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Urlaub Tag 5: Jungfrau besteigen…

2. August 2018, 21:23 Uhr von Uwe

…war angesagt. Wirklich bestiegen wurden aber nur Züge. Und davon vier Stück, zwei um den Berg hoch zu fahren, und zwei für die Rückfahrt. Spazieren gehen war dann nur am Jungfraujoch dran, und nachmittags guckte man dann zu, wie die Pedalritter in Frankreich die Kehren nach Alpe d’Huez emporkraxelten.

Etappe 1: Frühstück und hinauf zur Kleinen Scheidegg

Ich wiederhole mich ja hier an dieser Stelle, aber nach einem mäßig spannenden Kampf um den besten Platz am Frühstücksbuffet und dem Verzehr von Käsebrötchen, Marmeladenbrötchen, Kaffee und Orangensaft war man dann auch bereit für einen relativ kurzen Ausflug (weniger ausflügerisch war die Kellnerin, die schob irgendwie ständig Dienst – sie hatte uns am Vorabend bedient und war nun schon wieder mit dem Frühstücksraum am Rotieren). Wichtig war das Einpacken eines dicken Pullovers und des Lichtschutzfaktors sowie natürlich der speziellen Spezialfahrkarten.

Derlei ausgerüstet begann der Tag dann pünktlich gegen acht Uhr mit dem geordneten Abmarsch zum Bahnhof. Dort warf ich zunächst mal die Ansichtskarten in den Briefkasten, auf dass sie noch vor Ende des Urlaubs die jeweiligen Empfänger erreichen mochten. Der erste Zug des Tages fuhr nun zur Abwechslung mal vom linken Bahnsteig und nicht vom rechten, das war auch schon der größte Unterschied. Die Fahrt selbst dauert ja dann nur ungefähr eine halbe Stunde, dabei geht es zunächst steil hinunter nach Grindelwald Grund und von dort nach einem Fahrtrichtungswechsel hinauf Richtung Kleine Scheidegg.

Zwischendurch kam die Fahrkartenkontrollierdame durch und hatte allerhand Schwierigkeiten einigen fernöstlichen und indischen Gästen begreiflich zu machen, welche Fahrkarten denn hier nun notwendigerweise vorzuzeigen waren. Ist ja aber auch blöd, wenn die Flatratetickets nun ausgerechnet auf der Paradetouristenstrecke nicht gelten…

Etappe 1: Kleine Scheidegg bis Jungfraujoch

Das Umsteigen an der Kleinen Scheidegg funktioniert ja tadellos, die Schaffner, die eben noch Fahrkarten kontrollierten stellen sich auf den Bahnsteig und machen auf Verkehrspolizist. „Alles aussteigen, rechts um marsch.“ Da kommt man dann an entsprechende Barcodeleser, wo wieder drei Kontrollettis danebenstehen und schauen, dass alles reibungslos abläuft. Es lief auch alles reibungslos ab, bis auf die völlig unnötige Hektik, die meine Mutter bei meinem Bruder machte, was diesen erstmal aus dem seelisch-moralischen Gleichgewicht brachte – er ist halt so kurz nachm Aufstehen nicht wirklich ansprechbar. Wir hatten eine Fahrtreservierung und durften damit in einen extra Wagen einsteigen, der dann auch gut und voll besucht war.

Nachdem wir uns also im gut beheizten Wagen ein kuschlig Plätzchen gesucht hatten begann die schöne Fahrt auch schon. Diese führt zunächst bis zum Eigergletscher und danach wirds unterbergisch – man rumpelt halt diverse Kilometer durch einen Tunnel und sieht links Felswand, rechts Felswand und vorn und hinten Werbevideos über tolle Aussichten.

A propos tolle Aussichten: Meine Eltern sollten für Freunde ein Foto mitbringen: „Ehepaar in der Nordwand“. Also wurde eine entsprechendes Foto gemacht von Eltern im Zug, der durch den Fels der Nordwand rumpelt. Und ein Foto von Eltern vorm Schild mit der Eismeeraussicht auf 3160m. Und natürlich später noch zahllose Fotos von Eltern vor/neben/an/auf der Jungfrau (je oller desto flacher die Witze und so).

Nach ungefähr einer halben Stunde Felsanstarren waren wir dann auch schon oben angekommen. Nachdem sich die größten Touristenmassen aus dem Eingangsbereich verzogen hatten begannen dann auch wir langsam und gemütlich den Rundgang.

