Kategorien

Archive

Kalender

September 2015
M D M D F S S
 123456
78910111213
14151617181920
21222324252627
282930  

Wider den tierischen Ernst

21. September 2015, 22:28 Uhr von Uwe

Am Samstag, den 22.8., ging es besichtigungsmäßig in eine völlig andere Ecke Hamburgs, nämlich in Hagenbecks Tierpark. Warum ich dort auf die seltene Art des zweibeinigen Rasenballtreters stieß, welche Rolle die lokale Metallvogelpopulation auf meine Fotoausbeute hat, und weswegen man sich den Tierpark sonst noch so anschauen sollte gibts nun wie üblich in aller epischer Breite ausgewalzt…

Ohne Mampf kein Kampf

Den Frühstücksteil mit schwäbisch schwätzender Familie vorm ersten Kaffee überspringe ich einfach mal, da bereits vom Vortag bekannt. Mein Weg führte mich nach dem Frühstück zunächst einmal zum Hauptbahnhof, bzw. vielmehr in den dortigen Supermarkt. Dort gab ich die Pfandflaschen vom Vortag ab und erstand neue Pfandflaschen, die sich durch ihren Inhalt (Zuckerwasser statt Luft) und ihr Gewicht von den gerade abgegebenen unterschieden. Gute Verpflegung war wichtig, die Sonne brutzelte bereits am frühen Morgen – es war noch vor acht Uhr – ziemlich heftig.

Als nächstes Hindernis für einen erfolgreichen Tierparkbesuch hatten die Götter des ÖPNV die Qual der richtigen Fahrkartenwahl entwickelt. Zählen sie die Stationen zwischen Start und Ziel, addieren sie die Quersumme ihres Geburtstages und multiplizieren sie das Ergebnis mit dem Datum des nächsten Heimsieges des HSV – oder so ähnlich. Am Ende reichte dann doch ein solitärer Einzelfahrschein, aber wenn man sich die Wabenstruktur des Verbundgebietes so anschaut braucht man sich nicht wundern wenn die Leute lieber Auto fahren.

Die Fahrt mit der U-Bahn war danach keine große Herausforderung mehr, in die richtige Linie einsteigen, eine Viertelstunde Tunnelwände angucken und an der nach dem Tierpark benannten Haltestelle aussteigen funktionierte nach dem ersten Kaffee absolut problemlos.

Die meiste Zeit des Lebens wartet der Urlauber vergebens

Ich war ungefähr eine Viertelstunde vor dem Öffnen des Parks vor dem Eingang eingetroffen, vor mir waren aber schon mehrere Familien mit Kind, Kegel und Bollerwagen, so dass ich spontan keine Lust hatte, mich in die Schlange einzureihen. Also lief ich noch ein bissel in der Gegend herum und entdeckte neben dem Tierpark das zu selbigem gehörende Hotel. Und vor diesem Hotel stand ein Exemplar der Familie Omnibus, Gattung Reisebus, Art Mercedes Benz O irgendwas. Das besondere an diesem Exemplar war die Beschriftung, die es als Transportbehälter für hochbezahlte Sportler (Familie der Freiluftsportarten, Gattung Ballspiele, Art Fußball oder so ähnlich) des VfB Stuttgart auswies. Die hatten am Nachmittag ihr Spiel gegen den HSV und hatten wohl dort im Hotel übernachtet.

Nach dieser bahnbrechenden Entdeckung dackelte ich also zurück zum Eingang, wo inzwischen der Austausch von bedrucktem Papier gegen anderes bedrucktes Papier vorgenommen wurde. Ich erhielt dort also einen Wegweiser und zwei Eintrittskarten, eine für den Tierpark ansich und eine fürs Tropenaquarium. Und damit begann die Suche nach den Tieren hinterm Busch, im Wasser oder wo immer sie sich sonst versteckten.

Kapitän Nemo und afrikanische Giftstrippen

Erstes Ziel des Rundgangs war das Tropenaquarium. Dort kann man sich urzeitliche Krokofantenviecher angucken (die laut Warnschild gerne Touristen futtern), es gibt freilaufende Affen (nein, die Besucher sind damit nicht gemeint, die dürfen auch nicht frei rumlaufen, sondern sich an die Wege halten), und nicht zuletzt kann man Fische in allen Größen und Farben bestaunen. Und damit sind nicht die einheimischen Warmduscherfische gemeint, sondern Piranhas, Weißspitzenhaie, Quallen und ähnlich exotisches Getier. Und für die kleinen Gäste gibts natürlich auch Nemo.

Drei Türen weiter kann man sich die Nase an der Terrariumswand plattdrücken, nur um dann festzustellen, dass die Tarantel direkt vor der Nase hockt und einfach nur gut getarnt ist. Sehr beeindruckend sind auch die grünen Giftstrippen der Gattung Dendroaspis. Den Zähnen der im gleichen Terrarium untergebrachten Bitis gabonica möchte ich ebenfalls nicht unbedingt zu nahe kommen. Ein Terrarium weiter konnte man dann noch kreuzgefährliche gekreuzt gemusterte schlapp klappernde Klapperschlangen beim Sonnenbaden beobachten.

Geparkte Tiere

Nun war der eigentliche Tierpark an der Reihe. Was als erstes auffällt, ist die großzügige Gestaltung der Gehege und der weitgehende Verzicht auf Käfige und Absperrgitter. Stattdessen gibt es natürliche Hindernisse wie Wassergräben, die dafür sorgen, dass die Besucher den Tieren nicht zu nahe kommen. Die Rasenflächen zum Beispiel werden durch freilaufende Pampashasen kurzgehalten.

