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Numerologie

26. Juli 2020, 01:23 Uhr von Uwe

Dieser Post ist nur was für Freunde des Rennsports, alle anderen brauchen gar nicht weiterlesen (ich kenne quasi genau eine – maximal zwei – Personen, die das interessiert lesen könnten, gnihihi) – es geht um magische Zahlen im Sinne von Startnummern. Da gibt es einige sehr bekannte und mehr oder weniger legendäre, und ich hab mich immer gefragt warum es gerade diese Nummern waren – und nun wurde ich eher zufällig fündig.

Valentino Rossi auf Yamaha beim GP von Großbritannien 2009
Von Mark Fleming – https://www.flickr.com/photos/gogovisual/3760587610/in/album-72157621722172421/, CC BY 2.0, Link

Die Formel 1 war ja marketingtechnisch lange Zeit in der Steinzeit stehengeblieben – während bei den Motorradrennen ein Valentino Rossi seit Jahrzehnten erfolgreich seine Startnummer 46 vermarktet und Weltmeister schon seit ebenso langer Zeit nur noch in Ausnahmefällen die Startnummer 1 auf ihr Gefährt pinseln lassen (der letzte dürfte Casey Stoner 2012 gewesen sein), wurden persönliche Startnummern bei der Formel 1 erst 2014 eingeführt. Trotzdem (oder grade deswegen) gibt es einige wenige weltbekannte Startnummern in der Geschichte… Aber fangen wir mal beim Urschleim an:

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Vor 1973 wurden die Startnummern mehr oder minder zufällig vergeben – wer sich zuerst für ein Rennen anmeldete bekam die Nummer 1, der nächste die 2 und so weiter. Manche Veranstalter vergaben die Nummern auch nach ganz anderen Kriterien, auf jeden Fall war überhaupt nix vereinheitlicht.  Im Lauf der Saison 1973 wurde dann festgelegt, dass der aktuelle Weltmeister (damals ein gewisser Emerson Fittipaldi) die Nummer 1 zu tragen hatte, und sein Teamkollege die Nummer 2, und die restlichen Teams folgten dann in der Reihenfolge des WM-Stands – je höher die Nummer desto weniger Erfolg hatte das Team gehabt.

Emerson Fittipaldi im McLaren mit der #5 beim GP von Holland 1974
Von Rob Croes / Anefo – http://proxy.handle.net/10648/ac4e4f80-d0b4-102d-bcf8-003048976d84, CC0, Link

Ab 1974 waren die Nummern dann fix zu den Teams zugeordnet – was gleich mal zu einer Ausnahme im Schema führte, denn Weltmeister Jackie Stewart war zurückgetreten. Die Startnummer 1 übernahm daher der Schwede Ronnie Peterson, denn er fuhr für Lotus, und die hatten die Konstrukteurs-WM 1973 gewonnen. Teamkollege Jacky Ickx trug die Nummer 2. Danach folgte Tyrrell (nicht verwandt oder verschwägert mit dem Typen aus Blade Runner) mit den Nummern 3 und 4 und so weiter – McLaren, Brabham, March und erst dann Ferrari nach einer katastrophalen Saison ohne Sieg. Bei den höheren Startnummern wurde es dann unübersichtlich, weil die Teams teilweise nur ein Fahrzeug gemeldet hatten, und so ganz konsistent war die Nummerierung auch noch nicht, denn es gab Privatfahrer mit ganz anderen Nummern – so trug der Wagen von Lella Lombardi (die einzige Frau, die bis heute WM-Punkte erzielte) wohl die Nummer 208. Da war also noch nicht viel mit legendären Startnummern – Tyrrell sollte die Nummern 3 und 4 zwar für die nächsten 20 Jahre behalten, aber daran ist per se nix legendäres – die Teams behielten ihre Nummern über die Jahre grundsätzlich, das Team des amtierenden Weltmeisters bekam die 1 und 2 und tauschte dann gegebenenfalls mit dem Team, das im Vorjahr die 1 und 2 innehatte.