Etappe 2: Jungfraubesichtigung

Das heißt in erster Linie ging meine Mutter langsam und gemütlich weil ihr die Höhenluft zu schaffen machte. Der Rest der Familie hatte weniger damit zu kämpfen und lief schnurstracks vorneweg, bis von hinten ein Machtwort gesprochen wurde. Am Fahrstuhl zur Aussichtsplattform musste man dann aber ohnehin erstmal warten, da waren dann auch prompt wieder alle vier gemeinsam unterwegs. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die „Reisepässe“ schon abgestempelt, die man bei der Fahrt aufs Jungfraujoch ja bekommt und wo man dann abstempelt, dass man an $Datum wirklich da oben war. Ein nettes Gimmick, aber eigentlich völlig idiotisch – wie überhaupt die Idee, eine Bahn auf 3500m Höhe bauen zu wollen ja reichlich idiotisch ist. Aber zwischen Genie und Wahnsinn liegt halt nur ein schmaler Grat, und der einzige Unterschied zwischen einem Irren und einem Visionär ist, dass letzter mit seiner Wahnvorstellung am Ende Geld verdient hat.

Am Aussichtsbereich angekommen konnte man dann erst einmal die kollektive Blödheit des Menschen im allgemeinen und des Touristen im Besonderen bewundern: Wenn an der großen Drehtür zum Außenbereich der Plattform große Schilder in drölfzig Sprachen dran sind kapiert trotzdem keiner, dass die Tür sich automagisch dreht und man nicht dagegen drücken soll… Man könnte natürlich alternativ auch an der Intelligenz der Türenbauer zweifeln, warum man nun gerade so eine Drehtür und keine manuell zu betätigendes Exemplar eingebaut hat… Aber gut, irgendwer wird sich schon irgendwas dabei gedacht haben.

Auf der Aussichtsplattform war schon reger Betrieb, neben den üblichen Verdächtigen aus Fernost, Mittelost, Nahost und sonstwo waren – natürlich – auch Sachsen vertreten. „Wenn die die höchsten Gipfel grießen, zieht es dich in die Wieste hin, liegt dir e Paradies zu Fießn – e Sachse liegt schon mitten drin.“ So isses eben. Wir machten also die dort üblichen Fotos von Wolken überm Aletschgletscher, vom Ausblick ins Nordschweizerische und von den Bergen links und rechts. Die Thermometer hatten irgendwas von einstelligen Plusgraden angezeigt, dazu wars praktisch windstill, durch den Sonnenschein wars also gefühlt angenehm warm, man hätte problemlos in kurzen Hosen rumlaufen können.

Wir liefen hingegen zurück zum Fahrstuhl und begaben uns zum nächsten Teil des Rundgangs. Da gings dann raus in den Schnee, nur echt mit Liegesesseln (zum Ausleihen für teuer Franken), jeder Menge Chinesen beim Schneeballwerfen und der Schwierigkeit, bei dem vielen Lichteinfall einigermaßen kontrastreiche Fotos zu machen. Das größte Problem mit dem Licht hatte indes mein Bruder, aber ohne Sonnenbrille da aufm Schnee rumlaufen ist natürlich auch nicht ohne. Daher wurde das Herumgestapfe im Schnee kurz gehalten und sich wieder den dunkleren Tunneln im Berg zugewandt.

Dort gibts dann noch so kitschigen Blödsinn wie eine ausm ganzen Holz geschnitzte Kuh (da muss man sich davor fotografieren lassen, sonst war man nicht da) oder einen Eispalast. Dort zeigte sich erneut der ganze Wahnsinn der Touristerei – eine Frau im Rollstuhl wurde dort die Treppe runtergefahren, während gleichzeitig links und rechts eine Horde Chinesen vorbeidrängte… Muss irgendwie alles nicht sein soviel Gedrängel. Der Berg rennt ja nicht weg, der ist älter als das Reich der Mitte. Was eventuell eher mal wegrennt sind die Eisskulpturen, wegen denen der Bereich auf Minusgrade gekühlt werden muss. Da gibts dann Eisbären und Tuxe und einen Hund (chinesisches Jahr des Hundes, letztes Jahr stand da noch ein Gockel in der Gegend rum) und  – besonderes Highlight – Scrat, das komische Haselnuss jagende Viech aus Ice Age eingefroren im Eis.

