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Album der Woche

3. Februar 2022, 19:48 Uhr von Uwe

Das Album der Woche wird auch schon wieder 45 Jahre alt, und zwar morgen. Und obwohl das Album zu einem der erfolgreichsten Megaseller in Nordamerika werden sollte wärs um ein Haar gar nicht entstanden…

Die Geschichte beginnt im London der 60er Jahre mit John Mayalls Bluesbreakers. Da spielte alles und jeder der irgendwie mal was werden sollte – in der Vita stehen u.a. Eric Clapton und Jack Bruce (beide später bei Cream), Mick Taylor (später Rolling Stones), Aynsley Dunbar (u.a. Frank Zappa) und auch Peter Green, John McVie und Mick Fleetwood.

Letztgenanntere drei gründeten um 1967 herum Peter Green’s Fleetwood Mac, und spielten Blues und Proto-Hardrock (z.B. Albatross oder auch das später von Judas Priest durch den Wolf gedrehte The Green Manalishi With The Two-Pronged Crown). 1970 war Peter Green draußen und Christine McVie, die Ehefrau von John mit drin. Diverse weitere Lineupwechsel folgten, und 1975 stießen schließlich Lindsey Buckingham und seine Freundin Stevie Nicks dazu. Der Sound hatte sich da schon lange vom Blues verabschiedet und poppig-rockigeren radiofreundlichen Klängen Platz gemacht. Und damit wären wir nun endlich beim Album der Woche, nämlich dem 1977er Fleetwood Mac-Album „Rumours„.

Die Umstände, unter denen die Aufnahmen stattfanden, kann man wohl als anstrengend beschreiben – die McVies hatten sich scheiden lassen und sprachen nicht mehr miteinander, Stevie Nicks und Lindsey Buckinham suchten ihr Glück bei wechselnden Affären und Drogen, Mick Fleetwood hatte ebenfalls Eheprobleme. Das alles beeinflusste natürlich Songwriting und Aufnahmen. Heraus kam jedoch etwas, was man mit Fug und Recht als Meisterwerk bezeichnen kann.

Elf Songs fanden sich auf der Scheibe, und jede der Nummern hat einen eigenen Eintrag in der englischen Wikipedia – das schaffen sonst nur Größen wie Led Zeppelin. Das Album wird eröffnet von Second Hand News, in dem Lindsey Buckingham das Ende seiner Beziehung zu Stevie Nicks thematisiert („I know there’s nothing to say, someone has taken my place“… „I’m just second hand news“). Ein schöneres „Fick dich“ wurde selten geschrieben (darauf kommen wir gleich nochmal zurück). Das folgende Dreams stammt von Stevie Nicks, die das gleiche Thema nun aus ihrer Sicht darlegt. Das Stück klingt dabei erheblich poppiger und tanzbarer, wenn man das so bezeichnen kann. An dritter Stelle steht mit Never Going Back Again wieder ein Stück von Lindsey Buckingham. Jepp, wie zu erwarten dreht es sich um seine on/off-Beziehung mit Stevie.

So richtig großartig wird es nun mit Don’t Stop aus der Feder von Christine McVie, einem der bekanntesten Titel der Bandgeschichte (und wenn man die Texte genau liest merkt man auch, dass er nicht als Wahlkampfwerbung geschrieben wurde, auch wenn es textlich einigermaßen passt). Stattdessen gehts hier um die Scheidung der Eheleute McVie und auf den positiveren Blick auf das Leben, den sie daraus ziehen konnte.

Das nun folgende Go Your Own Way ist für mich der beste (weil rockigste) Song des Albums. Ich sagte ja ein schöneres „Fick dich“ wurde selten geschrieben, aber genau das hat Lindsey Buckingham hier abgeliefert. Die Nummer war die erste Single des Albums (es folgten noch Dreams, Don’t Stop und You Make Loving Fun) und gilt als einer ihrer besten und bekanntesten Songs.

Die erste LP-Seite wird abgeschlossen von Songbird, einem quasi-Solostück von Christine McVie, nur begleitet von Buckingham an einer akustischen Gitarre – ein großer Kontrast zu den übrigen Songs.

Auf der zweiten LP-Seite findet sich zunächst mal The Chain, das einzige Stück, bei dem die ganze Band beim Songwriting irgendwie zusammenarbeitete. Hier kommt die ganze unterschwellige Spannung und Zerissenheit der Band auf den Punkt – sie konnten sich auf persönlicher Ebene nicht mehr in die Augen sehen, standen aber gemeinsam auf der Bühne und spielten die größten Hits der Bandgeschichte.

Weiter gehts mit einem weiteren Song über Untreue – You Make Loving Fun von Christine McVie über ihre außereheliche Affäre, einen Mitarbeiter aus dem Bandumfeld. Das folgende I Don’t Want To Know ist ein älteres Stück von Stevie Nicks aus ihrer Zeit vor Fleetwood Mac, es passt aber ganz hervorragend zu den anderen Songs zum schönen Thema „Liebe und Schluss machen“. Inzwischen sind wir bei Lied Nummer zehn angekommen – Oh Daddy von Christine McVie. Die Bandbiographen streiten wohl drüber, ob der Song an Mick Fleetwood gerichtet ist (der damals als einziger in der Band Kinder hatte) oder nicht vielleicht doch auch an ihre Affäre aus dem Bandumfeld. Auf jeden Fall ist es ein schönes nettes Liebeslied.

Den Abschluss bildet das einzige Lied, was nicht mit Beziehungsstress zu tun hat. Das heißt beinahe, denn Stevie Nicks verarbeitet in Gold Dust Woman den Stress aus ihrer Beziehung zu Kokain. Zur Musik selbst gibts eigentlich wenig zu sagen, klassischer als hier kann „classic rock“ der nordamerikanischen Art nicht definiert werden.

Fazit: Elf Songs für die Ewigkeit, jeder für sich ein Juwel, und der Beweis dass Liebe (und deren Ende) eine der ganz großen Triebfedern für richtig große Kunst ist. Und ich werd mir das jetzt schön gemütlich reinziehen.

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