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Urlaub Tag 3: Zwischen Berg und Tal

29. Juli 2018, 14:06 Uhr von Uwe

Nachdem ich mich gestern den ganzen Tag damit herumgeärgert habe, einen ziemlich kaputten GPS-Track in etwas sinnvoll darstellbares zu verwandeln gibt es heute nun noch die längliche Beschreibung dessen, was an jenem Dienstag eigentlich so im Lauterbrunnental passiert ist…

Etappe 0: Heißer Kampf am kalten Buffet

Nach dem relativ ernüchternden Frühstück des ersten Tages beschlossen wir, am nächsten Tag pünktlich um sieben Uhr beim Frühstück aufzulaufen, um dem Ansturm asiatischer Reisegruppen zu entgehen. Das klappte soweit auch ganz gut, mein Bruder und ich waren sogar vor unseren Eltern anwesend. Das Wetter war erneut vom feinsten, so mit wolkenlosem Sonnenschein und so. Damit war dann auch alles vorbereitet für einen schönen kurzen Flachlandspaziergang in schöner Kulisse…

Etappe 1: Grindelwald-Lauterbrunnen (15.5 km, ↗151 m, ↘421 m)

Zwischen den beiden Orten steht so ein dussliger Berg in der Gegend herum, da kann man entweder mit der Bahn oder der Seilbahn oder zu Fuß drüber, oder man fährt halt einfach mal drumrum um den Berg. Letzteres war der naheliegende Plan. Man fährt dazu erstmal schön ins Tal hinunter „zu den zwei Lötschienen“ (O-Ton mein Bruder), hüpft dort auf den Bahnsteig, sucht den richtigen Abschnitt ganz vorne, wartet fünf Minuten auf den nächsten Zug und steigt dann in diesen ein. Weitere fünf Minuten später ist man dann auch schon in Lauterbrunnen. Das klappt eben einfach mit dem Umsteigen in der Schweiz.

In Lauterbrunnen angekommen – der Zug war überraschend gering besetzt, normalerweise hätte ich erwartet dass er voll ist mit Touristen auf dem Weg zum Jungfraujoch – konnte man dann erstmal die Landschaft bestaunen: links Felswand, rechts Felswand mit Wasserfall, vorne Berg und hinten kamen wir gerade erst her. Mit diesen ersten Eindrücken begann dann der eigentliche Spaziergang des Tages – ich weigere mich etwas, dass ganze eine Wanderung zu nennen, denn es waren nur gut sieben Kilometer, und dabei gings nur innerhalb der Wasserfälle mal den Berg hoch, der Rest war ziemlich topfeben – so topfeben wie das in der Schweiz halt geht.

Etappe 2: Lauterbrunnen – Trümmelbachfälle (3.6 km, ↗124 m, ↘125 m)

Der Spaziergang führte zuerst mal durch das malerische Lauterbrunnen, vorbei am Staubbachfall und dann immer geradeaus in südlicher Richtung. Ich hatte einen Teil der Route schon letztes Jahr gesehen, für mich war es daher wenig Neues, aber die Landschaft ist trotzdem jedes Mal überaus beeindruckend. Wo sonst sieht man mal eben 300m senkrechte Felswand mit Wasserfall? Am Heliport war auch massig Betrieb, irgendwann kam dann die Sonne über die Berge gekrochen und sorgte für ordentlich Erwärmung im Tal.

Nach ungefähr einer Stunde (leider wähnte mich das GPS zu diesem Zeitpunkt irgendwo 40 km nordnordöstlich und ca. 2200 m oberhalb meiner tatsächlichen Position, die Angaben habe ich anhand der Zeitstempel der Fotos rekonstruiert) waren wir dann auch ohne weitere Vorkommnisse an den Wasserfällen angekommen.

Etappe 3: Trümmelbachfälle (Treppensteigen im Berg, nix GPS info)

Diese Wasserfälle werden im Reiseführer als wichtige Sehenswürdigkeit beschrieben, die man sich angeschaut haben muss, wenn man schon mal in der Gegend unterwegs ist. Tja, wir waren da, also haben wir als vorbildliche Touristen auch die Sehenswürdigkeit angeschaut. Im Gegensatz zu den meisten Weichei-Touristen, die mit dem Bus oder Auto hinfahren und nur noch 100 m vom Parkplatz zum Eingang laufen hatten wir aber immerhin ein bissl Fußweg hinter uns.

