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Altes Metall und neuer Regen

10. Oktober 2015, 22:01 Uhr von Uwe

Am ersten September unternahm ich die letzte echte Tagestour des Urlaubs (danach folgte noch ein Tag, an dem ich nur zu Fuß unterwegs war, eine Rückfahrt und ein Kurztrip nach Nürnberg). Und diese Tagestour führte mich nach Speyer.

Im morgendlichen Berufsverkehr

Wie schon am Vortag war das Frühstück eher eines der hektischen Sorte, zumal ich bereits halb acht den ICE nach Mannheim erreichen wollte. Das klappte auch ganz problemlos, was ich genauso von der Fahrt nach Mannheim sagen kann. Der Zug rollt da erstmal ein Stück aus Stuttgart raus, biegt in Kornwestheim ab in einen Tunnel und dann ist Vollgas (oder das Elektromotoräquivalent dazu) angesagt. Von der hügeligen Landschaft da in der Gegend kriegt man nur auf einigen Brücken was mit, im Tunnel sieht man ja nüscht (das heest nichts, nich nüscht) davon.

Gestört wurde das morgendliche Berufspendlertum, welches mit Schnarchen, Laptoptippen, Kaffee trinken und Zeitunglesen beschäftigt war, nur durch eine einzelne Dame, die eher selten mit der Bahn zu fahren scheint. Erst verärgerte sie alle Mitreisenden durch einen ewig langen Anruf, bei dem sie inhaltlicherweise nur jemandem zum Geburtstag gratulierte, dies aber mit 20 Minuten Tratsch und Klatsch zu verbinden wusste. Und dann beschwerte sie sich beim Schaffner, dass die Steckdose an ihrem Sitzplatz nicht funktioniert… Spätestens da hatten dann die gegenüber sitzenden Herren die Schnauze voll und erklärten, dass sie statt motzen doch einfach einen anderen Platz aufsuchen könnte, so eine Steckdose ist schließlich nicht mal eine Randnotiz gegenüber Unpünktlichkeit, fehlenden Waggons und kaputten Klimaanlagen. Letztere war rein von den Temperaturen her aber auch gar nicht erforderlich.

Gut unterhalten kam ich dann in Mannheim an und guckte mir dort den morgendlichen Umsteigebetrieb an. Da sind ja ganze Völkerscharen unterwegs, und die ICEs stehen sich entsprechend auch gerne mal ein paar Räder platt. Ich stand mir hingegen nur die Beine in den Bauch, bis dann mal meine Bummelbahn, bestehend aus einem unbequemen Triebwagen, der in der ersten Klasse Sitze aus der Holzklasse verbaut hat (die sich von der zweiten Klasse nur durch das Muster unterscheiden).

Aber es waren ja nur knapp 25 Kilometer zu fahren, wobei das Highlight dieser kurzen Reise die Überquerung des Rheins zwischen Mannheim und Ludwigshafen war. Naja, und das Sichten eines Sonderzuges auf dem Weg nach Schweden, bei dem unter anderem ein Krokodil und die 103 222 (in einer abgrundtief hässlichen aschfahl-mausgrauen Lackierung) zu sehen waren. Das Krokodil hatte übrigens laut einschlägiger Internetinformationen diverse Schäden im Rahmen der Reise, wo man sich schon fragt, was die da eigentlich verzapft haben, normalerweise laufen die ja wie Schweizer Uhrwerke…

Zum Speien

Kurz vor neun Uhr war ich dann auch schon in der uralten Stadt Speyer und machte mich erstmal grob mit dem Stadtplan vertraut. Dabei stellte ich fest, dass die Altstadt mit Dom direkt auf dem Weg zum Technikmuseum liegt, was die weitere Planung natürlich ungemein vereinfacht. Der Himmel zeigte sich zu diesem Zeitpunkt noch bedeckt, mit einigermaßen angenehmen Temperaturen knapp über 20 Grad, und so lief ich in Richtung der Altstadt, vorbei an einer schmucken Fußgängerzone, in der zu dieser frühen Stunde aber noch nichts los war. Und wieso schreib ich eigentlich so überlange Relativsätze?