Ich folgte also der Wegbeschilderung und guckte mir gemütlich alle Sorten von üblicherweise vierbeinigen Viechern an. Hervorzuheben sind dabei insbesondere die Eismeeranlage, in der sich Eisbären, Walrosse und nicht zuletzt auch Pinguine tummeln und deren Innenbereiche ganzjährig auf Kühlschranktemperatur gekühlt werden. Da läuft man also in kurzer Hose draußen rum und friert sich dort mal spontan den Arsch ab, während man versucht, durchs Wasser rauschende Torpedos zu fotografieren…

Über all den irdischen Viechereien schweben dann alle paar Minuten noch starrflügelige Blechvögel. Diese kommen aus aller Welt und landen dann mit viel Getöse kurze Zeit später am Hamburger Flughafen. Je nach Standort im Tierpark kann man da auch schöne Feldforschungen betreiben. Ich schlappte mir hingegen die Hacken platt und war gegen Mittag ziemlich fix und fertig – alle Wege entlanggelaufen und alle Tiere angeguckt. Insbesondere die großen Großwildkatzen (Panthera) machten das was ich auch im Anschluss zu tun gedachte (und dann doch nicht tat) – Mittagsschlaf.

Große Raubtierfütterung

Eher zufällig stapfte ich auf meinem Weg zum Ausgang noch einmal an der Anlage der grauen großohrigen Langnasenvegetarier vorbei. Dort war Fütterung angesagt. Diese läuft so ab, dass sich die Vierbeiner am Anlagenrand dem Publikum präsentieren, welches am Eingang erworbenes Grünfutter verfüttern darf. Dazu hält man also Karotte oder Apfel oder was auch immer der Speiseplan da so vorsieht am ausgestreckten Arm vor die lange Nase des Tieres, und der Elefant frisst einem dann genüsslich aus der Hand. Das erlebt man sicherlich auch nicht jeden Tag.

Urbanes Wandern für Fortgeschrittene

Zum anschließenden Abschluss des Rundgangs hatte ich mir noch einen Stein im Schuh eingefangen, den ich vor dem nun folgenden Spaziergang noch fix entfernte. Da ich keine Lust auf erneutes U-Bahn fahren hatte fasste ich den rückblickend eher genial wahnsinnigen als wahnsinnig genialen Entschluss, zu Fuß zurück zu laufen. Und das nicht etwa auf dem kürzesten Weg, sondern mit Umweg über die östliche Seite der Außenalster. Das sind laut internetbasierter Streckenplanung mal eben schlappe neunkommairgendwas Kilometer quer durch den Großstadtdschungel, bei Temperaturen die auch in der Sahara nicht fehl am Platz gewesen wären. Aber gut, ich hatte es mir vorgenommen, also wurde es durchgezogen.

Die Ausblicke über die Außenalster lohnten sich definitiv, auch wenn man vor lauter sportbegeisterten Dauerläufern kaum einen ruhigen Schritt gehen konnte. Auch verkehrstechnisch ist Hamburg etwas komisch, da gibt es doch tatsächlich eine Einbahnstraße, die je nach Tageszeit mal in die eine und mal in die andere Richtung befahren werden darf… Da darf man auf keinen Fall irgendwelche verpeilten Touristen hinschicken… Ziemlich sicher mit Touristen besetzt waren die Gokarts (mit Lampen und Straßenzulassung), die ebenfalls an mir vorbeiknatterten – Sightseeing für Fußlahme…

Freilaufende Fanatiker

Am Ende meines länglichen Nachmittagsspaziergangs traf ich schließlich kurz vor 15 Uhr am Hauptbahnhof ein und wollte mich nun endlich mal stärken. Dies war allerdings gar nicht so einfach, da wie eingangs erwähnt der HSV ein Heimspiel hatte und dementsprechend viel am Bahnhof los war. Irgendwie mogelte ich mich dann aber doch an den Rasenhalmafanatikern vorbei und landete schlußendlich in einem ziemlich gut gefüllten Restaurant zur goldenen Möwe. Dort verfutterte ich gestreifte Kartoffeln und geplatztes Huhn und spülte das ganze mit viel ungesundem Zuckerwasser runter. Damit war dann der Kalorienbedarf für den Tag auch gedeckt, zumal ich die Hälfte des Zeugs gleich wieder ausschwitzte.

Ich blieb noch eine ganze Weile da hocken und beobachtete das bunte Treiben zum Samstag nachmittag. Da kann man ja die tollsten Menschenstudien betreiben. Nebenbei schrieb ich noch die Ereignisse des Tages im Reisetagebuch nieder, damit man diesen ganzen unwichtigen Blödsinn hier jetzt in geballter Form nachlesen kann. Ich ergriff dann schließlich doch die Flucht, als am Nachbartisch eine Horde Teenies Platz nahm und man vor lauter „ey, alder, digger, ey“ keinen zusammenhängenden Satz mehr vernehmen konnte.

Zurück im Hotel fiel ich erstmal ziemlich knülle unter die Dusche und anschließend aufs Bett, wo ich mich ausführlich mit der Planung des folgenden Sonntages beschäftigte. Da wollte ich nämlich nicht in Hamburg verweilen, weil aufgrund einer Radsportveranstaltung alle wichtigen Wege der Innenstadt gesperrt waren und man mit verschärften Menschenmassen rechnen musste. Und so ergab sich eine schöne Rundreise durch überaus abwechslungsreiche *gähn* Landschaften. Mehr dazu aber an anderer Stelle.

Einen Kommentar schreiben