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Album der Woche

18. Dezember 2020, 14:22 Uhr von Uwe

Das Album dieser Woche hatte am Jahresanfang noch nicht auf der Liste, weil es aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen (mein Bruder würde sagen „Weil du halt keine Ahnung hast, du Banause!“) nicht in meinem Plattenschrank stand. Das hat sich im Lauf des Jahres geändert („haste endlich doch sowas ähnliches wie Geschmack entwickelt?“) und von daher kann es jetzt hier nun erwähnt werden.

Das Album ist noch gar nicht so alt, es erschien 2015, stammt von der finnischen Band Nightwish und hört auf den Namen „Endless Forms Most Beautiful„. Die Band ist mir natürlich nicht erst seit gestern ein Begriff, die frühen Alben mit Tarja Turunen am Mikro sind schon seit knapp 20 Jahren im Schrank zu finden. Nach den diversen Besetzungswechseln am Mikro hatte ich die Band aber ein wenig aus den Augen verloren, zumal mir der vergleichsweise simple Power Metal, den sie in ihren Anfangstagen gespielt haben musikalisch nicht mehr so wahnsinnig zusagte und ich eher andere Stilrichtungen erforschte. Nightwish hatten mit Tarjas Opernstimme natürlich ein Alleinstellungsmerkmal, und irgendwie folgten dann zig andere Bands, die dann alle in dem großen Topf „female fronted irgendwas“ geworfen wurden – was halt totaler Blödsinn ist, denn die Stimmbänder haben wenig damit zu tun, ob da weiter unten was baumelt oder weiter oben mehr Resonanzkörper ist. Und The Gathering klingen ja wieder nochmal ganz anders als Lacuna Coil, die wiederum ganz anders klingen als Within Temptation (von den n+1 anderen Truppen, die sich in dieser Nische tummeln mal ganz zu schweigen). Aber ich schweife ab.

Seit 2012 steht nun Floor Jansen bei Nightwish am Mikro, und (was noch wichtiger ist) komponiert die Band inzwischen deutlich komplexeres Material. Das hat inzwischen sehr viel Soundtrack-Charakter, da kommen Chöre, Streicher, riesige Keyboardteppiche und zusätzliche Instrumente wie diverse Flöten zum Einsatz, die der Sache stellenweise einen folkigen Touch hinzufügen, manchmal auch an keltische Musik erinnern. Mal klingt es akustisch entspannt, nur um eine Ecke weiter große Klanggebirge aufzutürmen. Hinzu kommt, dass die klassischen Strophe-Refrain-Solo usw Stücke quasi nicht mehr existent sind, und neben Floor noch zwei weitere (Background)-Sänger in der Band sind (die auch aggressiv growlen können), so dass man auch Vokalarrangements zusammenzimmern kann, die mich stellenweise an Queen erinnern. Was ich sagen will: Die Band hat sich über die Jahre ihren ganz eigenen Sound erarbeitet, den man schlecht vergleichen kann.

Auf dem Album selbst gibt es 11 Stücke, die allermeisten irgendwo zwischen viereinhalb und sechs Minuten, bis auf des epische letzte Stück The Greatest Show On Earth, dass mal eben auf schlappe 24 Minuten kommt und dabei diverse musikalische Themen und Textstellen aus den vorhergehenden Stücken wieder aufgreift und somit das ganze Album auch inhaltlich nochmal klammert und abrundet.

Der Opener Shudder Before The Beautiful erinnert noch am ehesten an alte Nightwish, Doublebass-Drumming galore und dazu Frauengesang (logisch) – aber im Detail ist die Nummer schon wesentlich vertrackter als man beim ersten Hören mitbekommt – unzählige kleine Details warten im Hintergrund auf ihre Entdeckung. Élan lief seinerzeit recht oft im (Rock)radio und ist eine kleine verträumte Nummer, wo die keltischen Klänge besonders im Fokus stehen. Das vorletzte Stück The Eyes Of Sharbat Gula ist reine märchenhafte Soundtrackmusik und erinnert irgendwo an Herr der Ringe. Die anderen Songs bewegen sich irgendwo zwischen diesen genannten Polen – es lohnt sich, dieses Album in Ruhe und mit Kopfhörern zu hören, um die ganzen Details mitzubekommen.

Wer genug Zeit zum Reinhören hat, sollte sich The Greatest Show On Earth anhören, danach weiß man ob man mit dem Album was anfangen kann oder nicht.

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