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Durch den Regen gefahren

31. August 2019, 22:27 Uhr von Uwe

Ich schriebs ja schon im vorherigen Beitrag, aufgrund akut inkontinenter Wolken bestand der Urlaubstag aus Bahnfahren, Bahnfahren und… Busfahren. Und im tiefsinnigen Nachgrübeln über komische Ortsnamen. Aber mehr dazu in den folgenden Absätzen…

Etappe 1 – Chur – Thalwil

Der erste Abschnitt des Tages (den obligatorischen Teil mit Frühstück und Marsch zum Bahnhof lasse ich jetzt mal weg) begann kurz nach neun. Das heißt eigentlich begann er kurz vorher, da stand ich nämlich am Bahnsteig und guckte der Abfahrt des Bernina-Express zu. Netter Zug, nette Strecke, aber nachdem ich vor Jahren einmal mitgefahren war reicht es auch. Und am heutigen Tage mit dem entsprechenden Wetter war die Fahrt sicherlich auch nicht der große Hit, hingen die Wolken doch bereits kurz oberhalb von Chur, mithin also bei unter 1000m Höhe.

Ich hingegen enterte den Regionalzug in Richtung Zürich mit Unterwegshalten in diversen Kuhkäffern und Nestern. Ich machte einige Alibifotos vom Zugfenster aus (nur echt mit Regentropfen an der Scheibe und Wolken vor der Landschaft), bevor der Zug am Walensee und Zürichsee entlang fuhr. Kein Vergleich zur Fahrt am ersten Urlaubstag, aber trotzdem sehr stimmungsvoll, wenn auch eher tief herbstlich.

Thalwil ist die letzte Station vor Zürich, liegt direkt am Seeufer und ist gleichzeitig wichtiger Umsteigeknoten, hier treffen sich nämlich die Tunnelstrecke nach Zürich, die S-Bahn in Richtung Zürich und die beiden Strecken in Richtung Ziegelbrücke (wer kommt nur auf so einen Namen?)-Sargans-Chur sowie die sehr wichtige Strecke Richtung Zug (und von da weiter Richtung Luzern oder Gotthard), die unter anderem von den internationalen Zügen Richtung Italien genutzt wird.

Ich musste jedenfalls dort also auch umsteigen. Es regnete was die Wolken hergaben, aber die Umsteigezeit war optimal geplant, grade so dass man bequem von einem Bahnsteig zum anderen kommt und sich dann nicht erst die Beine in den Bauch stehen muss.

Etappe 2 – Thalwil-Luzern

Der folgende IR war wieder ein ellenlanger doppelt verstockter Zug mit quasi endlos viel Platz. Nebenan saß ein Journalist oder sowas, der mächtig am Telefonieren war, weil er in Zug (nicht im Zug, sondern in Zug – großer Unterschied!) was recherchieren musste. Kaum war der Zug in Zug (gelegen im Kanton Zug am Zugersee) angekommen, war der Kerl auch weg und ich konnte weiter in Ruhe den Regentropfen am Fenster beim vergeblichen Kampf gegen den Fahrtwind zuschauen (und nebenbei drüber nachgrübeln, warum Zug (der Ort) ohne Zug (das Ding in dem ich saß) nicht besonders sinnvoll wäre.

Die Fahrt führte jedenfalls weiter nach Rotkreuz, wo sich gleich die nächste Frage stellte, denn da war weder ein Krankenhaus noch ein rotes Kreuz zu finden. Nur ein großer Umsteigebahnhof, weil sich hier die Strecken von Basel-Olten Richtung Gotthard und die Strecke von Zug nach Luzern kreuzen – womit wir beim Grund für den Ortsnamen sind: Der Bahnhof wurde nach einem Zollhaus zum roten Kreuz benannt, und erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts leistet sich der Bahnhof einen eigenen Ort mit passendem Namen… Das ist so ähnlich wie mit Krzyż Wielkopolski (früher Kreuz (Ostbahn)) in Polen, dass als Kreuzungsbahnhof der Bahnstrecken Posen-Stargard bzw. der Preußischen Ostbahn Berlin-Königsberg entstand.

Wie auch immer, auch hier wars noch nass, der Zugersee war wolkenverhangen und es sah auch nicht wirklich nach einer Wetterverbesserung aus. Viel Zeit zum Nachdenken hatte ich aber gar nicht, weil der Zug schon fast in Luzern angekommen war. Bei passender Gelegenheit muss ich da auch nochmal Sightseeing machen, seinerzeit war ja vor lauter Wolken kein Ausblick vom Pilatus (hat eigentlich schon jemand die Marketingidee für Pilates am Pilatus gehabt?) möglich. Kurz vor Luzern hörte es dann tatsächlich auch mal kurz auf zu regnen.

Am Bahnhof war mächtig Betrieb, und hier waren die Wege auch etwas weiter – vor zum Querbahnsteig, rüber zum vordersten Bahnsteig, nochmal 300m weiter bis zum Nebengleis, und da stand dann auch der Zug bereit. Solange man nicht grad am Krückstock läuft war das aber wieder problemlos zu schaffen.

