Kategorien

Archive

Kalender

Juni 2018
M D M D F S S
 123
45678910
11121314151617
18192021222324
252627282930  

Krach vom Fach

10. Juni 2018, 16:05 Uhr von Uwe

Nachdem letzte Woche hochkulturelles Sightseeing angesagt war, gabs dieses Wochenende mehr was für die Ohren – Konzertbesuch der schwermetallischen Art war angesagt: Arch Enemy und Iron Maiden nämlich. Fürs Auge gabs natürlich auch ordentlich Show zu gucken, aber mehr dazu an geeigneter Stelle.

Die ganze Idee war eigentlich eine Schnapsidee eines griechischen Kollegen, der die kommenden zwei Wochen auf Dienstreise bei uns in Deutschland ist und der den Vorschlag machte, doch gemeinsam zum Konzert zu gehen. Nun ergab der Tourplan aber kein geeignetes Konzert, man hätte mitten in der Woche nach Berlin fahren müssen, was trotz neuer ICE-Strecke ja doch noch eine Ecke weg ist. Stattdessen sprang dann meinem Bruder und mir der Samstag ins Auge, an dem in München das Rockavaria Festival stattfinden sollte – Headliner Iron Maiden, dazu noch Arch Enemy und eine ganze Latte Bands, die ich mir nicht mal geschenkt angucken wollen würde – bis auf Die Toten Hosen, aber die sollten erstens am zweiten Festivaltag (Sonntag) auftreten und haben ihren Auftritt nun aus gesundheitlichen Gründen eh abgesagt. Anyway, mein Bruder und ich waren uns ausnahmsweise mal sehr einig, dass eine Tageskarte für den Samstag völlig ausreichend ist (und mein Kollege hat eh schon Karten für den Auftritt in Athen, geht also keiner leer aus). Dazu brauchte man dann noch eine Bahnverbindung und ein Hotelzimmer, was aber dank moderner Technik heutzutage ja alles kein Problem mehr darstellt.

Anreise

Die Fahrt nach München gestaltet sich dank ICE ja recht einfach – in Erlangen bzw. Nürnberg einsteigen und in München aussteigen. Geht nicht viel einfacher. Wir trafen uns also gegen halb zwei Uhr nachmittags am Bahnhof Erlangen und enterten den Zug. Und da hatten wir uns dann erstmal ein bissl was zu erzählen, so über die Problemchen, die man halt so auf Arbeit haben kann und die eigentlich irgendwie überall die gleichen sind. Unterbrochen wurde unsere schöne Unterhaltung dann irgendwann nach einer halben Stunde von einer Beschwerde einer älteren Dame, dass sie doch versuche zu arbeiten und wir doch bitte leiser reden mögen. Wir sagten dazu nix, sondern dachten uns unseren Teil – in etwa in der Form „Wer samstags im ICE in der ersten Klasse arbeiten will macht was verkehrt, vor allem nämlich dass er im Handyabteil und nicht im Ruheabteil sitzt.“ Witzigerweise fing denn auch prompt ein sächsisches Rentnerehepaar hinter uns mit einer langwierigen Diskussion an, wie man denn nun zum Urlaubsdomizil am Starnberger See kommt, so mit Umsteigen in Augsburg statt München und blablabla. Das war auch nicht leiser als unsere Unterhaltung, wirklich arbeiten konnte die arme Frau dann wohl weiterhin nicht. In Augsburg war der Zauber dann auch vorbei, da stiegen nämlich alle aus, außer diesen beiden unegalen Brüdern eben.

Wir erreichten jedenfall pünktlich die bayrische Landeshauptstadt und marschierten als erste Amtshandlung zum Hotel. Dort angekommen prüften wir erstmal den Wetterbericht. Die letzten Tage und Wochen war es ja immer sehr heiß und gewittrig, und der Samstag war nicht anders. Am Himmel brauten sich jedenfalls dicke Wolken zusammen, man wusste nur nicht genau wo sich das Gewitter nun entladen würde. Da wir aber noch rund zwei Stunden Zeit hatten machten wir es uns erstmal auf dem Zimmer bequem – soweit das ging: Die Badtür klemmte mächtig, und der Lokus kam der Bedeutung „Thron“ sehr nahe – wenn ich mit meinem langen Beinen auf dem Klo sitzend nur mit den Zehenspitzen den Fußboden erreiche ist das ausgesprochen doof.

