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Album der Woche

7. Januar 2021, 19:41 Uhr von Uwe

Auch in diesem Jahr wirds wieder Alben der Woche geben. Und manchmal heißt Alben der Woche auch wirklich Alben der Woche. So wie in dieser Woche (ja, die wiederholte Wiederholung ist beabsichtigt und stilistisches Stilmittel :-P).

Der Anlass ist allerdings eigentlich eher traurig: Vor inzwischen genau einem Jahr verließ „Der Professor“ diese Welt. Die Rede ist von Schlagzeuger Neil Peart, der nicht nur von mir zu den besten Drummern gezählt wird, die je auf diesem Instrument spielten. Und das meine ich wörtlich, im Gegensatz zu den meisten Schlagzeugern, die einmal von links oben nach rechts unten trommeln, baute Peart in seine Kompositionen die aberwitzigsten technischen Kabinettstückchen ein, ohne dass man aber als Hörer gleich Knoten in den Ohren bekam – und dafür aber umso mehr staunte wenn man sich näher mit den rhythmischen Labyrinthen befasste, die er da scheinbar mühelos und auch nur mit 2 Armen und 2 Füßen aufbaute, wo andere längst einen Oktopus festangestellt hätten.

Die Alben der Woche kommen daher – man ahnt es – von Rush. Und da gibt es in diesem Jahr gleich vier Alben, die runden Geburtstag haben, und von denen gehören zwei zu den absoluten Glanzlichtern in der nicht gerade schwachen Diskographie der Band. Diese Alben sind „2112“ von 1976 und „Moving Pictures“ von 1981 („Roll The Bones“ und „Test For Echo“ sind zwar auch nicht schlecht, aber keine zwingenden Meisterwerke im Vergleich).

Das ältere der beiden Alben zeigt sich noch deutlich von klassischen Hardrock beeinflusst und kommt sehr gitarrenlastig daher. Aber es finden sich auch Anklänge am Prog der 70er, so umfasst das Titelstück mit seinen sieben lose zusammenhängenden Teilen mal eben die gesamte erste Albumseite. Die ersten beiden Teile sind ein Kracher, danach wirds allerdings etwas zerfahren. Auf der zweiten Seite mit ihren kürzeren Titeln zeigt die Band hingegen was sie eigentlich drauf hat, Passage To Bangkok klingt so fernöstlich wie der Titel vermuten lässt, Twilight Zone ist getragen melancholisch und Something For Nothing ist purer Rock.

Nach „2112“ veränderte die Band auf den folgenden Alben ihren Stil weg von progressiven Longtracks hin zu melodischeren (aber keineswegs simpleren) kürzeren Stücken mit mehr Keyboardeinfluss. Der Höhepunkt dieser Entwicklung ist mit „Moving Pictures“ erreicht. Allein das Albumcover ist ja schon dreifach verschachtelt in seinen Bedeutungsebenen…

Enthalten sind sieben Stücke, von denen sechs einen eigenen Eintrag in der englischen Wikipedia haben – rekordverdächtig. Auftakt ist einer der größten „Hits“ der Bandgeschichte – Tom Sawyer (inspiriert vom Buch). Es folgt mit Red Barchetta eine Hymne auf Autos, die in Zeiten von E-Mobilität aktueller denn je ist, bevor die Band instrumental den Vogel abschießt: YYZ basiert auf einem Rythmus der auf dem Morsecode der Kennung des Flughafens Toronto (eben „YYZ“) fußt. Die Nummer ist entsprechend rhythmisch komplex, kommt aber total unbeschwert und simpel rüber und zählt zu den bekanntesten und beliebtesten der Band. Letzter Song der ersten Seite ist Limelight, eine skeptische Abrechnung von Neil Peart mit dem Leben im Rampenlicht. Der Song klingt vordergründig simpel und eingängig, ist aber halsbrecherisch kompliziert wenn man auf die irrwitzige Idee kommt ihn nachspielen zu wollen – laut Internet (und das weiß ja eh alles und alles besser) springt man da locker von einem 7/8-Takt zu 3/4, gefolgt von wechselnd 4/4 und 2/4, gefolgt von 3/4 und 4/4 zurück zum 7/8. Und das war nur die erste Strophe… (ich habs nicht nachgeprüft, ich glaubs einfach mal) Das schöne ist: Man merkt das gar nicht, anders als bei vielen krampfhaft auf Prog getrimmten Stücken anderer Bands. Die zweite Seite wird mit The Camera Eye eröffnet, dass es immerhin auf 11 Minuten Laufzeit bringt, bevor Witch Hunt (für mich ein textliches Highlight der Platte) und Vital Signs das Album nach knapp 40 Minuten beschließen.

Fazit: Zwei Alben für die Ewigkeit, die in entsprechenden Zeitschriften in aller Regel recht weit oben in sämtlichen relevanten Kategorien zu finden sind. Wer noch nix von Rush gehört hat und nur ein einziges Album von ihnen haben will (warum auch immer man so beschränkt sein will) sollte sich unbedingt Moving Pictures zulegen (und anschließend seine eigene Beschränktheit überdenken).

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