Zahlenlotto

Zur Saison 1975 ergab sich somit nur eine relevante Änderung: McLaren und Lotus tauschten die Nummern, da Emerson Fittipaldi im McLaren Weltmeister geworden war – Lotus trug nun die Nummern 5 und 6. Die Lücken in der Nummerierung wurden geschlossen und nur die Nummern 1 bis 35 vergeben.

Ein Jahr daraufNiki Lauda hatte im Ferrari den Titel geholt – tauschten dementsprechend McLaren und Ferrari die Startnummern: Ferrari die 1 und 2, McLaren die 11 und 12 – nur um für 1977 wieder zu tauschen, nachdem James Hunt unter dramatischen Umständen Weltmeister geworden war. 1978 wurde dann durchgemischt – Weltmeister Niki Lauda war zu Brabham gewechselt und nahm die Startnummer 1 mit. Ferrari behielt somit die Nummer 11 und 12, während McLaren die Vorjahresnummern von Brabham nutzte, die 7 und die 8. Lotus hingegen war nach wie vor mit der 5 und 6 unterwegs.

Mario Andretti im Lotus #5 vor Ronnie Peterson im Lotus #6 beim GP von Holland 1978
By Koen Suyk / Anefo – http://proxy.handle.net/10648/acbac732-d0b4-102d-bcf8-003048976d84, CC0, Link

Auf lange Sicht relevant wurden die Zahlen des Jahres 1979 – Lotus trug nach Mario Andrettis Titelgewinn die 1 und 2, Brabham bekam deren Nummern 5 und 6. McLaren war nach wie vor mit der 7 und 8 am Start, Ferrari mit der 11 und 12. Der Newcomer im Zahlenroulette war das Team eines gewissen Frank Williams. Dieser hatte bereits seit den frühen 1970er Jahren Fahrzeuge an den Start gebracht, aber nie große Erfolge feiern können, bis er Ende der 1970er ein paar saudische Ölscheichs als Sponsoren an Land ziehen konnte. Plötzlich waren seine Fahrzeuge mit den Nummern 27 und 28 Sieganwärter. Ferrari sicherte sich den Titel und startete 1980 mit den Nummern 1 und 2, während Lotus fortan die 11 und 12 auf seine Fahrzeuge pinselte.

Die glorreichen 8 (relevanten Zahlen)

Vor 40 Jahren wurde Alan Jones im Williams Weltmeister, womit die Nummern getauscht wurden – Williams die 1 und 2, Ferrari die 27 und 28. Und ab hier wird der Zahlensalat langsam mythisch 😉 Zunächst aber wurde 1981 ein gewisser Nelson Piquet Weltmeister auf Brabham, womit für 1982 folgende Nummern vergeben wurden: Brabham 1 und 2, Williams 5 und 6, McLaren 7 und 8, Lotus 11 und 12, Ferrari 27 und 28 – alle anderen Teams lassen wir weg, die spielten nie eine Rolle im Zahlendrehen. Nachdem Keke Rosberg 1982 auf Williams Weltmeister geworden war und im Jahr darauf erneut Nelson Piquet auf Brabham waren dies auch die Nummern für 1984.

Nelson Piquet im Brabham #5 beim GP von Monaco 1981
By Eric Verplanken – http://www.f1-photos.net/show_photo.asp?id=3145, CC BY-SA 3.0, Link

Nach dem Titelgewinn Laudas tauschte nun McLaren und Brabham die Nummern für 1985 – womit bis Ende 1987 alles in Stein gemeißelt war: McLaren die 1 und 2, Williams die 5 und 6, Brabham die 7 und 8, Lotus die 11 und 12, Ferrari weiterhin die 27 und 28. Erst 1988 änderte sich was, der amtierende Weltmeister Nelson Piquet war zu Lotus gewechselt, somit trug er dort die 1 und McLaren die 11 und 12. Das hielt freilich nur ein Jahr, danach hatte Ayrton Senna die für ihn einzig wahre Nummer 1 inne und Lotus sollte bis zum bitteren Ende 1994 die 11 und 12 behalten.

