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Unterwegs in Golfsburg

27. August 2015, 19:30 Uhr von Uwe

Auf dem Plan stand die Fahrt in die mitteldeutsche Pampa, gleich links von der Altmark. Und da trieb ich mich in einer Stadt herum, die erst 1938 gegründet worden war, wegen eines von Ferdinand Porsche konstruierten Autos, dass später in die Geschichtsbücher und Museen einging. Ich ging an diesem Tag auch in die Museen ein, allerdings als Besucher 😉

Der Tag begann wie die allermeisten anderen auch mit dem Aufstehen, aber ungewohnt früh am Morgen, nämlich bereits gegen 6 Uhr. Grund hierfür war ganz einfach, dass der morgendliche Zug nach Magdeburg um 6:33 Uhr direkt weiter nach Wolfsburg fährt, während man bei allen späteren Zügen in Magdeburg umsteigen muss. Außerdem ist der Verkehr zwischen Magdeburg und Wolfsburg nicht so regelmäßig, mit dem nächsten Zug wäre ich erst deutlich später in der Stadt der Autos angekommen. So aber verdöste ich die ersten Kilometer bis Magdeburg gemütlich, da eh bekannt. Ab Magdeburg ging es nun auf wackeligem Untergrund in nordwestlicher Richtung durch langweilige Landschaft. Das einzig spannende an der Strecke ist der Mittellandkanal, der mehrfach überquert wird.

Physik für Anfänger

Den Lacher des Morgens hatte ich dann irgendwo bei Haldensleben, als wir auf den Gegenzug warten mussten. Da kam doch anschließend glatt die Ansage, dass wir jetzt „ungefähr sechs Minuten Verzögerung“ haben würden. Dass ein Schaffner kein Physikdiplom braucht, sondern eins in Psychologie und Menschenkenntnis ist ja nun nix neues, aber man kann das Kind doch auch einfach beim Namen nennen und „Verspätung“ sagen. Eine Verzögerung ist eine Beschleunigung mit Minus davor, und die berechnet sich nach wie vor als delta v / delta t und deswegen hat das Ergebnis auch die Einheit Meter pro Quadratsekunde. Eine Verspätung hingegen berechnet sich aus zahllosen chaotischen Einzelfaktoren und ergibt am Ende eine Zeit, gemessen in Minuten und grundsätzlich positiv (und meistens mit viel zu großem Wert). Mit dieser „Verzögerung“ kamen wir dann auch in Wolfsburg an.

Zeit totschlagen

Als ich in Wolfsburg ausstieg war es ungefähr 8:40 Uhr. Laut Internet sollte das VW-Museum um 9 Uhr öffnen, allerdings stand im Kleingedruckten noch der nette Satz, dass während der niedersächsischen Sommerferien erst um 10 Uhr geöffnet wird. Damit hatte ich nun blöderweise viel Zeit. Diese überbrückte ich, in dem ich mich erstmal in der Gegend umsah. Direkt neben dem Bahnhof ist das Science Center phæno, und gegenüber vom Bahnhof steht auf der anderen Seite des Mittellandkanals direkt das VW-Werk, inklusive einer Fußgängerbrücke vom Bahnhof über den Kanal bis vor die Eingangstüre der Autostadt.

Da stellte ich mich erstmal hin und beobachtete das Treiben auf dem Bahnhof. Hinter mir hasteten die Mitarbeiter der Autostadt zu ihren Arbeitsplätzen. Grinsen musste ich über eine Hostess in einem typischen Businesskostüm, die mit Turnschuhen zum Fahrstuhl eilte, und dann im Fahrstuhl (war von außen zu sehen wegen Glaswänden) die High Heels auspackte. Verständlich, wer will schon den ganzen Tag so dusslig in der Gegend herumstöckeln.

Ich hatte dann erstmal genug vom herumstehen und latschte in meinen ausgewalzten Bequemtretern die ungefähr 2 Kilometer bis zum VW-Museum. Aus Richtung Braunschweig zogen bedrohliche Regenwolken auf, es blieb aber trocken, und gegen kühlere Temperaturen war ja auch nichts einzuwenden. Damit hatte ich dann auch die Wartezeit bis zur Öffnung totgeschlagen und widmete mich nun der Besichtung des ersten Museums des Tages.

Vierrädrige Krabbelviecher

Im Museum ging es um die Typgeschichte von VW, und da gibts ja gerade bis 1980 nicht wirklich viele verschiedene Fahrzeuge. Den Hauptteil nimmt natürlich der Käfer in allen Varianten und Bauformen ein, egal ob mit Holzkarosse, mit Porschemotor und 2m breitem Heck getunt, aus Lego (als Modell), mit Briefmarken verziert oder oder oder. Das gleiche Spiel natürlich mit Golf und Polo, dazu gesellen sich eine Handvoll Busse der Varianten T1 und T2. Neuere Modelle sind auch vertreten, wenn auch in deutlich geringerem Umfang. Besonders grinsen musste ich über ein Unikat auf Basis des Käfers. Gestalter der Kunstakademie Burg Giebichenstein (oder wie die damals hieß) hatten auf die Bodengruppe des Käfers eine Sportwagenkarosse gezimmert und dazu dann Blinker vom Wartburg und die Scheibenwischer sowie Lampen vom Trabant montiert. Wo ein Wille ist… Insgesamt ist das Museum eher klein, nach einer guten Stunde war ich durch und lief zurück in Richtung Bahnhof.

