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Gardinen, eingeweicht

28. Juni 2009, 07:46 Uhr von Uwe

Der kryptische Titel erklärt sich eigentlich ganz einfach: Ich war gestern aufm Open Air-Konzert, es spielten unter anderem Blind Guardian (die „blinden Gardinen“), und parallel dazu gabs Wasser von oben. Nach dieser Kurzzusammenfassung nun noch ausführlich für alle, deren Aufmerksamkeitsspanne über die Zeichenbegrenzung einer SMS oder eines Twitter-Eintrages hinausreicht:

Letzten Montag erzählte ein Kollege auf Arbeit von einem Konzertbesuch, wir kamen ins Gespräch und so stellten wir dann irgendwann fest, dass am kommenden Wochenende in Balingen (hier um die Ecke quasi) das Bang Your Head-Festival stattfindet. „Magst mitkommen?“ Ich stellte dann erstmal fest, dass a) es keine Karten mehr im Vorverkauf gab, weil schon zu kurz vor Festivalbeginn und b) mich das Billing des Freitags nicht sonderlich juckte. Also beschlossen wir, dass ich nur am Samstag mitkommen würde. Einmal BYH für Kurzentschlossene also.

Gestern früh schienen diese Pläne ziemlich ins Wasser zu fallen, es regnete nicht nur, es goss in Strömen. Ich war nur kurz in der Innenstadt, das hat gereicht um mich komplett zu durchnässen – schöne Aussichten für ein Open Air. Kurz nach Mittag ließ der Regen aber nach, und als wir dann kurz vor drei losfuhren – mein Kollege, ein Kumpel von ihm und ich – schien gar die Sonne. Anscheinend steht der große Wolkenschieber auf Heavy Metal.

Die anderen beiden hatten schon auf dem Weg vom Parkplatz zum Gelände ein Bier in der Hand, wir mussten dann vorm Einlass warten, mit Bierflasche kommt man ja nicht rein – prompt standen zwei Jungs (geschätzte 12 oder 13) vor uns und wollten uns die Flaschen abnehmen – Pfand einsammeln. Die machen da wohl genug Umsatz, um sich danach ein neues Spiel für die heimische Konsole zuzulegen. Am schärfsten war dann die Szene, als sich der Kumpel meines Kollegen eine Kippe anstecken wollte, schon hatte einer der Jungs ’n Feuerzeug zur Hand („Nur 2 EUR!“) – das mit dem Kapitalismus scheinen sie kapiert zu haben…

Na jedenfalls waren wir dann gegen 16 Uhr auf dem Gelände, gönnten uns erstmal ein Stück Pizza und begannen dann mit dem Programm „Bier und Musik“. Zu diesem Zeitpunkt spielten Hardcore Superstar, die keiner von uns so recht kannte. War aber gar nicht schlecht, die Mischung aus Hardrock und Glam ging gut ab, und die Reaktionen des Publikums wurden auch zunehmend euphorischer. Wir verbuchten es unter „Entdeckung des Tages“, mal schauen was mein Einkaufszettel dazu sagen wird.

Anschließend waren Exodus am Start, es ging also deutlich heftiger zur Sache. Meine Baustelle ist das ja eigentlich nicht, aber die Perfektion, mit der die Jungs Stücke wie „Bonded By Blood“ oder „War Is My Shepherd“ zockten, verdiente Respekt. Cool war die Szene, als der Sänger einen Jungen vorn in der ersten Reihe nach seinem Alter fragte: „Thirteen? He’s thirteen, and he knows all the lyrics!“ Zum Ende des Sets wurde besagter Junge auf die Bühne gehoben und durfte dort zusammen mit der Band posen – tolle Geste.

Es wurde nun wieder etwas ruhiger, Y&T standen an. Meine beiden Begleiter waren daran weniger interessiert, sie verzogen sich nach hinten zum Verpflegungsbereich, ich sah mir die Show der Hardrocker an – der Schlagzeuger hatte sich wenige Tage vorher die linke Hand gebrochen und spielte einhändig, das tat der Spielfreude aber keinen Abbruch. Die zahlreich anwesenden älteren Semester (jenseits der 40) schienen die Musik auch gut zu kennen, so wurden Songs wie „Forever“, „Black Tiger“, „Lipstick And Leather“ oder „I Believe In You“ lautstark mitgesungen.

Nun wurde es merklich voller, auch wir bewegten uns nun ein Stück weiter nach vorne, denn W.A.S.P. enterten die Bühne. Und sie zockten ein astreines Best-Of-Programm, dass wohl nicht nur für mich das Highlight des Tages darstellte: „The Big Welcome/Inside The Electric Circus“, „Wild Child“, „Chainsaw Charlie“, ein Song vom aktuellen Album Dominator, gefolgt von „The Idol“, „I Wanna Be Somebody“ und als Rausschmeißer „Blind In Texas“ (evtl. auch noch ein oder zwei Songs mehr, aber da Hirn = Sieb und so…). Auf jeden Fall wurde die Band rundum nach allen Regeln der Kunst abgefeiert. Einhellige Meinung: Da müssen Blind Guardian sich aber anstrengen, um das noch zu toppen.

Wir drängten uns nun noch näher zur Bühne und waren beim Intro „War Of Wrath“ dann ungefähr noch 15m von selbiger entfernt. Als erstes stellten wir fest, dass Blind Guardian einen neuen Sänger haben – bis wir dann merkten, dass Hansi lediglich beim Friseur war… Das Set begann mit „Time Stands Still (At The Iron Hill)“ und heftigen technischen Problemen, Hansi war nämlich schlicht und ergreifend kaum zu hören, und das änderte sich leider bis zum Ende nicht mehr – dafür klang seine Stimme bei Ansagen latent nach Micky Maus.

Die Band spielte ein rundes Best-Of Set, beginnend bei „Another Holy War“, „Traveller In Time“ („Kennt ihr den noch?“), „Goodbye My Friend“, „Nightfall“ und „Script For My Requiem“ und kramte dann in der Raritätenkiste und holte „Blood Tears“ hervor. Das aktuelle Album kam mit „Turn The Page“ und „This Will Never End“ auch nicht zu kurz, außerdem gab es den neuen Song „Sacred“ zu hören, gefolgt vom Uraltschinken „Valhalla“, der nichtsdestotrotz euphorisch mitgesungen wurde. Während Hansi die Chöre mit dem Hinweis „Wir haben einen strikten Zeitplan, wenn ihr jetzt weitersingt, fehlt uns nachher die Zeit für den Bard’s Song, und das wollt ihr ja wohl nicht.“ zur Zurückhaltung aufrief, hielt sich der Himmel nicht mehr zurück und schickte nun doch noch Wasser von oben. Davon ließ sich aber niemand wirklich die Laune verderben, es folgten nämlich noch (ohne Gewähr auf Vollständigkeit, siehe oben) „Time What Is Time“, „Punishment Divine“, „Imaginations From The Other Side“, der „Bard’s Song“ sowieso und „Mirror, Mirror“ als großes Finale.

Mit durchnässten Klamotten machten wir uns auf den Weg zurück zum Auto und begaben uns auf die Heimreise. Kurz nach Mitternacht lag ich dann erschöpft, aber zufrieden in meiner Koje und stellte fest, wie laut doch die Stille plötzlich sein konnte… Fazit: Es hat sich definitiv gelohnt und das Wetter hielt deutlich besser als am Morgen gedacht (bis auf die letzte halbe Stunde, Murphy halt…).

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