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Album der Woche

26. März 2020, 21:13 Uhr von Uwe

In dieser Woche landen wir im schönen Jahr 1980. Da werden wir in den nächsten Wochen noch öfter landen, dann allerdings eher auf schwermetallischen Spuren. Heute sind ganz andere Klänge dran, die zu diesem Zeitpunkt eigentlich völlig aus der Mode waren. Verbrochen wurden diese Klänge von einer Band, die zu diesem Zeitpunkt schon gute 10 Jahre am Musizieren war, mindestens zwei ganz große Klassiker im Portfolio hatte und einige Jahre und eine radikalische musikalische Kursänderung später zu den größten Pop-Bands der Welt werden sollte – Genesis.

Unvermeidlicherweise hatte ich diese Band Anfang der 90er kennengelernt, als Phil Collins sich im Video zu „I Can’t Dance“ (toll, ich auch nicht, da haben wir was gemeinsam) zum Deppen machte. Eine Dekade später stellte ich dann zwei Sachen fest: Erstens sang da früher statt Phil Collins ein gewisser Peter Gabriel (hö? Der Peter Gabriel mit dem „Sledgehammer“? Ja, genau der), zweitens ist Phil Collins ein viel besserer Schlagzeuger als Sänger (was nicht heißt, dass er ein schlechter Sänger ist, als Schlagzeuger ist er aber eben Weltklasse, was man auf diesem Album auch gut hört) und drittens (weil ich viertens nicht bis drei zählen kann ;-)) ist die Musik der Band aus dieser früheren Ära wesentlich spannender als die aus dem Radio bekannte Popmusik der Sorte „Invisible Touch“ oder „Land Of Confusion“.

Der Stil der Band änderte sich durch Personalwechsel Mitte der 70er langsam, aber stetig, wobei die Meinungen weit auseinandergehen, ab wann es denn nun wirklich mies wurde. Waren um 1972 noch Klänge angesagt, die man heute gemeinhin als „klassischen Prog“ (selten dämliche Bezeichnung, denn Prog steht ja eigentlich für progressiv, sprich musikalisch grenzüberschreitend) bezeichnet, änderte sich das nach dem Ausstieg von Peter Gabriel und Gitarrist Steve Hackett nach und nach – mehr Charterfolg, weniger Tiefgang. Nun ist aber zwischen dem überambitionierten und sperrigen The Lamb Lies Down On Broadway und dem Popalbum Invisible Touch noch eine Lücke von über 10 Jahren – und genau da stoßen wir heute mittenrein – mit einem eher unterschätzten Album aus eben dieser Übergangsphase, welches auf den schönen kurzen Namen Duke hört.

Im wesentlichen besteht das Album aus zwei Teilen – zum einen die Duke-Suite, bestehend aus der Hälfte der Songs, die dabei das Album inhaltlich klammern und Erinnerungen an längst vergangene Prog-Zeiten wachrufen – Stichwort durchgehende Themen, komplexe Instrumentalpassagen und komplizierte Rhythmik. Live wurde diese Suite auch am Stück gespielt. Die andere Hälfte des Albums sind eher schnöde Popsongs der Sorte „Man Of Our Times“ oder „Misunderstanding“, die zumindest teilweise für Radio-Airplay und erste Charterfolge sorgten – das war noch bevor Phil Collins mit „In The Air Tonight“ (badam badam badam badam dam dam) seinen ersten großen Solo-Hit hatte.

Coolste Nummer der Platte ist für mich das mittig platzierte „Turn It On Again“ – einerseits ein ziemlich eingängiges poppiges Stück, andererseits aber Teil der Duke-Suite und rhythmisch und kompositorisch eine absolute Wundertüte, wird doch schön zwischen 13/4 (Strophen), 4/4 (Intro) und 5/4 (Bridge) herumgehüpft (Rush verzapften in dieser Zeit mit Stücken wie „Limelight“ ja ähnlich trügerisch einfach Vertracktes) und einen Refrain gibts in dem Sinne auch nicht, stattdessen mehrfach Strophe + Bridge und erst ganz am Ende gibts sowas ähnliches wie einen Refrain – das Leitmotiv der Nummer findet sich in abgewandelter Form auch an anderen Stellen der Duke-Suite wieder, die denn auch der Anspieltipp ist.

Fazit: Sicher kein Vergleich zu den Prog-Großtaten Foxtrot oder Selling England By The Pound, ebensowenig ein Vergleich zu den Pop-Großtaten We Can’t Dance und Invisible Touch, aber allemal besser als sein Ruf.

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