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Urlaubsrückblick 2

27. Juli 2011, 19:31 Uhr von Uwe

Nach dem ersten Teil gehts nun weiter mit einer Zugfahrt (gähn, wie überraschend) quer durch die Schweiz (nein wie originell)…

Tag 3

Der Tag begann mit Frühstücken, Auschecken und Fahrt zum Bahnhof. Dort wartete bereits der Zug der Züge: Der Glacier Express. Dieser laut Eigenaussage langsamste Schnellzug der Welt verkehrt zwischen St. Moritz und Zermatt auf ungefähr 290 km Strecke, überwindet dabei drei Alpenpässe und ist auch für Nichteisenbahnfreunde definitiv eine Empfehlung wert. Man muss natürlich rechtzeitig reservieren, denn die Japaner reservieren den Zug gleich waggonweise. Wir hatten natürlich reserviert, weil Urlaub erholsam sein soll durfte es auch 1. Klasse sein. Wir nahmen also Platz in bequemen Sesseln im modernen Panoramawagen. Vor uns lag die Broschüre mit den während der Fahrt zu sehenden Sehenswürdigkeiten, ein Paar Kopfhörer für die automatischen Durchsagen („links sehen sie diese Kirche, rechts jenes Kloster und überhaupt gibts hier überall sehr viel zu sehen“) und natürlich ein Faltblatt mit Souvenirangeboten. Das wichtigste jedoch war – die Speisekarte. In der ersten Klasse gibts das Essen nämlich am Platz serviert, damit unterwegs keiner verhungert. So, genug der Vorrede, pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk (wie in der Schweiz nicht anders zu erwarten) ging es los.

Abschnitt 1 – St. Moritz – Chur

Der aufmerksame Leser des ersten Teils wird feststellen, dass diese Strecke bereits am Anreisetag befahren wurde. Stimmt, aber die Albulastrecke ist so spektakulär, dass man öfter mitfahren muss. Vor allem wenn man beim ersten Mal Wetterpech hatte. Diesmal schien sogar die Sonne, als wir gemächlich in Richtung des Albulapasses gondelten, vorbei an Wanderern und Mountainbikern und schließlich hinein in den Albulatunnel. Einige Minuten und ein paar Kilometer bzw. ein Seitental später kamen wir wieder ans Tageslicht – bzw. in das was die tiefhängenden Wolken davon übrigließen: Das Wetter war keinen Deut besser als am Anreisetag, wieder versanken die spektakulären Landschaften im Nebel. Je näher wir aber Chur kamen, desto besser wurde die Sicht, immerhin liegt Chur ja auch 1300 Meter tiefer.

Das Personal hatte inzwischen die Fahrkarten kontrolliert, die Bestellungen fürs Mittagessen aufgenommen und Servietten, Getränke und Besteck gebracht. In Chur hatten wir nun planmäßig eine runde Viertelstunde Aufenthalt, es wurde rangiert (wo gibts sowas noch?) und bei aufreißender Bewölkung ging es nun in Richtung des zweiten Etappenziels: Disentis/Mustér.

Abschnitt 2: Im Rheintal

Es geht nun immer entlang des Rheins grob in Richtung Westen. Das große Landschaftshighlight in diesem Bereich ist der „Grand Canyon der Schweiz“, die Rheinschlucht. Diese ist praktisch nur über die Bahnlinie erreichbar (es gibt keine Straße, nur verstreute Wanderwege) und bietet gigantische Felsformationen. Die fantastischen Ausblick wurden von anderen fantastischen Ausblicken abgelöst: Das Mittagessen wurde serviert, Geschnetzeltes mit Mischgemüse. Das wurde nicht etwa im Speisewagen auf den Teller geknallt und dann fertig an den Platz gebracht, nein, das wird von einem halben Dutzend Mitarbeitern direkt im fahrenden Zug vorm Fahrgast auf den Teller serviert. Das ist bei den ständigen Kurven und Richtungswechseln im fahrenden Zug eine echt artistische Meisterleistung, dass da die Soße auf dem Teller und nicht auf dem Fahrgast landet. Ich hatte jedenfalls schon meine Schwierigkeiten, während der Fahrt mein Glas kleckerfrei mit Cola zu füllen. Ganz nebenbei hatten sich nun auch die Wolken verzogen, den Rest des Tages schien die Sonne.