Wasser ist nass

Gegen 18 Uhr machten wir uns schlußendlich auf den Weg zum Konzert. Dies fand am Königsplatz statt, das ist quasi direkt nördlich vom Hauptbahnhof, und damit hatten wir einen kurzen Fußmarsch vor uns. Die Wetterkarte zeigte für den Zeitpunkt heftige Gewitter im Raum Regensburg und eine Gewitterzelle östlich Münchens an – es war also ziemlich unvorhersehbar wie sich das Wetter entwickeln würde – von strahlendem Sonnenschein bis Weltuntergang konnte das nun alles sein. Die Regenjacken wurden also eingepackt, für alle Fälle.

Und weil Murphy aber Perfektionist ist – oder auch aufgrund des Satzes von der Erhaltung der Gemeinheit – fing es justament in dem Augenblick an mit Regnen, als wir uns auf den Weg gemacht hatten. Gleichzeitig wars aber noch so warm, dass man sich die Regenjacken nur über die Schultern werfen brauchte. Es war auch kein Wolkenbruch, eher ein kühlender Landregen und als solcher nicht unwillkommen. Nach rund 20 Minuten gemütlichem Fußweg waren wir dann auch am Gelände angekommen, wo man uns OHNE jegliche Sicherheitskontrolle reinließ – keine Taschenkontrolle, kein gar nix. Nur die Eintrittskarte wurde geprüft. Sehr seltsam das alles.

Wir kamen gerade noch rechtzeitig um den letzten Song des Auftritts von Killswitch Engage mitzukriegen – eine Coverversion von Holy Diver, im Original bekanntermaßen von Dio. Und Gott war offenbar erfreut über diese Huldigung, stoppte er doch den Regen und schickte sogar einen einzelnen Sonnenstrahl durch eine winzige Wolkenlücke hindurch. Danach war Umbaupause und wir suchten uns einen brauchbaren Platz am ersten Wellenbrecher.

Arch Enemy

Die erste Band des Tages, die für uns relevant war, betrat gegen 19 Uhr die Bühne und sorgte dann die nächsten 50 Minuten für brachiale Beschallung. Das Gitarrenduo gehört zu den absoluten Meistern des Fachs, und die Sängerin ist sowieso eine absolute Naturgewalt: Sie hüpft wie ein Derwisch über die Bühne und entlockt ihren Stimmbändern die unmenschlichsten Töne. Das war also schon mal vom Feinsten, zumal sich nach 20 Minuten auch die Wolken verzogen und die Sonne rauskam.

Arch Enemy

Negativ kann man eigentlich nur den höhenlastigen Mix (nur echt mit kräftig fiependen Gitarren) und die zu kurze Setlist aufführen – wobei letzteres natürlich dem Festivalcharakter geschuldet ist, als Headliner (wie letztes Jahr in Wacken) bringt die Truppe natürlich entsprechend mehr Krach auf die Bühne. Kurz vor acht war so eben Schluss und es folgte eine längliche Umbaupause von einer guten Stunde.

Iron Maiden

Der Zusschauerraum füllte sich zusehends, darunter gabs dann auch einige Deppen, die unbedingt die Fans von der ersten Reihe verdrängen wollten, die schon den ganzen Nachmittag dort gestanden hatten – die Security hatte einiges zu tun mit Streitschlichtereien, aber auch mit dem einen oder anderen Opfer des Alkohols. Wir hatten uns erst gar kein Bier gegönnt, es war auch nach dem Regen noch gut warm, und wir hatten einigermaßen gute Plätze gefunden, warum die aufgeben?

Das Publikum war relativ gut gemischt, viele Metalheads, die wie wir nur wegen Arch Enemy und Iron Maiden anwesend waren, daneben dann aber eben auch viele, die sich neben den anderen Bands des Tages abschließend eben auch Iron Maiden anschauen wollten – die sind halt sowas wie der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich vom norwegischen Pandabären bis zum italienischen Keyboardkleisterer jeder einigen kann. Und wenn die dann noch eine Best-Of Setlist (oder sowas ähnliches) ankündigen, geht halt auch jeder hin, selbst die die (wie ich und mein Bruder) die (ächz, dreimal die in Folge in einem Satz, ich hör Deutschlehrer ob des Ausdrucks im Grabe rotieren) Studioalben der letzten 15 Jahre für ziemlich austauschbar halten. Laut Zeitungsbericht waren dann wohl auch 22.000 Zuschauer da.

