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Album der Woche

10. September 2020, 20:42 Uhr von Uwe

Auf twitter hab ich grad folgende Frage gelesen: „Wenn bei deiner eigenen Beerdigung ein(e) tote(r) Musiker(in) auftreten dürfte, wer wäre es?“ Und alle antworten sie brav mit irgendwelchen mehr oder minder bekannten früh abgetretenen Stars von Janis Joplin bis Chester Bennington, wobei Freddie Mercury unangefochten an der Spitze steht. Was sie alle übersehen: Was zum Kuckuck nutzt mir der Auftrett, wenn ich selbst in der Kiste liege? Und zweitens – und viel gefährlicher – es gibt eine ganze Menge Leute, die würden töten um dafür Freddie live sehen zu können…

Und damit wären wir auch beim Album der Woche. Da singt nämlich auch einer, der schon länger nicht mehr unter uns weilt. Lange genug, dass er bei Stephen King’s „ES“ in der „Rockshow der Toten“ aufgetreten ist, neben John Lennon, Keith Moon und Jimi Hendrix.

Besagter Künstler überlebte die genannten Personen um bis zu 16 Jahre, sang nicht nur, sondern spielte nebenbei auch noch Bass, kam aus Irland und rockte mit seiner Band die 70er. Sein Name: Phil Lynott, seine Band heißt Thin Lizzy und das Album der Woche heißt „Chinatown„.

Die Band befand sich, als das Album 1980 erschien, schon nicht mehr ganz auf dem Zenit ihres Könnens – Phil steckte immer tiefer im Drogensumpf und Gitarrist Gary Moore war ausgestiegen. Das Kerntrio um Phil, Scott Gorham an der Gitarre und Brian Downey am Schlagzeug wurde von nun an von wechselnden Gitarristen ergänzt, bevor die Band sich 1983 auflöste und Phil Anfang 1986 an den Spätfolgen des Drogenkonsums verstarb. Gorham und Downey spielen heute als Black Star Riders quasi in einer Thin Lizzy Tributeband.

Aber kommen wir zum eigentlichen Album: Die Musik zu beschreiben ist eigentlich überflüssig, Thin Lizzy definierten in den 1970ern den Klang von Hardrock mit zwei Gitarren, der später von zahllosen Metalbands als Grundlage genommen und verfeinert wurde, insbesondere von Iron Maiden. Dementsprechend gibts hier kernige Rocksongs ohne viel Firlefanz, aber mit ausufernden Gitarrensoli und -duellen. Der Gesang von Phil Lynott ist in seiner Phrasierung sowieso unnachahmlich und eigentlich nicht zum Mitsingen oder Covern geeignet.

Die A-Seite der Scheibe ist vermutlich die stärkere und daher der Anspieltipp, We Will Be Strong, Sweetheart und Chinatown sind klassische Rocker mit exzellenter Gitarrenarbeit und interessanter Rhythmik, grade auch von Phil am Bass. Die eigentlichen Kracher sind aber Sugar Blues und Killer On The Loose, die beide an Glanzzeiten der früheren Alben wie „Jailbreak“ erinnern. Die B-Seite fällt dagegen etwas ab, da haben sich einige schwächere Stücke eingeschlichen, aber das war eigentlich auf jeder Lizzy-Scheibe der Fall. Songs wie Hey You oder Genocide (Killing Of The Buffalo) mögen daher hinter den Hits zurückstehen, haben aber auch ihren Reiz.

Mein favorisiertes Fachmagazin stellte das Album übrigens auf Platz 118 der 500 besten Rock/Metal-Alben aller Zeiten, witzigerweise die höchste Platzierung der Band in jener Liste. Ich würde ja Live & Dangerous bzw. Jailbreak noch höher einschätzen, aber das ist letztenendes Geschmackssache.

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