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Auf de Rhät’sche Eisebahne..

7. September 2019, 18:08 Uhr von Uwe

…gibts gar viele Haltstatione. Und im Gegensatz zur schwäbischen Eisebahne fahr ich da auch gerne freiwillig mit. Die haben nämlich schöne rote Wagen, jede Menge Platz, in den meisten Zügen (noch) vernünftig zu öffnende Fenster und sind außerdem pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk. Allermeistens jedenfalls.

Abschnitt 1 – Chur – St. Moritz

Nachdem ich die Füße bei der Wanderung durch die Rheinschlucht am Vortag ja doch mächtig strapaziert hatte war nun ein Tag mit hinsetzen und niesen angedacht – in den Zug setzen und Aussicht genießen nämlich. Und da ich noch einige Ecken der rhätischen Bahn auf meiner großen Landkarte als „bisher nicht befahren“ markiert hatte war der Plan nun, eben diese Lücken mal zu schließen und das ganze mit einem Kulturprogramm zu verbinden – Feld-, Wald-, Wiesen- und Weltkulturerbe Albulabahn nämlich.

Der ursprüngliche Plan ging von einer Fahrt über den Albulapass aus, dort sollte ein Umsteigen Richtung Engadinerlinie erfolgen und sich eine Rückfahrt via Vereinatunnel und Landquart anschließen. Das Studium des Fahrplans ergab aber dass ich damit schon am frühen Nachmittag fertig sein würde, was natürlich irgendwie nicht im Sinne des Erfinders ist. Also wurde die Runde um einen Schlenker über St. Moritz und Pontresina erweitert, so dass ich auch noch die Verbindungsstrecke zwischen Samedan und Pontresina befahren würde.

Mit diesem schicken Plan im Hinterkopf bestieg ich also morgens den Zug in Richtung St. Moritz (nach dem obligatorischen Frühstück und so, wie üblich eben). Das Wetter war ausgesprochen brauchbar, recht sonnig und warm. Der Zug war zumindest in meinem Abteil spärlich besetzt, so dass ich einen guten Platz in Fahrtrichtung rechts ergattern konnte.

Bis Thusis passiert auf der Strecke ja erstmal nicht viel, außer dass man den Rhein überquert und danach in Richtung Süden abbiegt und an einer Mineralwasserfabrik vorbeifährt. Hinter Thusis nun kommt eine Ansage vom Band, dass man sich nun auf der Weltkulturerbe-Strecke der Albulabahn befindet. Das merkt man in erster Linie mal daran, dass es plötzlich steil bergauf geht und man verschiedene Tunnel und Brücken durch- bzw. überquert. Darunter ist dann z.B. der Soliser Viadukt.

Weiter gehts dann erstmal vergleichsweise unspektakulär (wenn auch mit toller Aussicht auf Berg und Tal) in Richtung Alvaneu, wo man dann die 1000 Höhenmeter knackt. Nächster Höhepunkt ist die Überquerung des Landwasserviaduktes, der vermutlich bekanntesten Brücke der Schweiz. Ich war da zwar schon einige Male, aber das ist doch immer wieder faszinierend, wie der Zug da im Schneckentempo über den Viadukt kriecht und direkt in den Tunnel einfährt. Und richtig verrückt wird die Streckenführung ja dann sowieso erst hinter Filisur mit dem ersten Kehrtunnel und dann ganz besonders zwischen Bergün und Preda (man schaue sich die Streckenskizze bei Wikipedia an).

Anno 2013 bin ich den Abschnitt ja mal gewandert (hallo Björn!), und eigentlich muss man sagen dass der Zug (obwohl er recht gemütlich fährt) noch zu schnell ist um das alles nachzuvollziehen durch welche Kehrschleife man da gerade fährt. So oder so endet der Abschnitt dann in Preda mit der Einfahrt in den Albulatunnel und auf der anderen Seite gehts dann vergleichsweise geradlinig (was heißt vergleichsweise – es geht geradeaus) in Richtung Samedan und weiter nach St. Moritz.