Physik für Anfänger zum Zweiten

Das nächste Ziel war das Science Center. Das ist nicht direkt ein Museum, sondern eher eine Ausstellung zum Anfassen. Bei jedem Exponat kann man irgendwas drücken, Hebel bewegen oder sonstige Aktionen auslösen und kriegt damit dann verschiedenste Phänomene aus allen Bereichen der Physik (hauptsächlich Mechanik, aber auch Optik, Akustik und Thermodynamik) mehr oder minder anschaulich gezeigt. Das ganze ist eine Spielwiese für Kinder, es rannten auch zahlreiche Grundschüler durch die Gegend. Leider hatten die größtenteils eine Aufmerksamkeitsspanne von 12 bis Mittag und interessierten sich eher nicht für die physikalischen Hintergründe – Hauptsache es knallt, zischt oder bewegt sich irgendwie.

Beim nächsten Besuch werde ich daher Ohrstöpsel mitnehmen, anders hält man einen Raum wie die Sonderausstellung zum Thema Flipperautomaten mit ungefähr 20 Geräten ja gar nicht aus (und nicht mal „Pinball Wizard“ wurde da gespielt…) Auf jeden Fall kann man sich in der Ausstellung problemlos auch doppelt so lange aufhalten wie ich das tat, mir gingen dann nur irgendwann die Hintergrundgeräusche zu sehr auf die Nerven. Spannend war es aber alle Mal.

Noch mehr Altmetall

Ich hatte jetzt noch eine Stunde Zeit bis zur Abfahrt des Zuges, also tigerte ich dann doch noch einmal in die Autostadt. Da wurde mir dann erstmal bewußt, wie riesengroß dieses Areal ist und wie viel Zeit man da verbringen kann. Sogar eine Bootsfahrt auf dem Mittellandkanal wird als Teil des Besuchs angeboten, dazu gibt es die unterschiedlichsten Restaurants von „Werkskantinen-Currywurst“ bis zur gehobenen Küche. Und zwischendrin kann man sich natürlich auch Autos angucken, kreuz und quer aus dem gesamten VW-Konzern. Und natürlich noch ein paar Oldtimer verschiedenster Hersteller.

Und genau letztere interessierten mich am ehesten – was will ich mir auch einen aktuellen Golf angucken, ist ja nur unser Navi drin 🙂 Also stiefelte ich dann erstmal durchs Museum. Dieses konzentrierte sich auf Fahrzeuge, die irgendeinen speziellen technischen oder ästhetischen Fortschritt darstellten. Das sind dann so Typen wie der Tatra 87, oder der Bugatti Royale, oder ein Lamborghini Miura, oder ein Trabant, oder oder oder. Achja, ein DeLorean war auch ausgestellt, allerdings ohne Flux-Kompensator. Die Zeitreise durch die Automobilgeschichte war auf jeden Fall interessant.

Im Anschluß guckte ich noch in die Markenpavillons rein. Das ganze Gelände erinnert ja eher an eine Gartenschau mit Blumenrabatten und Springbrunnen, und zwischendrin gibts dann halt für die verschiedenen Firmen im VW-Konzern einzelne Pavillons, wo man sich in die aktuellen Modelle mal reinsetzen kann. Das ist dann gerade für jüngere Autonarren ein freudiges Ereignis, mal hinter das Steuer eines Porsche klettern zu können.

Ich guckte mich allerdings etwas länger im Audi-Pavillon um. Da bekommt man am Eingang eine Plastekugel in die Hand und darf dann von sich behaupten „Ich bin ein Ood.“ (den wird nur wieder außer meinem Bruder keiner kapieren…). Jedenfalls interessierte mich da natürlich auch am ehesten mal unser Navi im Auto, welches allerdings deaktiviert war wegen Zündung aus. Muss ich also doch weiter zu den Kollegen der Testabteilung gehen, die das Gerät auf dem Tisch stehen haben…

Rückfahrt

Damit war es Zeit, die Rückfahrt anzutreten. Geplant war ein Umweg über Berlin, damit ich noch die Schnellfahrstrecke von Wolfsburg nach Berlin befahren kann, denn die kannte ich auch noch nicht. Also stand ich pünktlich viertel nach zwei am Bahnhof. Allein was nicht pünktlich war, war der Zug. Der hatte wegen irgendwelcher „Verzögerungen im Betriebsablauf“ 10 Minuten Verspätung. Ob diese Verzögerungen physikalisch korrekte Einheiten hatten war mir dann aber auch egal.

Die erste Klasse war recht leer, und so ging es nun auf in Richtung Berlin. Allerdings nur bis irgendwo bei Gardelegen, dort standen wir dann erstmal weiter dumm in der Gegend herum. Grund war eine Baustelle, deswegen war Stau und wir mussten warten. Damit waren aus 10 Minuten Verspätung ungefähr 35 geworden. Auch das war für mich noch kein Grund zur Panik, da ich in Berlin ungefähr 45 Minuten zum Umsteigen hatte. Die hatte ich eigentlich zur Futtersuche eingeplant, daraus wurde nun aber nix mehr, stattdessen stieg ich einfach nur um in den Zug Richtung Magdeburg. Dabei merkte ich erstmal wie verflixt warm es im Osten war. In Wolfsburg war es den ganzen Tag bedeckt gewesen, die Temperaturen lagen irgendwo bei 22 Grad, während in Berlin knapp an den 30 Grad gekratzt wurde.

Zum Rest der Fahrt gibt es dann nicht mehr viel zu erzählen, die Strecke bin ich oft genug gefahren, nur die Anzahl der Güterzüge zwischen der Elbbrücke bei Magdeburg und dem Hauptbahnhof war beachtlich – in ungefähr 10 Minuten fünf Güterzüge sehe ich nicht jeden Tag. Damit war der Tag dann aber auch vorbei, bis auf eine komplizierte Planung der Reise des nächsten Tages. Das ist aber bereits eine andere Geschichte.

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