Die schmale Rheinschlucht wird weiter westwärts zu einer offeneren Surselva genannten Landschaft. Das heißt man sieht ringsrum Wiesen und Dörfer und im Hintergrund nix als Berge. Das Mittagessen war lecker, der Teller ist leer, es wird Zeit für Nachtisch (oder auch nicht). Die Bahnlinie schlängelt sich hier relativ eben durch die Landschaft bis nach Disentis/Mustér, wo aus betrieblichen Gründen ein längerer Zwischenhalt stattfindet.

Abschnitt 3: Vom Oberalppass zum Rhonetal

In Disentis/Mustér übernimmt eine Lok der Matterhorn-Gotthard-Bahn den Zug. Das hat gute Gründe, denn von hier aus geht es steil bergauf zum Oberalppass, an dem der Rhein entspringt. Dieser Pass liegt wieder auf über 2000m, und die Strecke hat mehrfach Rampen, die nur mit Hilfe von Zahnrädern überwunden werden können. Unterwegs geht es vorbei an der Ortschaft Sedrun (Da wird 800m tiefer im Berg am Gotthard-Basistunnel gebuddelt). Von der Passhöhe aus hat man einen fantastischen Blick auf Andermatt und weiter in Richtung Furkapass. Insbesondere der Blick auf Andermatt gleicht dem Blick auf eine Modellbahnanlage, so klein sieht der ganze Ort von oben aus. Nach einigen engen Kehren und einem Gefälle von über 12% steht man aber wenige Minuten und einige hundert Höhenmeter später tatsächlich im Bahnhof – höchstgradig spektakulär.

Nun gehts schon wieder stetig bergan in Richtung Furkapass. Von dort aus hat man theoretisch Blick auf den Rhonegletscher, praktisch sieht man die Tunnelwand des Furka-Basistunnels. Die Passstrecke wird von einer nicht ganz musealen Museumsbahn befahren, da muss ich bei unpassender Gelegenheit auch noch mal hin. Anyway, von nun an gehts erstmal bergab entlang der noch jungen Rhone bis nach Visp, vorbei an malerischen Urlaubsorten, ringsum um gibts – wer hätte es gedacht – Berge in allen Größen und Formen zu bestaunen und zwischendrin kurvt der Zug gemütlich durch Kehrtunnel, über Zahnstangenabschnitte und Tunnel dem Ziel entgegen. Nur Blumenpflücken geht aus Mangel an zu öffnenden Fenstern nicht.

Abschnitt 4: Hinauf nach Zermatt

Der letzte Abschnitt führt steil hinauf durchs Mattertal nach Zermatt, dem neben St. Moritz wohl bekanntesten Urlaubsort der Schweiz. Ich wiederhole mich, wenn ich die Landschaft als spektakulär bezeichne, aber wenn es vorbei an steilen Abhängen und einem gewaltigen Schuttmassiv geht, ist man nur noch am Staunen. Nur das Matterhorn sieht man von der Bahn aus nicht, das liegt noch zu weit oberhalb von Zermatt. Und ehe man sich versieht, sind über acht Stunden Zugfahrt rum und es war nicht eine Minute langweilig.

Die ganze Fahrt war definitiv eines der besonderen Highlights des Urlaubs, man muss aber auch sagen, dass man die Strecke wirklich von Osten nach Westen befahren sollte (als in Richtung Zermatt), denn dann kommen die höchsten Berggipfel zum Schluss. St. Moritz wirkt als Ziel dagegen eher bieder (wobei das im Winter anders sein kann, wenn überall der Bär steppt und sich in den Zügen die Snowboards stapeln).

Fotos entstanden während der Fahrt eher weniger, im Netz gibts dafür aber mehr als genügend Seiten, die verlinkten Stellen enthalten auch genug Material. Das Videoportal der Wahl hat auch diverse Clips, zum Beispiel zur Furka-Bergstrecke.

Nach der Ankunft in Zermatt ging es jedenfalls zuerst ins Hotel, anschließend noch zum Ortsrundgang und ins Restaurant. Und danach war man schon wieder völlig fix und fertig und hatte den ganzen Tag eigentlich nix gemacht außer auf einer der schönsten Strecken der Welt Bahn zu fahren.

to be continued…

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