Da kam ich dann auch direkt am Dom vorbei, der als Weltkulturerbe ausgewiesen ist und viel zu groß ist um ihn aufs Foto zu kriegen. Ich guckte mir das gute Stück also mehr oder minder oberflächlich an und lief dann direkt weiter zum Technikmuseum. Da war zu dieser frühen Stunde auch noch nix los, so dass ich gar nicht erst groß anstehen musste um eine Eintrittskarte zu erwerben.

Historische Technik

Das Technikmuseum befindet sich auf einem Gelände neben dem Flugplatz Speyer in einer alten Fabrikhalle. Und da steht dann so ziemlich alles, was alt ist und Räder oder Flügel hat. So findet man dort einen 300 SL neben einem Trabant, rund 50 Rennmotorräder, daneben verschiedenste Lokomotiven, Flugzeuge, Modelle, und was man sonst noch so an Technik ausstellen kann.

Die schiere Größe der Ausstellungen ist schon beeindruckend, man ist da problemlos den ganzen Tag beschäftigt, sich alles anzuschauen. Mir taten blöderweise ziemlich schnell die Füße weh von dem ungewohnt langsamen Herumschleichen von Exponat zu Exponat. Die Präsentation mit vielen Stücken auf wenig Raum ist auch nicht unbedingt optimal und geht höchstens als Sammlung, aber nicht wirklich als Museum durch. Auf jeden Fall kann ich nun aber von mir behaupten, mal im Frachtraum und auf dem Flügel einer 747 gestanden und eine Probe Mondgestein sowie den Prototypen der Raumfähre Buran gesehen zu haben.

Das Wetter machte den Besuch allerdings ab ungefähr 11 Uhr zur Tortur. Die Wolken verzogen sich langsam, die Temperaturen kratzten erneut an der 30 Grad-Marke und es war drückend schwül, so dass die Klamotten am Körper klebten… Für den Abend waren ja auch ergiebige Gewitter vorhergesagt, insofern passte das alles schon zusammen, anstrenged war es trotzdem.

Der Mittag wurde im Schnellrestaurant des Museums verbracht, wo ich mir gestreifte Kartoffeln mit geplatztem Huhn einschob und das ganze mit einer riesengroßen Limo runterspülte. Dann fing es draußen an mit ganz leichtem Nieselregen. Das nahm ich zum Anlaß, mich wieder auf den Weg zum Bahnhof zu begeben. Unterwegs nahm die Menge an Nieselregen soweit zu, dass ich mir gar die Jacke anzog, nur um sie 200m weiter wieder abzulegen, da der Regen aufhörte und dafür die Sonne rauskam. In Anbetracht dieser schönen Tatsache kam mir das italienische Eiscafé (die gibts da wie Sand in der Sahara) gerade recht, so dass ich mir eine Eistüte mit Erdbeer, Walnuss und (Achtung) After Eight gönnte. Es hätte noch mehr spannende Sorten gegeben, aber zu viel Eis ist ja auch nicht gut.

Querfeldein im Schwäbischen

Der Reiseplan sah nun die Rückfahrt nach Mannheim vor. Diese wurde zu einer sehr kurzweiligen Veranstaltung dank einiger Lokführer, die auf der Rückfahrt von einer Schulung waren. Diese tauschten diverse Stories aus, die zum einen komische Zielvereinbarungen zu energiesparender Fahrweise beinhalteten, zum anderen die teilweise gefährliche Blödheit der Reisenden thematisierten. Anlaß war der Typ, der am Bahnhof Speyer zwei EUR einwarf, weil er aufs Klo musste. Dass da an der Tür groß „defekt“ dranstand hatte er geflissentlich ignoriert… Das Ignorieren bzw. Nichtsehen von offensichtlichen Schildern kann ich für defekte Türen im Zug genauso bestätigen. Danach ging es um Geschichten wie die von dem Typen der noch schnell vor über die Gleise hüpfen musste und ausrutschte und nur mit Mühe wieder auf den Bahnsteig gelangte, ohne dass was passierte – außer dem schallenden Gelächter aller auf dem Bahnsteig stehenden Reisenden.

