die einzige noch heute live gesetzte Nummer des Albums folgt an Stelle sieben. Dieses Stück war damals völlig untypisch, ist es doch ein kleines Lied mit sparsamer Wanderklampfeninstrumentierung und einem eskapistischen Lagerfeuertext. Trotzdem oder grade deswegen ist The Bard’s Song – In The Forest das wichtigste Stück jedes Blind Guardian Livekonzerts, denn da geben die Zuschauer den großen Chor, während die Band nur ein paar Gitarrenakkorde beisteuern braucht. Ist halt kein Heavy Metal, gehört aber definitiv dazu.

Die nächsten zwei Stücke sind eher Füllmaterial, nämlich The Bard’s Song – The Hobbit (warum auch immer der Titel so heißt) als eher generisches Stück mit einem Text um einen Hobbit (wer hätt’s gedacht) und The Piper’s Calling als knapp einminütiges Instrumentalstück mit Dudelsäcken. Das Grande Finale ist dann das Titelstück, gleichzeitig mit siebeneinhalb Minuten die längste Nummer des Albums. Hier verheiraten die Jungs den Speed Metal der früheren Alben mit dem epischen Stil, der die nächsten Alben bestimmen sollten. Leider wird der meiner Meinung nach stärkste Song des Albums live eher selten berücksichtigt – wobei die Band ja mehr als genug Auswahl hat.

Die Bonussongs umfassen zwei Coverversionen (Spread Your Wings von Queen und Trial By Fire von Satan) sowie den schon angesprochenen Classic-Mix von Theatre Of Pain – kann man machen, ist aber kein zwingender Grund für den Kauf des Albums.

Queen ist übrigens ein gutes Stichwort, denn 10 Jahre nach „Somewhere Far Beyond“ veröffentlichten die Gardinen ein Album mit dem schönen Titel „A Night At The Opera„, was natürlich direkt an das gleichnamige Album von Queen erinnert. Das Album war damals – ist ja inzwischen auch schon wieder 20 Jahre her – ziemlich umstritten aufgrund des überbombastisch überladenen Klangbildes und der ziemlich vollständigen Abkehr vom früheren Power/Speed-Metal. Die Songs waren auch ausgesprochen komplex und ziemlich lang, abgesehen von einigen wirklich gut ins Ohr gehenden Refrains.

Das zugänglichste Stück auf dem Album dürfte Battlefield und The Soulforged sein (erinnert am ehesten an den Power-Metal der späten 90er). Das große Highlight des Albums ist hingegen And Then There Was Silence, eine viertelstündige Tour de Force über den Krieg zwischen Griechen und Trojanern. Das ist musikalisch eine völlig andere Baustelle als die Frühwerke, aber andererseits haben sich Blind Guardian ja ohnehin mit jedem Album mehr oder minder komplett neu erfunden – wenn auch zugegebenermaßen nicht immer in einer für mich nachvollziehbaren Art.

Und nun werd ich mir mal ein paar gut abgehangene Epen reinziehen 🙂

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