Ich hatte mir unterwegs nun noch einen weiteren Schlenker ausgeknobelt – über die Berninalinie bis nach Alp Grüm, dort in den Gegenzug umsteigen und mit diesem nach Pontresina fahren. Wenn man schon mal da ist kann man den Berninapass ja auch mitnehmen, grade eben auch wegen des schönen Wetters. Ich vertrat mir am Bahnhof St. Moritz also eine knappe Stunde lang die Füße (das ist so kein vorgesehener Anschluss, da hätte ich in Samedan und Pontresina umsteigen müssen, was ich aber erst auf dem Rückweg machen wollte) bevor es weiterging.

Abschnitt 2 – St. Moritz – Alp Grüm

Die Berninalinie beginnt ja relativ unspektakulär mit der Querung des Inns, bevor es dann hinter Pontresina schlagartig spektakulär wird mit Gletschersicht und der höchsten Alpenpassquerung ohne Scheiteltunnel. Bevor der Zug dort hinkam standen wir uns aber erstmal in Pontresina die Räder platt beim Warten auf den Gegenzug – aufgrund von akut schönem Wetter und ebenso akut erhöhten Wandereraufkommens war der Fahrplan geringfügig in Verzug. Ich brauchte mir da trotzdem keine Sorgen machen, aufgrund der Eingleisigkeit der Strecke war ein Verpassen des Gegenzuges ja ausgeschlossen.

Nachdem es dann endlich weiterging passierten wir die Haltestelle Morteratsch und kurz darauf die Montebellokurve (der Zug war recht gut gefüllt und ich saß auf der falschen Seite), und kurz darauf kam auch der Schaffner. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn sich nicht schräg gegenüber ein leidlich interessantes Drama entfaltet hätte. Eine ältere Dame (also wirklich älter, geschätzt um die 70+) hatte nämlich nur eine Fahrkarte der zweiten Klasse und wollte nun für die erste Klasse nachlösen. Das ist in der Schweiz normalerweise auch kein Thema, war es von Seiten des Schaffners auch hier nicht, bis auf die Tatsache dass sie kein Bargeld dabei hatte, nur französisch sprach (was der Schaffner unerwarteterweise aber fließend sprach) und das elektronische Lesegerät ihre Kreditkarte nicht akzeptieren wollte bzw. sie es nicht schaffte, die PIN korrekt einzugeben. Der Zug war inzwischen an der Passhöhe vorbeigefahren bis das Thema Fahrkartenkauf abgeschlossen werden konnte… Ich sag ja, nur Bares ist Wahres.

Anyway, am Berninapass war fantastisches Wetter, dementsprechend waren am frühen Nachmittag auch Himmel und Menschen unterwegs. Der Zug kam somit in Alp Grüm mit fast 10 Minuten Verspätung an. Das war noch nicht das Thema, der Gegenzug musste ja eh abgewartet werden, da zwischen Alp Grüm und Cavaglia nur eine einzige Ausweichstelle vorhanden ist. Dummerweise hatte ich auch keine Möglichkeit, Fotos von der bekannten Panoramakurve zu machen, weil da nämlich alles wegen Bauarbeiten großräumig abgesperrt war. Also trat ich nur so 10 Minuten doof in der Gegend herum und parkte meine morschen Knochen dann im Schatten des Empfangsgebäudes, um nicht gleich den nächsten Sonnenbrand zu riskieren.

Mit etwas Verspätung kam nun auch der Gegenzug, der mich zurück nach Pontresina bringen sollte.

Abschnitt 3 – Alp Grüm – Pontresina

Ich wiederhole jetzt hier nicht nochmal, wie toll die hochalpine Landschaft am Berninapass ist, auf jeden Fall konnte ich ein paar Fotos machen und war nun auch auf der Montebellokurve auf der richtigen Seite des Zuges und wiederholte das Bild, was ich schon vor 2 Jahren mal geknipst hatte 😉 Und kurz darauf rollte der Zug auch schon in Pontresina ein, wo ich tatsächlich durch den Tunnel umsteigen musste um den Zug nach Samedan zu erwischen. Das passierte dann auch im flotteren Schweinsgalopp, die Umsteigezeit war nämlich auf eine Minute zusammengeschrumpft. Kaum war ich im Zug rollte selbiger auch schon an.