Ayrton Senna im McLaren #12 beim kanadischen GP 1988
By Paul Lannuier from Sussex, NJ, USA – Ayrton Senna (McLaren Honda), CC BY-SA 2.0, Link

Die nächste Änderung ergab sich 1990, als Weltmeister Alain Prost von McLaren zu Ferrari wechselte. Somit tauschten McLaren und Ferrari die Nummern und McLaren fuhr ein Jahr mit den zu diesem Zeitpunkt schon lange mit Ferrari assoziierten Nummern 27 und 28. Aber das war auch nur in diesem einen Jahr der Fall, 1991 war die alte Reihenfolge wieder hergestellt, die sich dann bis 1993 halten sollte.

Die schnellste Null der Welt

Hier ergab sich nun die Besonderheit, dass der amtierende Weltmeister Nigel Mansell der Formel 1 den Rücken gekehrt hatte. Anstatt nun wie 1974 die Nummer 1 für sein Team zu vergeben, war Williams 1993 mit den Nummern 0 und 2 unterwegs. Das gleiche Spiel wiederholte sich für 1994, weil Weltmeister Alain Prost ebenfalls zurückgetreten war. Damon Hill avancierte damit für zwei Jahre zur schnellsten „Nullnummer“ der Rennsportgeschichte. Für 1993 wurden überhaupt die Nummern komplett durchmischt, nachdem sich mit Brabham und March zwei Traditionsteams zurückgezogen hatten – Benetton (seit 1981, noch unter dem Namen Toleman, mit der 19 und 20 unterwegs) bekam die Nummern 5 und 6, während McLaren die Nummern 7 und 8 bekam, anstatt mit Williams zu tauschen und die 5 und 6 nutzen wie es bisher üblich gewesen wäre.

Damon Hill im Williams #0 beim GP von Großbritannien 1993
Von Martin Lee from London, UK – Damon Hill – Williams FW15C during practice for the 1993 British Grand Prix, CC BY-SA 2.0, Link

Für 1995 ergab sich nach Michael Schumachers erstem WM-Titel somit die Nummern 1 und 2 für Benetton und Williams war wieder bei seinen Stammnummern aus den 80er Jahren angekommen – 5 und 6. Dies war die finale Saison mit den relativ festen Startnummern, ab 1996 wurden die Nummern dann immer nach den Ergebnissen des Vorjahres vergeben, wodurch sich keine feste Zuordnung einer Startnummer zu einem Team mehr ergeben konnte – außer im Fall von Schumacher, der zwischen 2000 und 2004 fünfmal in Folge Weltmeister war und damit ein Abo auf die 1 hatte.

Zahlentourette

Wie man anhand der Ausführungen erkennen kann gab es nur eine Handvoll Startnummern, die immer mal wieder herumgetauscht wurden zwischen den erfolgreichsten Teams. Damit ergab es sich, dass die Topfahrer in den 1980er Jahren nur mit einer sehr kleinen Anzahl Startnummern unterwegs waren:

Alain Prost: #1 (1986-87, 1990), #2 (1985, 1989, 1993), #7 (1984), #8 (1980), #11 (1988), #15 (1981-83), #27 (1991).

Nelson Piquet: #1 (1982, 1984, 1988), #5 (1980, 1981, 1983), #6 (1979, 1986-87),  #7 (1985), #11 (1989), #20 (1990-91) (plus irrelevante Nummern für einzelne Starts 1978).

Nigel Mansell: #2 (1990, 1994), #5 (1985-88, 1991-92), #7 (1995), #12 (1982-84), #27 (1989)

Ayrton Senna: #1 (1989, 1991-92), #2 (1994), #8 (1993), #12 (1985-88), #19 (1984), #27 (1990)

Niki Lauda: #1 (1976, 1978, 1985), #5 (1979), #8 (1982-84), #11 (1977), #12 (1974-75)

Mythisch und legendär

Da die Nummern oft jahrelang fest an bestimmte Teams vergeben waren, ergaben sich relativ klare Verhältnisse. Aber nur in zwei Fällen entwickelten Nummern wirklich ein Eigenleben und wurden fest mit einem bestimmten Fahrer oder Team assoziiert.