Und die sahen ein wirklich gutes Konzert. Wie bei Iron Maiden üblich, beginnt das Konzert mit einer Einspielung von UFO’s „Doctor Doctor“ über die PA, parallel dazu wurden die Planen entfernt, die die Bühnenaufbauten bis dahin vor neugierigen Blicken schützten, und dann gings direkt in die Vollen: Wer mit „Aces High“, „Where Eagles Dare“ und „2 Minutes To Midnight“ einsteigt, hat im Prinzip schon gewonnen. Danach folgte die erste und einzige echte Ansage des Abends, ansonsten gabs direkt einen Song nach dem anderen – eine durchchoreographierte stellenweise sehr theatralische Show, die ob der riesigen Menge entsprechender Spezialeffekte auch sofort erklärt, warum die Jungs jeden Abend genau die gleichen Songs spielen.

Aces High

Einziger Ausfall des Abends war „For The Greater Good Of God“, der einzige neuere Song des Abends, wobei der auch schon von 2006 ist. Das wiederum bestärkt meine eh vorhandene Einschätzung, dass alles seit spätestens Dance Of Death von 2003 nicht wirklich relevant ist und mit den restlichen Klassikern (die ersten sieben Alben + Brave New World und Fear Of The Dark (der Song, nicht das Album)) in keinster Weise mithalten kann. Die Setlist legte aber ohnehin den Schwerpunkt auf das was die Fans hören wollten. Besonders gefeiert wurde „Flight Of Icarus“, eine Single von 1983, die zuletzt 1986 live gespielt worden war.

Spätestens bei „Fear Of The Dark“ waren dann auch die Gelegenheitshörer wach, was sich in einer steigenden Anzahl von Vollidioten äußerte, die nun kurz vor Ende des regulären Konzertteils noch nach vorne drängeln wollten. Da bekamen dann wohl auch einige Leute ein paar Ellenbogen zu spüren, und meinem Bruder wurde unsanft auf den Zeh getreten… Gibt halt genug Idioten auf der Welt, warum sollte das bei einem solchen Konzert anders sein. Die verbleibenden fünf Songs (inkl. der Zugabe) waren so oder so ein Triumphzug, aber wenn man als letzte Zugabe noch sowas wie „Run To The Hills“ auspacken kann… Sehr schicke Sache das Ganze.

Mein Bruder machte dann noch ein Beweisfoto von mir vor der Bühne, dass allerdings tierisch unscharf ist (wie auch die Handvoll von mir zwischendrin mal schnell hingeknipsten Fotos, aber man ist ja auch nicht zum Fotografieren da)). Merke: Wir haben beide keinen Plan vom Fotografieren, aber immerhin hab ich auf dem Bild einen schicken Heiligenschein 😉

Heiligenschein

Gegen 22:50 Uhr war der Spaß dann wohl oder übel vorbei und die Massen wälzten sich durch die Münchner Innenstadt zurück Richtung Hauptbahnhof bzw. verschiedenster Hotels. Wir ließen das gerade Gesehene noch ein bissl Revue passieren und schmissen uns dann kurz vor Mitternacht ins Bett.

Wer lauter schnarcht ist später wach

Die Nacht verlief unruhig, weil wir wohl um die Wette schnarchten und uns dementsprechend alle Nase lang gegenseitig weckten… Kurz vor acht war dann endgültig Schluss mit Nachtruhe, zum Frühstück ging ich allerdings alleine, mein Bruder war irgendwie noch zu verpeilt und wollte lieber noch eine halbe Stunde weiter Schnarchen üben. Das Frühstück war frei von Überraschungen, nur der Orangensaft war nicht mein Fall, weil voller Fruchtfleisch. Wenn ich Fruchtfleisch will, esse ich ne Orange. Oder anders gesagt: Ich habe von Fruchtfleisch im Saft die gleiche Meinung wie Indiana Jones über Schlangen. Jaja, Geschmackssache, und ja, ich hab keinen, schon klar.

Auf jeden Fall war dann kurz nach neun Uhr Aufbruch Richtung Bahnhof angesagt, wo auch schon der Zug für die Rückfahrt bereitstand. Irritation des Morgens war dann der Rentnerpaar, das den Wagen 23 suchte, den es aber im ICE1 nicht gibt (da gibts nur Wagen 1-14 ohne 13, weil die Bahn abergläubisch ist). Die waren also nicht einfach nur im falschen Waggon sondern wohl auch im ganz falschen Zug… Meine Vermutung wäre ja der vom Nachbargleis abfahrende ICE, aber der fuhr bereits 20 Minuten eher und auch nicht nach Hamburg, sondern nach Dortmund – ist aber der einzige, der von der Wagennummer her passen könnte. Tja, man wirds nie erfahren.

Die Fahrerei selbst war dann ereignislos, pünktlich zum Mittag waren wir wieder daheim angekommen.

Einen Kommentar schreiben