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Es ist ein klein Paris

26. September 2015, 21:04 Uhr von Uwe

Am Montag, den 24.8., ging die Reise von Hamburg aus nach Leipzig. Dort war ich anlässlich meines folgenden Geburtstages zum Abendessen verabredet, und die ursprüngliche Planung hatte dann so ausgesehen, dass ich am nächsten Tag nach Erlangen weiterfahre. Das wurde auf Wunsch einer einzelnen Mutter dann noch abgeändert, aber ich greife schon vor. Daher nun erstmal der Reisebericht für die Fahrt von Hamburg nach Leipzig.

Von Hansestadt zu Hansestadt

Der Morgen begann mit Frühstück und folgendem Checkout aus dem Hotel. Das Wetter zeigte sich eher von seiner tristen Seite, was mir aber ziemlich egal sein konnte, bis zum späten Nachmittag würde ich ja in Zügen unterwegs sein. Ich zottelte also meinen Koffer zum Bahnhof und enterte den Metronom nach Bremen. Der war vollgepackt im morgendlichen Berufsverkehr nach Hamburg gekommen, auf der Fahrt nach Bremen jedoch hatte ich den Waggon fast für mich alleine. Nach einem letzten Blick über die Elbbrücke in Richtung Hamburger Hafen fiel das Wetter endgültig in sich zusammen und der Himmel öffnete die Schleusen. Erst kurz vor Bremen hörte der Regen auf.

In Bremen hatte ich viel Zeit zum Umsteigen (die eigentlich bessere Verbindung mit dem ICE von Hamburg nach Bremen und dann umsteigen war mir wegen der Baustellen und der kurzen Umsteigezeit zu riskant gewesen). Das einzig spannende waren drei Güterzüge, die durch den Bahnhof polterten und in Richtung Nordseeküste unterwegs waren. Schließlich kam mein „Heidesprinter“ an und ich nahm wieder mal in einem Dieseltriebwagen Platz.

Im Wald und auf der Heide…

…da gondeln die Züge etwas gemütlicher. An Blumenpflücken war wegen der nicht zu öffnenden Fenster natürlich mal wieder nicht zu denken, allerdings hätte man auch höchstens Tannenzapfen erhaschen können. Die Strecke selbst präsentiert sich als äußerst reizarme Nebenstrecke – schnurgerade durch den Wald bzw. über weite Felder, dazu Halt an jedem nichtssagenden Bahnsteig und ein Tempo, was keinen Autofahrer von den Systemvorteilen der Bahn überzeugen kann – gut, wird dort in der Gegend eh schwer, da sagen sich eh Fuchs und Hase Gute Nacht.

Ein längerer Zwischenstop wegen Zugkreuzung fand schließlich in Soltau statt. Den Ort verbindet man sonst ja in erster Linie mit Achterbahnen und ähnlichem Amüsemang. Der Abwechslungsreichtum der Strecke nahm aber auch in der Folge nicht zu (oh man, jetzt beschreibe ich den Unterhaltungsfaktor einer Bahnreise schon anhand der zweiten Ableitung der Sehenswürdigkeiten… irgendeinen Knacks muss ich wohl schon haben). Na wie auch immer, der Zug war immerhin pünktlich in Uelzen.

Komische Kunst

Der Bahnhof Uelzen wurde ja nach einem Entwurf von Friedensreich Hundertwasser gestaltet, was ein Design bedeutet, dass ungefähr das Gegenteil des Bauhauses darstellt. Und irgendwie werde ich mit solchen Künstlern nicht warm. Ein Bahnhof sollte schließlich ein zweckorientiertes Gebäude sein – was schon beim Leipziger Hauptbahnhof nicht mehr passt, aber vermutlich sehe ich einfach nur nicht ein, dass ein Bahnhof kein Einkaufszentrum sein sollte. In Uelzen waren mir die Einkaufsmöglichkeiten ebenfalls wurscht, nicht ganz so wurscht war mir die Bahnsteigbreite, die dem Fahrgastandrang nicht unbedingt gewachsen war. Allerdings muss ich sagen, dass ich keine Ahnung habe, warum an einem Montag Mittag halb Niedersachsen auf diesem Bahnsteig herumstehen musste.

Der Anschlußzug nach Magdeburg kam auch prompt ein paar Minuten zu spät, was aber den weiteren Reiseverlauf nicht entscheidend beeinflußte. Das Wetter hatte sich inzwischen etwas gebessert, zwischen den ganzen Wolken gab es nun auch einzelne Lücken, die mit zunehmender Reisedauer und damit verkürzter Entfernung zum Mittelmeer immer größer wurden, was gleichzeitig die Temperaturen steigen ließ und mich jetzt dazu verleitete, hier einen ewig großen Bandwurmsatz zu fabulieren.

