Kategorien

Archive

Kalender

April 2020
M D M D F S S
 12345
6789101112
13141516171819
20212223242526
27282930  

Digitale Analogien

8. April 2020, 20:13 Uhr von Uwe

Ich darf/kann/muss/soll grad im Requirements Engineering aushelfen, obwohl ich eigentlich etatmäßiger Weichwaren-Architekt bin. Nur kann ich halt schlechterdings Software architekturieren wenn ich keine Ahnung hab was diese später eigentlich mal machen soll. Da diese Abstimmung aber je nach beteiligten Kolleginnen und Kollegen relativ kompliziert sein kann, passiert es gerne mal, dass der Zeitplan durcheinander kommt.

Dann praktizieren wir auch mal was, was als „Reverse Waterfall“ bekannt sein könnte – also quasi klassisches Wasserfall-Modell, nur eben rückwärts: Man implementiert einfach mal drauflos und bastelt irgendwas, wovon man denkt dass es ungefähr das sein könnte, was gebraucht wird, und fummelt dann später per reverse engineering seine Architektur dazu und schreibt die Requirements auf, die man damit möglicherweise erschlagen hat. Frei nach dem Motto was nicht passt wird passend gemacht. Und damit das nun besser funktioniert, darf ich halt nun zunächst mal die Requirements aufschreiben, bevor ich mir eine Architektur aus den Fingern sauge (oder aus den Rippen schneide, je nach Tagesform und Notwendigkeit).

Wie nicht anders zu erwarten stellt sich heraus, dass Requirements zu erarbeiten gar nicht mal so trivial ist, vor allem wenn man keinen wirklichen Ansatz und Rahmen hat und dementsprechend nicht immer genau weiß wo man anfangen kann und wo man aufhören muss. Dem Chef wurde das neulich so erklärt: Du sollst ein Bild an die Wand hängen und musst dazu einen Nagel an einer bestimmten Stelle in die Wand hämmern. Problem ist nur, du hast gar keine Wand und dementsprechend keine Ahnung, wo der Nagel eigentlich hingehört oder überhaupt hingehören könnte. Und wenn man nun erstmal die Wand reverse engineeren muss, weil irgendein Entwickler da irgendwas wandähnliches hingebaut hat, was dann noch undokumentierte Features wie Türen, Stromleitungen und Wandstärken zwischen Tresortüre und japanischem Papiervorhang hat, wird das Anbringen des Bildes halt extrem zeitaufwendig.

Heute überraschte ich dann die für Requirements zuständige Kollegin mit der Aussage, ich wäre mit meinen Requirements schon fertig (war ich natürlich nicht, weil wir noch diverse Dreckfuhler, Fipptehler und bei nochmaligem Nachdenken noch drei fehlende Requirements entdeckt haben), aber ich hatte von ihr immerhin schon die Wand hingestellt bekommen und die drei Kreuze, wo die Nägel zum Aufhängen der neuen Bilder bzw. Requirements hingehören. Und damit kann ich dann in Kürze auch wieder schön Kästen und Striche und Pfeile malen und das dann anderen als Architektur verkaufen 😉

Einen Kommentar schreiben