Eher nachdenklich stimmte mich aber die Story von der jungen Dame, die direkt nach dem Aussteigen hinter dem Zug die Gleise überqueren wollte. Da kam nämlich auf dem Nachbargleis gerade ein ICE herangerauscht. Laut Erzählung muss die Dame ein irrsinniges Glück gehabt haben, dass der Zug nur wenige Zentimeter vor ihrer Nasenspitze vorbeidonnerte. Wenn der Lokführer nur Sekundenbruchteile eher die Türen geöffnet hätte, wäre das anders ausgegangen. Insofern habe ich da auch Verständnis dafür, dass Lokführer sein kein einfacher Job ist.

In Mannheim hieß es nun Umsteigen in den Zug Richtung Heilbronn. Dieser juckelte nun nach Heidelberg und von dort querfeldein über so illustre Halte wie Sinsheim (noch ein Technikmuseum, da sieht man vom Zug aus aber nur Concorde und TU-144) und Bad Wimpfen. Das Wetter fiel zusehends in sich zusammen, der Himmel zog zu und kurz vor Heilbronn begann erneut ein leichter Regen.

Da die direkte Verbindung von Heilbronn nach Stuttgart wegen Bauarbeiten gesperrt war, machte ich nun noch einen zusätzlichen Umweg mit einem Schlenker in Richtung Osten. Dieser wurde in einem steinalten Dieseltriebwagen zurückgelegt, der weder Klimaanlage noch erste Klasse aufwies. Ersteres war nicht notwendig, letzteres hätte ich mir schon gewünscht, der Zug war nämlich zum beginnenden Feierabend gut gefüllt.

Von der Strecke aus kann man bei schönem Wetter sicherlich tolle Landschaften sehen, ich sah hingegen nur tiefhängende Regenwolken, und spätestens ab Öhringen war dann endgültig Schluß mit schönem Wetter, ab da goß es aus Eimern. In Schwäbisch Hall-Hessental musste ich dann auch noch raus in dieses Mistwetter, weil ich von dort nun wieder zurück nach Stuttgart fahren wollte. Der Bahnhof ist mitten in der Pampa, zum Unterstellen gibt es gar nix außer der Überdachung der Unterführung (das wäre doch mal ein Projekt für die örtliche Bausparkasse…), ich war also froh, dass mein Anschluß bereits am gegenüberliegenden Bahnsteig stand. Ich lief als auf diesem Bahnsteig ungefähr eine Wagenlänge den Zug entlang zum Wagen der ersten Klasse, also insgesamt vielleicht 30 Meter. Das reichte schon, dass meine Jacke an den Schultern komplett durchgeweicht war. Und weil Murphy ein Arschloch ist, ließ der Regen keine 10 Minuten später deutlich nach.

Abends im Hotel

Der Zug fuhr nun ohne weitere Ereignisse nach Stuttgart, wo es nur ganz leicht nieselte. Ich lief zurück zum Hotel, gönnte mir an der Bar erstmal ein Bier und schrieb die Erlebnisse des Tages ins Reisetagebuch. Den restlichen Abend verbrachte ich vor der Glotze, da lief aber irgendwie nur Schrott. Ich blieb am Ende bei einer Doku über die 20 Jahre Jubiläumstouren von Scooter und DJ Bobo hängen… Musikalisch ist das ja nicht meine Baustelle, aber die Jungs kamen in den Interviews durchaus bodenständig rüber und sagten auch selbst ganz klar, dass sie sich überhaupt nicht als große Künstler sehen, sondern eben einfach nur mit viel Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort den richtigen Hit hatten. Danach folgte noch eine Doku über die Entwicklung der Technoszene im Berlin der frühen 90er Jahre, was auch mal ganz interessant war. Damit war dann der Tag aber auch endgültig vorbei.

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