Um was geht es nun bei diesen Wasserfällen? Ganz einfach, da hat sich der Trümmerbruch Trümmelbach durch die Felswand gegraben. Der Bach entwässert sämtliches Schmelzwasser der Gletscher an den Nordseiten von Eiger, Mönch und Jungfrau (die Südseiten entwässern in erster Linie via Aletschgletscher in die Rhône und damit ins Mittelmeer). Da kommt dann schon einiges zusammen, entsprechend groß und geräumig sind die ausgewaschenen Hohlräume. Und die kann man besichtigen. Das ist dann selbst im Hochsommer kühl und nass, festes Schuhwerk und Regenjacke ist definitiv notwendig.

Im Berg selbst gibt es dann noch einen Schrägaufzug über ungefähr 100m, von wo aus man dann nochmal einige hundert Meter weiter über Treppen die verschiedenen Wasserfallstufen im Berginneren besichtigen kann, bevor man dann über unzählige weitere Treppenstufen die Kaskade nach unten hinabwandert und über die Kräfte der Natur staunt. Das ist auf jeden Fall alles sehr sehenswert, auch die Geräuschkulisse ist ohrenbetäubend.

Wieder unten angekommen gab es erst einmal Stärkung in Bananenform, bevor es zum zweiten Teil des Spaziergangs weiterging.

Etappe 4: Trümmelbachfälle-Schilthornbahn (3.8 km, 54 m, ↘7 m)

Das Schilthorn liegt ein paar Kilometer westsüdwestlich, die Talstation der dahin führenden Seilbahn ist nur eine Stunde Fußweg von den Trümmelbachfällen entfernt, und weil es noch weit vor Mittag war und wir ohnehin nix besseres zu tun hatten, liefen wir da eben auch noch hin. Der Weg führte dabei zunächst mal ein paar hundert Meter zurück auf die andere Seite des Bachs, und dann immer an diesem entlang. Das ist dann wie bereits angesprochen ziemlich topfeben, und inzwischen hatten sich auch einige fiese Wolken vor die Sonne geschoben, womit immerhin die Temperaturen nicht mehr so anstrengend waren.

An der Talstation der Schilthornbahn war jede Menge Betrieb, diverse Busse standen auf dem Parkplatz, am Ticketschalter war auch eine lange Schlange. Ich hatte mich zwar informiert, dass unsere Schweiz-Touristen-Flatratetickets auch für die Schilthornbahn galten, aber die passenden Fahrscheine mit Barcode brauchten wir trotzdem. Also angestellt an der Schlange, innerlich über den Deppen vor uns geflucht, der sich zu blöd anstellte mit Karte zu zahlen – die Verkäuferin tat sich aber zugegebenermaßen auch überraschend schwer mit Englisch als Fremdsprache – und dann einmal vier Tickets vorgezeigt und dafür vier kleine Pappkarten in die Hand gedrückt bekommen. Nun hieß es nur noch auf die nächste Bahn warten.

Etappe 5: Schilthorn (6.7 km, 1652 m, ↘2053 m*)

* Die Höhenwerte sind massiv ungenau aufgrund schlechter GPS-Werte. Rein rechnerisch sehen die Werte für runterzu aber gut aus, das Schilthorn ist 2970m hoch, die Talstation liegt auf ungefähr 920m.

Auf dem Schilthorn (und auch in der weiteren Umgebung von Lauterbrunnen bis Grindelwald) wurde anno Knips (so um 1968-69 herum) ein James Bond gedreht („Im Geheimdienst ihrer Majestät„), den die Geschichtsschreibung ziemlich vergessen hat – es blieb der einzige James Bond mit George Lazenby in der Hauptrolle, und außerdem heiratet James Bond am Ende… Relevant war da noch Telly „Kojak“ Savalas als Bösewicht und Diana Rigg (alias Emma Peel alias Lady Olenna Tyrell) als Teresa „Tracy“ di Vincenzo als Bonds Zukünftige (die Ehe hielt bekanntermaßen nicht wirklich lange). Das Hauptquartier des Bösewichts befand sich auf dem fiktiven Piz Gloria (aka Schilthorn).

Dort oben gibts nun also seit Ende der 60er ein großes Drehrestaurant, und man macht natürlich massiv mit James Bond Werbung – da gibts dann Ausstellung von Requisiten und diverses anderes eher verkitschtes Zeugs anzuschauen. Man kann aber auch einfach nur so auf den Berg hochfahren, weil man zumindest bei schönem Wetter eine ziemlich fantastische Aussicht in alle Himmelsrichtungen hat. Und das war ja unser eigentliches Ziel.