Etappe 3 – Voralpen-Express Luzern-St. Gallen

Der Zug verließ Luzern auf dem gleichen Weg wie ich angekommen war, mit einem Schlenker nach Süden aus dem Bahnhof heraus und dann einmal eine lange Rechtskurve, bis man einen grob östlichen Kurs drauf hat. Zwischendrin noch kurz ein Blick auf die Aare und die bekannte Holzbrücke, und schon wenige Minuten später war der erste Halt am Verkehrshaus Luzern erreicht. Vom Zug aus war da nur die überdimensionierte Verkehrszeichenwand zu sehen, das Innere des Museums hatte ich 2011 schon mal unsicher gemacht – sehr empfehlenswert.

Weiter gings, nächster Halt: Küssnacht am Rigi. Noch so ein Ort mit komischem Namen. Es war weder Nacht (ganz im Gegentum, es war 12 Uhr mittags), entsprechend konnte weder die Nacht noch irgendwas anderes geküsst werden. Im übrigen haben die Schweizer eine komische Grammatik, oder der Berg ist transsexuell – es heißt die Rigi, aber Küssnacht am Rigi… Anyway, hier regnete es wieder.

Die Strecke führte bis dahin am Vierwaldstädtersee entlang (auf der rechten Seite), kaum war das Seeufer außer Sicht tauchte auf der anderen Seite wieder der Zugersee auf. Die Fahrt ging nun weiter in Richtung Arth-Goldau, von wo aus die Strecke dann von der Gotthardlinie abzweigt und über den Berg in Richtung Zürichsee in Richtung Nordosten abbiegt. Die Strecke führt also konstant, aber quasi unmerklich bergauf, bis man oben angekommen plötzlich einen tollen Ausblick auf den Zürichsee hat (oder hätte, wenn nicht so viel Wolken die Aussicht vernebeln würden).

Höhenprofil

Einige Schleifen später ist man dann auch schon in Pfäffikon (noch so ein schräger Ortsname) am Seeufer angekommen. Die Strecke führt nun quer über den See über einen schmalen Damm (Rügendamm für Schweizer) und auf der anderen Seite hält man in Rapperswil (da rappte aber niemand). Stattdessen gabs ne Durchsage vom Schaffner (oder wie auch immer der Knilch in der Schweiz genannt wird), dass der Zug wegen Bauarbeiten schon in Herisau enden wird und die letzte Ecke bis nach St. Gallen mit dem Bus gefahren werden muss. Zumindest gabs eine ordentliche Ansage wann und wo der Bus abfahren würde. Nach dem ersten Schock war ich ganz froh, dass ich den Mist nicht bei der Rückfahrt haben würde, denn da hatte ich die Tour über Luzern und St. Gallen ursprünglich eingeplant gehabt. Da hätte ich dann nämlich noch Gepäck mit mir rumgeschleppt.

So gings nun aber erstmal durch einen länglichen Tunnel zwischen Uznach und Wattwil („Willste Watt?“ sprach der James) und weiter durch nordostschweizerisches Hügelland bis eben nach Herisau. Dort wartete auch wie angekündigt der Bus (08/15 Gelenkbus), der mich auch problemlos nach St. Gallen brauchte. Ist allerdings ungewohnt mitm Stadtbus über die Autobahn zu brummen. Da wird so ein Bus schon arg laut.

Trotz allem war ich dann tatsächlich pünktlich in St. Gallen (schon wieder ein komischer Ortsname, Gift und Galle spucken war gar nicht angesagt, immerhin kam jetzt sogar die Sonne raus…)

Etappe 4 – St. Gallen-Chur

Die letzte Etappe führte nun über Rorschach (ja, das ist nicht ganz das mit den komischen Tintenklecksen, liegt aber am Bodensee) und St. Margrethen (nach heiliger Galle nun also eine heilige Margarethe) wieder in Richtung Chur. Da gabs dann plötzlich wunderbaren Sonnenschein, einen Ersatzzug, der den Namen nicht verdient hat (das war ein funkelnigelnagelneuer Zug, nix irgendwie abgewetztes) und eigentlich war alles super.

Einzig komische Aktion war der ältere Herr, der mich mittendrin mal volltextete, dass der Zug für ihn nur eine bessere S-Bahn sei, Unterflurantrieb hätte und fünf Jahre zu spät wär. Kann ich nun nicht bestätigen, in Deutschland ist man ja schon froh wenn überhaupt ein Zug kommt (bestes Beispiel: Zwischen Leipzig und Chemnitz fahren jetzt wieder unkaputtbare Ü40-Russendiesel…) Ich ließ mich davon aber nicht weiter irritieren, sondern guckte ausm Fenster auf plötzlich ohne Wolken sichtbare Berge.

Erst kurz vor Chur zog es wieder etwas zu, aber weil es noch nicht so wahnsinnig spät war – und ich noch nicht wirklich weit gelaufen – spazierte ich zunächst zum nächstbesten Kiosk zwecks Kauf von Ansichtskarten und danach noch etwas durch die Altstadt. Weil Murphy aber Perfektionist ist und den Satz von der Erhaltung der Gemeinheit begründet hat kam ich natürlich voll in das nun wieder einsetzende Unwetter rein. Machte aber nix, ich musste eh noch zum Supermarkt und Getränke für die Wanderung des nächsten Tages kaufen.

Damit war dieser Tag dann auch abgehakt, am nächsten Morgen gings dann wieder verschärft spazieren. Aber das wird dann im nächsten Beitrag thematisiert.

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