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Album der Woche

24. Februar 2022, 19:01 Uhr von Uwe

Diese Woche sind wir wieder bei ganz großen Legenden, die vor dreieinhalb Ewigkeiten Rockgeschichte geschrieben haben. Deswegen gehts heute nach Frankreich.

Das Album dieser Woche hab ich ja bereits im Dezember letzten Jahres angekündigt, als sich nämlich der Brand im Casino von Montreux zum 50. Mal jährte. Besagtes Ereignis wurde lyrisch verwurstet zu einem der größten Hits von Deep Purple und war Teil von Machine Head, dessen Veröffentlichung sich morgen zum 50. Mal jährt.

Fangen wir mal beim miesesten Teil des Albums an: Die Verpackung ist Schrott. Und damit erschöpfen sich die Kritikpunkte im Wesentlichen. Relevant ist der Inhalt, und außerdem die Entstehungsgeschichte, die im lesenswerten Bookelet der 25th Anniversary Edition (die ja nun auch schon wieder 25 Jahre auf dem Buckel hat) ausführlich beschrieben wird. Die Band wollte ja eigentlich im Casino von Montreux aufnehmen (weil sie in England abenteuerlich hohe Steuern hätten zahlen müssen, andere Bands wie eben die Stones oder auch Led Zeppelin nutzten auch diese Möglichkeiten zur Steuervermeidung). Das stand ja aber nach dem Brand nicht mehr zur Verfügung. Stattdessen wurde in einem im Winter leerstehenden Hotel aufgenommen, wobei die Bandmitglieder über mehrere Zimmer und einen Außenbalkon turnen mussten, um sich im vor der Türe parkenden Rolling Stones Mobile Studio den Mix anhören zu können. Toningenieur Martin Birch produzierte trotzdem einen unverwüstlichen Klang, nicht so aggressiv und ungestüm wie noch auf In Rock, aber absolut auf den Punkt und ohne großartige Effekte. Das Hotelgebäude gibts übrigens noch immer, allerdings ist es schon lange kein Hotel mehr.

Insgesamt versammeln sich auf dem Album sieben Songs, was der zweite Kritikpunkt ist, denn ein wirklich guter Song wurde damals zur B-Seite degradiert und erst 25 Jahre später als Bonustrack hinzugefügt. Aber dazu komme ich am Ende noch. Am anderen Ende des Albums, sozusagen ganz am Anfang, steht hingegen der erste von vielen Klassikern, die aus der Livesetlist bis heute kaum wegzudenken sind: Ritchie Blackmore rifft drauflos, der Rest der Band steigt ein, ein Schrei von Ian Gillan und schon ist man mittendrin in Highway Star. Passend zum Titel gehts flott vorwärts, und Ritchie duelliert sich im Mittelteil aufs heftigste mit Organist Jon Lord.

Nach diesem Auftakt geht es erstmal verhaltener weiter mit Maybe I’m A Leo, dem vielleicht schwächsten Song der Scheibe. Der Song groovt trotzdem sehr schön und hat ein ziemlich verschachteltes Riffing. Das folgende Pictures Of Home kommt wieder flotter zur Sache, Ian Gillan schreit sich seinen Frust über Heimweh und Studioarbeit von der Seele. Bemerkenswert ist das Fake-Ende des Songs, nachdem aber nochmal eine Minute lang soliert wird.

An vierter Stelle folgt Never Before, was damals sogar als Single ausgekoppelt wurde, allerdings im wesentlichen unterm Radar blieb und nie eine nennenswerte Rolle in der Bandgeschichte spielte. Der Song rangiert damit neben Maybe I’m A Leo am unteren Ende der Beliebtheitsskala, aber es kommen ja noch die drei Stücke der B-Seite, und die haben es in sich.

Den Anfang macht der Song über den Casinobrand. Das Riff dazu ist eins der bekanntesten der Rockgeschichte und so ziemlich jeder Gitarrenanfänger hat es schonmal probiert. Ein Studienkumpel von mir konnte mir aber glaubhaft versichern, dass das gar nicht so einfach zu spielen ist, jedenfalls nicht wenn man will dass es auch in etwa so klingt wie die Töne die Ritchie Blackmore da seiner Stratocaster entlockt. So oder so zählt Smoke On The Water zu den bekanntesten Rocksongs überhaupt und ist bei Konzerten seitdem Pflichtprogramm – obwohl der Song witzigerweise als einer der letzten überhaupt ins Liveprogramm rutschte.

Der nächste Klassiker ist Lazy, die Hymne für alle Prokrastinierer und Spätaufsteher. Text gibts nicht viel (im wesentlichen „Lazy, stay in bed“), dafür umfangreiche Soli und ein schickes Hammond-Intro. Auch diese Nummer gehört seitdem fest zum Liveinventar und ist wichtiger Solospot für den Organisten.

Den Abschluss bildet ein kompakter Riffrocker namens Space Truckin‘, der einen Rock’n’Roll-Text mit Science Fiction kreuzt – quasi eine Rockband auf galaktischer Tournee. Auf dem Album ist das Stück mit viereinhalb Minuten das kürzeste, live wurde es mit umfangreichen Instrumentalteilen auf über zwanzig Minuten ausgedehnt (das wird aber später im Verlauf des Jahres besprochen werden).

Der fehlende Song, der als B-Seite von Never Before versauerte, hört auf den Titel When A Blind Man Cries und ist eine sehr ruhige und traurige Bluesnummer, die von Ian Gillans Gesang getragen wird. Damit passt der Song halt nicht so wirklich zum Rest des Albums, aber er fängt die Stimmung der Aufnahmen sehr schön ein („Had a friend once in a room, had a good time, but it ended much too soon. In a cold month in that room we found a reason for the things we had to do.“) – auch wenn das vermutlich gar nicht beabsichtigt war. Der Song wurde erst nach Ritchies Ausstieg und dem folgenden Wechsel am Gitarrenposten zu Steve Morse Mitte der 90er Jahre relevant und wird seitdem regelmäßig live gespielt.

Fazit: Vier der größten Klassiker der Bandgeschichte, dazu eine superbe B-Seite, und da das Album seit Jahrzehnten für schmales Geld zu erwerben ist gibts eigentlich keine Ausrede, dieses Stück Rockgeschichte nicht im Regal stehen zu haben. Und ich hör mir das Teil jetzt nochmal in Ruhe komplett an.

 

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