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Immer noch Wetter

1. März 2010, 19:48 Uhr von Uwe

Wenn einer eine Reise tut, dann kommt er manchmal auch da an, wo er losgefahren ist. So ist es mir gestern gegangen. Geplant war eine Fahrt von meinen Eltern aus zurück in den Schwarzwald über Magdeburg, Braunschweig (ICE via Göttingen, Kassel, Fulda, Frankfurt, Mannheim, Karlsruhe) und Offenburg. Schon zigmal gemacht, alles reine Routine, Beginn morgens um 10, abends gegen 6 Ankunft. Was soll ich sagen, die Züge waren absolut pünktlich. Bis…

Bis der ICE irgendwo im hessischen Hindukusch zwischen Fulda und Frankfurt eine Vollbremsung hinlegte. Fünf Minuten später kam eine Durchsage, dass sich ein Ast erdreistet hatte, direkt über dem Zug in die Fahrleitung zu fallen und den schönen Zug zu beschädigen, die Weiterfahrt würde sich daher unbestimmt verzögern. Es brach allgemeiner Jubel aus, anschließend wurde das Bordbistro gestürmt (kostenlose alkoholfreie Getränke, solange der Vorrat reicht), in Wagen 14 (ganz ganz ganz vorne, am anderen Ende des Zuges) wurde eine Tür für die Raucher geöffnet (Stau von Wagen 6 bis 14 war die Folge), und nun harrte man der Dinge die da kommen mochten. Das war gegen 14:15 Uhr. Ich klappte derweil den Laptop auf und schaute mal auf der Bahnseite nach, was denn Sache war.

Was ich dort sah, machte mir schlagartig klar, dass die Reise ziemlich beendet war: Komplette Einstellung des Bahnverkehrs im Großraum Frankfurt, später in ganz Hessen, auch weiter südlich in Mannheim, Karlsruhe und im Schwarzwald ging nicht mehr allzuviel. Dies wurde auch schnell vom Personal so durchgesagt (die, und das muss ich betonen, wirklich kompetent, freundlich und sehr souverän mit der ganzen Situation umgingen und alles im Griff hatten – soweit man in dieser Situation überhaupt alles im Griff haben kann – ohne Strom nicht funktionierende Bordtoiletten sind jedenfalls nicht unbedingt des Ingenieurs größte Leistung. Ich fühlte mich jedenfalls gut informiert, im Gegensatz zu zahllosen Reisenden irgendwo im Bummelzug oder am Bahnsteig in Kleinkleckersdorf, dort steht man dann wie der Ochs vorm Berg, ohne dass irgendwas durchgesagt wird…). Da nun relativ klar war, dass die Fahrt erst Stunden später und dann auch nur höchstens nach Frankfurt weitergehen würde, rief ich bei meinen Eltern an und bestellte mir ein „Taxi“. Ist natürlich blöd, genau in der Hälfte der Strecke zu stranden, aber Murphy ist eben Perfektionist.

Nach über zwei Stunden war das Geäst aus der Oberleitung entfernt und wieder Strom im Zug verfügbar. Der Zug hielt dann im nächsten Kuhkaff an (Bad Soden-Salmünster, kannte ich bis dahin auch nicht), dort konnte man zumindest aussteigen und sich die Beine vertreten. Da war es dann schon so gegen 17:30 Uhr, als es plötzlich hieß, der Zug könne weiter nach Frankfurt fahren. Nach kurzer Rücksprache mit meinem Vater (der inzwischen irgendwo auf der A7 Richtung Süden gurkte) verließ ich den Zug an dieser Stelle, denn was sollte ich in Frankfurt, da hätte ich auch nur die Bahnhofsmission und den Service-Point nerven können, es ging ja dort nirgendwohin weiter für mich.

So stand ich dann noch bis kurz nach 19 Uhr zusammen mit anderen Reisenden, die aber eher in Richtung Hanau und Frankfurt wollten, mithin also um die Ecke, in dieser Einöde herum, zuerst am Bahnhof, dann in einer Tanke um die Ecke, da wars warm und es gab Kaffee. Zwischendurch rauschte alle fünf Minuten die Feuerwehr mit lautem Tatü durch die Gegend, ein Taxifahrer erzählte Horrorgeschichten von fliegenden Dachziegeln und 3h Fahrzeit bis Frankfurt (für 60km). Irgendwann standen dann meine Eltern an der Tanke, luden mich ein und wir fuhren im strömenden Regen wieder zurück gen Nordosten. Gegen 23:20 Uhr war ich dann wieder da angekommen, wo ich die Reise 13:20 h vorher begonnen hatte…

Heut morgen ging es dann im zweiten Anlauf in den Süden, diesmal aber mit dem Auto… Zum Glück hab ich so positiv bekloppte Eltern, die solchen Quatsch mitmachen. Im DPA-Deutsch liest sich die ganze Aktion dann übrigens ungefähr so: 800 Reisende stecken stundenlang im ICE fest.

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