Fast am Ende des Rundgangs kommt man dann nochmal auf der anderen Seite der Station in den Schnee hinaus und kann sich dann vor der Bergkulisse oder der Schweizer Flagge fotoknipsen lassen – vorausgesetzt man findet einen Platz , wo nicht schon öchzig Leute im Bild stehen. Das klappte erstaunlicherweise recht gut, so dass wir ein schickes Foto der Sorte „Eltern im Schnee vor Schweizer Flagge vor Bergkulisse“ machen konnten. Und damit waren wir auch schon so gut wie am Ende der schönen Tour, ich musste etwas auf die Zeit achten, eildiweil Indianerpfeil wir ja Reservierungen für die Rückfahrt erstanden hatten. Und wir waren noch nicht durch den Souvenirshop und den Schokoladenladen durch – hatten aber auch keine halbe Stunde Zeit mehr.

Ende der Geschichte: Mein Bruder war genervt, mein Vater war genervt, meine Mutter war genervt, ich war genervt – nur die Gründe waren unterschiedlich. Bei meinem Bruder wars zu viel Sonne, bei meinem Vater wars sein holdes Eheweib, bei selbiger die Tatsache dass sie nicht genug Zeit für Souvenirshop und Schokoladenladen hatte (nachdem sie die allermeiste Zeit ja schon in ersterem verplempert hatte…) und bei mir die Tatsache dass ich von vornherein eine Stunde mehr hätte einplanen können. Aber dann wäre mein Bruder nur noch genervter gewesen, weil er dann noch mehr von den Radlfahrern am Nachmittag verpasst hätte. Man kanns halt nicht allen rechtmachen.

Etappe 3: Rückfahrt

Der Rest ist jetzt schnell erzählt: Wir fanden uns pünktlich zur Abfahrt des Zuges am Bahnsteig ein, zeigten brav die Barcodes am Scanner vor und rumpelpumpelten kurz darauf auch schon wieder schön talwärts. Die Aussicht war marginal schlechter, statt Fels und Fels und Werbevideos zur Aussicht gabs Fels und Fels und Werbevideos für einen Kraftwerkshersteller… nuja. An der Kleinen Scheidegg war inzwischen ordentlich Betrieb, wir hingegen fuhren nun azyklisch zum Ansturm den Berg wieder hinunter, betrachteten dabei gemütlich die schöne Aussicht auf Grindelwald, was von da oben aus tatsächlich aussieht wie eine Ansammlung von Modellhäuschen auf der Modellbahn, bevor man immer näher kommt und irgendwann feststellt, dass das ja doch richtige Häuser sind…

Kurz nach dem Mittag waren wir bereits wieder in Grindelwald, kauften noch fix Getränke ein und danach begann das nachmittägliche Unterhaltungsprogramm mit extrem Farbglotzofon gucken. Da strampelten sich ein paar bunt gewandete Pedalritter einen ab, um als erster oben aufm Berg anzukommen. Ich fand es mäßig spannend, interessanter war schon das Sprachstudium bei der Übertragung durch das Schweizer Fernsehen – wie überhaupt der Schweizer Wetterbericht ein echtes Highlight ist. Man versteht es irgendwie, aber irgendwie auch wieder nicht so richtig…

Letzte Amtshandlung des Tages war nun wie üblich das Abendessen, wobei ich zwar noch weiß, dass ich Schnitzel bestellt hab, aber nicht mehr, ob das an jenem Tag so komisch ablief weil es kurzfristig regnete und die Gäste von der Terrasse auch noch ins Restaurant strömten oder ob das am Vortag passiert war… Das kommt davon wenn man sich keine Notizen macht… Das Schnitzel hat auf jeden Fall geschmeckt und der Chefservierer hatte den Laden auch voll im Griff und brillierte mit Sprachkenntnissen und Wortwitz. Nur aufs Eis wurde verzichtet (denke ich jedenfalls, am Vortag gabs Eis und da waren wir danach alle ziemlich gut voll und wirklich großartig aktiv waren wir ja nicht gewesen).

Das mit der Aktivität sollte sich am nächsten Tag verbessern, aber das wird dann in den nächsten Beiträgen thematisiert. Uff, viel Geschreibsel und heute nicht mal mit auflockernden Grafiken dazwischen…

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