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Album der Woche

18. Juni 2020, 21:25 Uhr von Uwe

Was ist besser als ein Album der Woche? Richtig, zwei Alben der Woche. Und die gibts heute. Erschienen sind die beiden Werke vor 20 Jahren, und sie erweiterten meinen damals noch relativ beschränkten musikalischen Horizont (mein Bruder würde jetzt sagen „Man könnte fast behaupten du hast sowas ähnliches Geschmack“) nachhaltig.

Gekauft hab ich diese Alben, das weiß ich zufällig noch, in Berlin am Alex, auf einer Wochenendrückfahrt während meiner Armeezeit, zusammen mit einer Compilation von Judas Priest und einem Album der Scorpions, was in dieser Rubrik später dieses Jahr auch noch besprochen werden soll. Aber um was gehts nun eigentlich heute? Zwei Alben vom gleichen Künstler, mit fast dem gleichen Namen, und gleichzeitig erschienen – frei nach dem Motto „Was Guns N’Roses können, kann ich auch“ 😉 Geboten wird bunte Mischkost zwischen klassischem Prog, NeoProg und ProgMetal und am Mikro wechseln sich allerhand illustre Gestalten ab, darunter Russell Allen (Symphony X), Johan Edlund (Tiamat), Floor Jansen (ex After Forever, jetzt Nightwish), Timo Kotipelto (Stratovarius), Lana Lane,  Neal Morse (Spock’s Beard), Ralf Scheepers (Primal Fear), Damian Wilson (Threshold) und nicht zuletzt Bruce Dickinson (Iron Maiden). Anhand der Gästeliste wird der Kenner erraten haben, dass es sich bei den Alben der Woche um die Universal Migrator Scheiben von Ayreon handelt.

Es handelt sich hierbei um mehr oder weniger klassische Konzeptalben, bei denen ein Bewohner einer Marskolonie per Traummaschine durch die Zeit reist, angefangen bei seiner eigenen Jugend, durch das 20. Jahrhundert, das Mittelalter, die Steinzeit und schließlich bis zurück zum Urknall, nur um am Ende zu sterben und als freie Seele durchs Universum zu ziehen (oder so ähnlich). Die Story find ich relativ irrelevant,  wichtiger sind die Songs. Das erste Album besteht dabei aus eher proggig und ruhig angehauchten Songs, auf der zweiten Scheibe dürfen dann auch verschärfte elektrische Gitarren ran.

Beim ersten Hören des ersten Albums, abends nachdem ich heimgekommen war, bin ich irgendwo nach den ersten zwei oder drei Nummern auf dem Sofa meines Bruders eingepennt – das lag aber nicht daran dass das Album eine Schlaftablette ist, sondern ich war einfach fix und alle. Auf jeden Fall beginnt das Album mit einigen Soundeffekten,  die den geneigten Hörer auf den Mars versetzen und den Beginn des Traums markieren – die Ähnlichkeiten im Gitarrensound zu Shine On You Crazy Diamond von Pink Floyd sind hier bestimmt nicht zufällig. Der erste echte Song, My House On Mars, wird von Johan Edlund und Floor Jansen intoniert und ist ein recht trauriges düsteres Stück Musik, aber der Gesang ist Weltklasse. Es folgt 2084, welches beschreibt wie die Marskolonisten sich auf die Reise machten, nachdem die Erde unbewohnbar geworden war – nicht unbedingt das geeignete Stück für irgendwelchen Eskapismus. Wesentlich cooler finde ich das folgende One Small Step, welches sich um die Mondlandung und Apollo 11 dreht. Die Keyboards gehen hier auf 11, das kann man käsig finden oder auch nicht, mir gefällts, komplett mit synthetischer Fanfare und allem Bombast, den man da so gebrauchen kann.

Die folgenden Stücke fallen dagegen etwas ab, die Reise geht weiter ins Amsterdam des 17. Jahrhunderts und die Spanische Armada, die 1588 von Francis Drake geschlagen wurde – Geschichtsstunde mal anders quasi. Weiter gehts mit Geschichten über die Maya und Stonehenge, bevor man am Ende mit The First Man On Earth nochmal ein Highlight postiert, was alles bietet was Spock’s Beard auszeichnet und dabei nicht von Spock’s Beard stammt – auch wenn Neal Morse großartigen Gesang beisteuert.

Auf dem zweiten Album gehts deutlich heftiger zur Sache, gleich beim Opener Dawn Of A Million Souls dröhnen die Gitarren mit ’ner Hammond-Orgel um die Wette, dass es eine Freude ist – und Russell Allen plus Damian Wilson am Mikro geht eh immer. Die folgenden Stücke (Journey On The Waves Of Time, To The Quasar, Through The Wormhole, Out Of The White Hole) sind relativ geradliniger Heavy Metal mit fetter Produktion und ein paar versprengten Schnörkeln, die den Flug durchs Universum beschreiben. Genau in der Mitte dieser Songs ist aber noch das absolute Highlight der beiden Alben platziert: Into The Black Hole. In diesem Stück fährt Meister Lucassen die fettesten Geschütze an Analog-Synthies, Gitarren und sonstigem Bombast auf, um damit eine der besten Gesangsleistungen von Bruce Dickinson zu untermalen, die dieser je aufgenommen hat. Auf rund 10 Minuten hat man hier sämtliche Trademarks der beiden Alben knackig zusammengefasst.

Fazit: Als spaciger Trip (im wahrsten Sinne des Wortes) funktioniert das auch heute noch prima, man sollte sich aber schon die Zeit nehmen die Alben am Stück zu hören, weil die Songs eh ineinander übergehen und eine Gesamtgeschichte erzählen.

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