Abschnitt 4 – Pontresina – Samedan

Dieser Absatz ist ein Fülltext, weil es eigentlich überhaupt nicht viel zu erzählen gibt über diese gut fünf Kilometer lange Fahrt. Es war die kürzestes Zugfahrt des Urlaubs, ich überquerte den Inn zum zweiten Mal an diesem Tage, befuhr erstmals die Pontresinerlinie und in Samedan stiegen Menschenmassen in den Zug nach Chur (via Albulalinie) und eine Nonne und ein Uwe in den Zug nach Chur (via Engadinerlinie). Das Umsteigen klappte problemlos, das war natürlich alles sauber aufeinander abgestimmt.

Abschnitt 5 – Samedan – Chur

Die letzte Etappe führte mich nun in einem großen Bogen über die Engadinerlinie und den Vereinatunnel zunächst mal nach Klosters und von da weiter hinunter nach Landquart und weiter nach Chur. Bis zum Vereinatunnel folgt die Bahnstrecke dabei dem Inn und quert diesen mehrfach auf teils spektakulären Brücken. Die Strecke steht ja im Schatten der als Weltkulturerbe entsprechend vermarkteten Albula- und Berninalinie. Trotzdem lohnt sich die Fahrt, wobei man eigentlich mehrfach während der Fahrt den Sitzplatz wechseln muss – je nachdem auf welcher Talseite der Zug grade langfährt.

Die Nonne stieg irgendwo unterwegs in einem der Kaffs mit den unaussprechlichen rätoromanischen Namen aus, dafür stiegen nach und nach immer mehr Wanderer zu, die ihre jeweilige Wanderung abgeschlossen hatten. Der Zug füllte sich somit zusehends und bei der Einfahrt in den Vereinatunnel war dann ganz gut Betrieb. Im Tunnel selbst ist es natürlich duster wie im Bärenarsch, aber auf der anderen Seite schien dann auch wieder schön die Sonne.

Der Zug fuhr nun bei bestem hochsommerlichen Wetter nach und nach den Berg wieder runter in Richtung Landquart, von ca 1100m in Klosters auf etwas über 500m in Landquart. In diesem Seitental war ich vorher noch nie unterwegs gewesen, das ist durchaus auch gut erschlossen, an den Hängen stehen zahlreiche kleinere Hotels und größere Häuser mit Ferienwohnungen, und der Zug füllte sich nun irgendwie auch mit Berufspendlern wie es schien – dabei wars noch nicht mal 16 Uhr.

In Landquart leerte sich der Zug, hier hat man Anschluss an die SBB sowohl Richtung Chur als auch Richtung Nordostschweiz. Ich blieb im Zug, ich hatte es ja nicht eilig. Außer mir waren aber wohl nur noch Leute dabei, die in einem der Kuhkaffs zwischen Landquart und Chur aussteigen wollten, bzw. über Chur hinaus in Richtung Disentis/Mustér fuhren. Wie auch immer, es wurde inzwischen echt drückend warm, die Schaffnerin rannte auch schon ohne die schwere dunkle Jacke herum und ich musste mir selbst im Zug die Sonnenbrille aufsetzen weil ich so geblendet wurde (von der Sonne, nicht von der Schaffnerin ;-)).

Auf jeden Fall kam der Zug ohne weitere erwähnenswerte Ereignisse in Chur an und ich trollte mich meiner Wege in Richtung Supermarkt zwecks Getränkeversorgung. Diese war notwendig für die letzte Wanderung des Urlaubs am Folgetag, aber das wird in einem anderen Beitrag ausgekaspert.

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