Bevor man da nun aber oben ankommt, muss man Seilbahn fahren. Und zwar nicht nur eine, sondern insgesamt vier, zwischen denen man auch noch Umsteigen muss. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass man das Bergdorf Mürren auch noch mit erschließen wollte (wer setzt auch ein Dorf an den Rand einer 300m hohen Felskante?). Der erste Abschnitt führt einfach nur aus dem Lauterbrunnental auf die Felswand, dann geht es in quasi entgegengesetzter Richtung nach Mürren, und von dort geht es dann mit zwei weiteren Seilbahnen nochmal über 1000m nach oben.

An der dritten Zwischenstation kann man einen „Thrill-Walk“ (oder so ähnlich) machen, da läuft man auf einem Glassteg an der Felswand lang. Mir hats schon gereicht, das von der Seilbahn aus zu sehen. War überhaupt auch das letzte, was zu sehen war, danach verschwand die Aussicht nämlich in den Wolken.

Oben angekommen auf 2970 m galt dann erstmal nur der schöne Spruch von wegen „Wie sie sehen, sehen sie nichts.“ – außer Wolken halt. Die Temperatur lag bei ungefähr sieben Grad über Null, der Wind war auszuhalten, nur die Aussicht war eigentlich nur in Richtung Thunersee mal irgendwie so, dass man sie als Aussicht bezeichnen konnte. In alle anderen Richtungen gab es unterschiedliche Shades of Grey Schattierungen von grauen Wolken. Wir hielten uns also nicht lange auf, machten ein paar touristische Erinnerungsfotos, guckten uns die James Bond-Ausstellung an, durchstöberten den Souvenirshop und beschlossen dann, dass wir eigentlich genug gesehen hatten.

Runter gings dann auf die gleiche Art und Weise wie es hochging, nämlich mit viermal Seilbahn fahren. Und das war anstrengend. Grund dafür war eine chinesische Reisegruppe, die sich auch in die Seilbahn reindrängelte – Chinesen kennen da eher nix, die sind überall die ersten, und die Höflichkeit haben sie auch nicht erfunden. Dazu kommt, dass die Seilbahn recht große Gondeln hat, aber man muss sie ja nicht bis zur letzten Nase vollstopfen, bis man herumsteht wie in der Sardinendose – das sind die Kehrseiten des Massentourismus (wobei der am Ballermann sicherlich nochmal eine ganz andere Dimension hat). Auf jeden Fall waren wir froh, als wir unten aus der Seilbahn wieder rauskonnten.

Etappe 6: Rückweg ins Hotel (21.2 km, 552 m, ↘495 m)

Auf Wandern zurück nach Lauterbrunnen hatte irgendwie keiner mehr Bock – es wäre ziemlich genau der gleiche Weg gewesen wie am Vormittag, nur eben in Gegenrichtung, und gesehen hatte man ja im Prinzip auch alles, also gab es die nächste Premiere des Urlaubs: Fahren mit dem Postbus. Diese verkehren ja überall in der Schweiz als Überlandbusse und binden jedes Kuhkaff an die Zivilisation an. Und so fährt da eben auch ein Bus von Stechelberg nach Lauterbrunnen. Und weil da viel Betrieb ist, hat der Bus sogar noch einen Anhänger dabei. Damit ging es dann muskelschonend die gut fünf Kilometer zurück nach Lauterbrunnen.

Dort hieß es nun Umsteigen in den Zug, der ungefähr fünf Minuten später einfuhr (erwähnte ich schon dass das in der Schweiz alles optimal aufeinander abgestimmt ist?). Danach folgte das Spiel vom Morgen noch einmal in umgekehrter Richtung – also Fahrt nach Zweilütschinen, diesmal dort zum hinteren Bahnsteigbereich laufen, und dann nach fünf Minuten Umsteigezeit in den Zug nach Grindelwald einsteigen.

In Grindelwald angekommen kaufte ich noch fix Postkarten, bevor dann allgemeines Faulenzen und Warten auf Abendessen angesagt war. Letzteres bestand aus Schnitzel mit Pommes und Bier zum Nachspülen. Und damit war dann auch dieser Tag geschafft, für den nächsten Tag war dann eine richtige(tm) Wanderung angesetzt.

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