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Verspätete Ostereier

28. März 2016, 18:39 Uhr von Uwe

Über Ostern war ich mal wieder im wilden Osten – denn lieber Ostern als Western und so… Und dabei erlebte ich allerhand kurzweiliges.

Zunächst einmal musste ein Plan für die Fahrt ausgetüftelt werden. Da die Bahn gerade die Bahnstrecke zwischen Bamberg und Lichtenfels (als Teil der Bahnstrecke Nürnberg-Leipzig) baut, werden alle Züge großräumig umgeleitet, mit der schönen Folge, dass die Fahrzeit auf mindestens sechs Stunden anwächst und man entweder sämtliche Kuhkaffs zwischen Grimmenthal und Hettstedt zu sehen bekommt, oder man mit der Kuh um alle Dörfer fährt – dies aber immerhin im schön schnellen und schön teuren ICE. Wir – d.h. meine Eltern und ich – einigten uns daher auf eine Kombinationsvariante: Ich fahre bis nach Göttingen, und von dort aus machen wir einen Karfreitagspartie mit dem Auto. Und so lautete der Beschluß, dass der Uwe fünf vor 12 (MEZ) in Göttingen sein muss.

Um dies zu erreichen krabbelte ich also schön pünktlich aus dem Bett und machte mich auf den Weg. Der Bus zum Bahnhof fuhr Feiertag sei Dank einen Umweg durch eine Nobelpreisverdächtige Wohngegend: Planckstraße, Röntgenstraße, Bunsenstraße, und Emmy Noether tauchte auch noch irgendwo dort auf. Aber ich schweife ab, auf jeden Fall kam ich problemlos pünktlich in Nürnberg an, wo ich in den ICE aus München in Richtung Hamburg steigen wollte. Auf dem Bahnsteig wurde ich bereits von der schönen Durchsage begrüßt, dass der Zug voll sei und man sich doch bitte alternative Verbindungen suchen möge. Das konnte mir aber egal sein, ich weiß schon warum ich für solche Verbindungen einen Sitzplatz reserviere. Durch den Fahrgastandrang hatten wir dann in Kassel so knapp 10 Minuten Verspätung, also nix dramatisches. Das Drama begann ja aber jetzt erst.

Die Beteiligten waren der ICE 575 (Hamburg -> Stuttgart, Göttingen ab 11:16 Uhr, Kassel an 11:35), der ICE 78 (Zürich -> Hamburg, Kassel ab 11:21 Uhr, Göttingen an 11:38) und der ICE 882 (München -> Hamburg, Kassel ab 11:36 Uhr, Göttingen an 11:54 Uhr). Nach allem was ich in Erfahrung bringen konnte, beschädigte der ICE 575 irgendwo auf dem Streckenabschnitt zwischen Göttingen und Kassel die Oberleitung und musste deswegen defekt in Kassel abgestellt werden. Der ICE 78 war kurz darauf in Gegenrichtung in diesem Abschnitt unterwegs und kam durch die beschädigte Oberleitung auf der Strecke zum Stehen. Und der ICE 882, in dem ich saß, stand dann wenige Minuten hinter ICE 78 sozusagen im Rückstau. Um das mal vereinfacht auszudrücken: Das war ungefähr so als wenn man gerade auf die Autobahn auffährt und 500 m weiter ereignet sich in diesem Augenblick ein Unfall, der zur Vollsperrung führt. Dann steht man halt da.

Um den Spaß perfekt zu machen, standen wir auch noch in einem der zahlreichen Tunnel (müsste der Mündener Tunnel gewesen sein, der ist mal eben schlappe 10 km lang), so daß mein plötzlich gar nicht mehr so smartes Phone keinen Empfang hatte und ich meinen Eltern die frohe Kunde nicht unterbreiten konnte. Das Personal verkündete nun erstmal die Informationen, die zu diesem Zeitpunkt verfügbar waren, und ungefähr eine halbe Stunde später war dann auch das weitere Verfahren geklärt: Unser Zug sollte zurück nach Kassel fahren, und anschließend über die parallel zur blockierten Schnellfahrstrecke gelegenen Altbaustrecken (Göttingen-Bebra und Halle-Kasseler Bahn) nach Göttingen und weiter Richtung Hamburg fahren. Bis man nun den ganzen Stau sauber abgewickelt hatte, der Lokführer von einem Ende des Zuges zum anderen geturnt war und die erforderlichen Sonderfreigaben eingeholt waren hatten wir schon 90 Minuten Verspätung. Nun ging es in langsamer Fahrt (aus Sicherheitsgründen, weil keine reguläre Fahrt nach Fahrplan) zurück nach Kassel. Dort durfte der Lokführer wieder vom südlichen Zugende zurück zum nördlichen marschieren und so verließen wir Kassel gegen 13:35 mit ziemlich exakt zwei Stunden Verspätung. Da die Altbaustrecken natürlich auch nur eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h erlauben, erhöhte sich die Verspätung bis nach Göttingen zu guter Letzt auf 140 Minuten. Noch schlimmer hatten es übrigens die Fahrgäste im ICE 78, denn der stand insgesamt vier Stunden herum und dürfte in der Zeit noch nicht mal Strom für Klimaanlage und Bordklos gehabt haben…

Meine Eltern begrüßten dann jedenfalls meine verspätete Ankunft und wir machten uns direkt auf den Heimweg, zumal das Wetter nicht nach Osterspaziergang aussah. Im strömenden Regen ging es also quer durch den Harz, womit diese denkwürde Reise dann gegen 16:30 Uhr ein Ende hatte. Mal schauen ob ich jetzt wenigstens den Fahrpreis anteilig zurückerstattet kriege, das entsprechende Formular wurde jedenfalls ausgefüllt und dem Briefkasten übergeben.

Rückfahrt

Am Ostermontag (quasi heute so wie ich das schreibe), fuhr ich zurück nach Franken, und zwar diesmal mit Regionalbummelzügen via Erfurt-Oberhof-Schweinfurt-Bamberg. Da gibt es jetzt eigentlich gar nix zu erzählen, weil alle Züge schön pünktlich waren. Nur in Schweinfurt fiel mir (mal wieder) auf, dass Menschenmassen keine Ahnung von Physik haben. Wenn der Zug bereits voll ist, hilft es nix, wenn alle vom Bahnsteig aus gleichzeitig reindrängeln wollen. Es könnte aber helfen, erstmal die im Zug befindlichen Fahrgäste aussteigen zu lassen. Aber so weit dachte irgendwie niemand, Hauptsache als Erster drin sein… Und dem armen Kerl mit dem Kinderwagen wollte auch keiner helfen – bis ich mich breit in den Eingang stellte und den Kinderwagen mit reinhob. Kann doch irgendwie alles nicht sein sowas. Aber gut, ich hab mit meiner snobistischen ersten Klasse-Fahrkarte natürlich auch gut reden…

Ein Kommentar zu “Verspätete Ostereier”

  1. Weasel

    Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen… Und wenn man nur Deine und meine Bahnfahrten als Grundlage nimmt, geht statistisch bei der Deutschen Bahn schon recht oft etwas schief.

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