Auf jeden Fall gurkten wir nun etwas zügiger durch die Botanik. Landschaftlich wurde nach wie vor nicht viel geboten, Altmark ist halt eher was für Leute die dem Getreide beim Wachsen zugucken wollen. Erst ab Stendal wurde es dann langsam wieder interessanter, da sich hier und da dann doch hier und dort Zeichen der Zivilisation hinverirrt hatten, zum Beispiel in Form des Mittellandkanals, der von der Bahnstrecke in einem Tunnel unterquert wird. Kurz darauf fuhren wir schon am Rangierbahnhof Rothensee vorbei und plötzlich stand ich mitten am Nachmittag schon wieder mal in Magdeburg auf dem Bahnsteig.

Nach Süden, nach Süden

Diesen Bahnsteig kenne ich nun inzwischen zur Genüge von diversen Umstiegen. Normalerweise kam ich da aber aus Richtung Westen und bin ausgestiegen, diesmal stieg ich in den IC nach Leipzig. Die Fahrt selbst allerdings verschlief ich wegen allgemeiner Müdigkeit (zeitig aufstehen und so) und weil ich die Strecke eh spätestens ab Köthen, allerspätestens aber ab Halle im Schlaf kenne – bin ja da eigentlich schon als kleiner Dreikäsehoch in unregelmäßigen Abständen da in der Gegend herumgefahren (worden), und habe als Student dann alle paar Wochen den Wochenendpendler gegeben.

Die Fahrt verlief dementsprechend unspektakulär, nur das Wetter war in Leipzig noch mal ein gutes Stück besser als weiter im Norden – die Sonne schien, und es war plötzlich verflixt warm. Am Bahnhof angekommen gönnte ich mir erstmal eine Bratwurst als Ersatz für das Mittagessen, bevor ich mich mit meinem Koffer im Schlepptau auf den Weg zum Hotel machte.

Das Einchecken dauerte etwas länger, weil vor mir gerade eine Gruppe von Dienstreisenden angekommen war. Da nun jeder erst eine Chipkarte kriegen musste zog sich das etwas. Das ist ja auch in jedem Hotel wieder anders geregelt, mit Schlüsseln, Schlüsselkarten, Türcodes und was weiß der Henker. In diesem Fall bekam ich also eine Chipkarte in die Hand gedrückt, ohne die ich nicht mal den Lift hätte rufen können.

Abends in Leipzig

Nach einer kurzen Akklimatisierung und dem Herausfinden, wie das WLAN in dem Haus funktioniert machte ich mich schließlich auf den Weg in die Stadt, Ziel des Abends war Auerbachs Keller, bekannt aus Film, Funk, Fernsehen und von Goethe. Eigentlich ist das schräg – ich bin vermutlich in keinem Bahnhof so oft in meinem Leben umgestiegen wie in Leipzig, kenne aber die Stadt hinter dem Bahnhof höchstens vom Durchfahren mit dem Auto noch zu DDR-Zeiten. Dabei gibt es da einiges zu sehen, wie das goldig geschnittene Rathaus und zahllose Ladenpassagen und und und…

Auerbachs Keller war ziemlich gut besucht, und ob der Preise war ich auch erstmal ziemlich skeptisch. Meine Skepsis verflog dann in dem Augenblick, in dem der Teller vor mir stand, von dem links und rechts das Schnitzel runterhing. Dazu gab es einen Berg Bratkartoffeln und einen ebensogroßen Berg frischen Salat. Trotz verzweifelter Anstrengungen musste ich den Kampf gegen diese Mengen dann doch aufgeben – ich hätte vielleicht doch nicht erst die Rostbratwurst essen sollen… Lustig war es trotzdem, auch wenn der Abend nicht in die Länge gezogen werden konnte – nicht jeder hat Urlaub und kann morgens ausschlafen.

So war ich bereits relativ früh am Abend zurück im Hotel und machte nun noch etwas völlig abgedrehtes (für meine sonstigen Gewohnheiten): Ich ging schwimmen. Das Hotel bietet einen gar nicht mal kleinen Swimmingpool und diverse andere Wellness-Geschichten, die mich weniger interessiert haben. Und witzigerweise war der gesamte Bereich menschenleer, ich hatte den Pool für mich alleine und schwamm dort bestimmt noch ungefähr einen Kilometer vor mich hin, bevor ich schließlich ins Bett fiel und dem nächtlichen Regen lauschte, der von draußen ans Fenster klopfte.

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