#5, rot

Zunächst mal ist da „Red Five“ (nein, hat nix mit Luke Skywalker zu tun) zu nennen – die klassische Startnummer 5 von Nigel Mansell im Williams. „Red Five“ deswegen, weil seine Startnummer im Gegensatz zu der des Teamkollegen rot war,  um die Fahrzeuge besser unterscheidbar zu machen – zwei weiße Nummern unterscheidet bei 300 km/h keiner, aber einen roten Fleck gegenüber einem weißen Fleck auf gelb-blauem Grund schon. Diese Nummer nahm er 1993 sogar in die CART-Series mit, die vermarktungstechnisch schon deutlich weiter waren und den Fahrern ihre persönliche Startnummer erlaubten.

Nigel Mansell im Williams #5 beim GP von Europa 1985
By Jerry Lewis-Evans – https://www.flickr.com/photos/figsbury/9350219431/in/album-72157634767569482/, CC BY-SA 2.0, Link

Nigel Mansell im Williams #5 beim GP der USA 1991
By Stuart Seeger from San Antonio, Texas, USA – Mansell In Phoenix
Uploaded by Sporti, CC BY 2.0, Link

Nigel Mansell im Lola #5 in der CART Series 1993
By Rick DikemanOwn work, CC BY-SA 3.0, Link

#27

Die legendärste Nummer überhaupt ist aber trotzdem die 27 – und das nicht weil Casey Stoner damit an den Start ging (das war aber Zufall, denn er benutzte einfach seine Startnummer aus der spanischen Nachwuchsserie).

Casey Stoner auf Honda #27 in Assen 2011
Von Box Repsol – https://www.flickr.com/photos/box_repsol/7412878956/in/album-72157630219184728/, CC BY 2.0, Link

Einige der besten und schnellsten Fahrer der Formel 1-Geschichte gewannen damit Rennen und Weltmeisterschaften:

Alan Jones trug sie 1979 und 1980 (WM-Sieg 1980)

Alan Jones im Williams #27 beim GP von Holland 1979
Von Suyk, Koen / Anefo / neg. stroken, 1945-1989, 2.24.01.05, item number 930-4115 – http://proxy.handle.net/10648/accfc5ec-d0b4-102d-bcf8-003048976d84, CC BY-SA 3.0 nl, Link

Ab 1981 war sie die Stammnummer von Ferrari: zwischen 1984 und 1988 trug Michele Alboreto die Nummer und wurde immerhin Vizeweltmeister. Nigel Mansell trug die Nummer in seiner Ferrari-Zeit 1989 und 1990.

Michele Alboreto im Ferrari #27 beim GP der USA 1984
Von twm1340 – https://www.flickr.com/photos/89093669@N00/2156458331/in/photolist-4hypW4-4hA5MD-e3fQuA-e3fPsy-e3a9EX, CC BY-SA 2.0, Link

Nigel Mansell im Ferrari #27 beim GP von Belgien 1989
Von madagascarica from Verneuil Grand, France – img067, CC BY 2.0, Link

Ayrton Senna und Alain Prost fuhren mit dieser Nummer 1990 bzw. 1991 (und sehr unterschiedlichem Erfolg, Senna wurde Weltmeister, Prost gewann kein Rennen, verkrachte sich mit dem Team und wurde noch vor Saisonende entlassen).

McLaren #27 von Ayrton Senna aus der Saison 1990
Von MorioEigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Alain Prost im Ferrari #27 beim GP von Monaco 1991
Von Jmex60Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Der letzte Träger dieser Startnummer (vor Einführung der persönlichen Startnummern knapp 20 Jahre später) war Jean Alesi, doch gelang ihm zwischen 1993 und 1995 nur ein einziger Sieg.

Jean Alesi im Ferrari #27 1995
Von Rick DikemanEigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Wirklich legendär ist die Nummer allerdings wegen eines ganz anderen Piloten: Gilles Villeneuve erkämpfte 1981 zwei Siege und starb letztlich im folgenden Jahr in einem Ferrari mit dieser Nummer – ab da war sie in Italien heiliggesprochen, der Legende nach wollte Enzo Ferrari sogar, dass diese Startnummer nicht mehr vergeben wird.

Ferrari von Gilles Villeneuve aus dem Jahr 1981
By I, Etienne (Li), CC BY-SA 3.0, Link

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