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Stippvisite im Ausland

2. Oktober 2015, 22:03 Uhr von Uwe

Bahnfahren in Deutschland ist ja manchmal eher eine Tortur, selbst für Freunde der Bahn. Die passenden Geschichten von verspäteten Zügen, verpaßten Anschlüssen, fehlenden Waggons, defekten Türen und dergleichen mehr kennt ja irgendwie quasi jeder. Um also mal einen Eindruck zu bekommen, wie das mit dem Bahnfahren in Ländern funktioniert, machte ich einen Kurztrip ins selbsternannte bessere Deutschland. Dieses liegt bekanntermaßen südöstlich vom eigentlichen Deutschland, hat zahllose Berge und schwankt immer irgendwo zwischen Neid auf den großen Nachbarn und Sehnsucht nach der glorreichen Historie aus Kaisers Zeiten, als man noch europäische Großmacht war und im 3/4 Takt durch den Wienerwald walzte. Für alle, die im Geschichts-,  Geographie- und Musikunterricht gepennt oder Karten gespielt haben, die Rede ist natürlich von Österreich.

Reisevorbereitungen

Meine Reise umfaßte ziemlich genau ein einziges Wochenende, und in diesem war ich eigentlich nur in Salzburg. Das liegt ja quasi fast noch in Deutschland, die Mentalität ist aber doch eine völlig andere, wie ich schnell feststellen konnte. Aber der Reihe nach. Nach einem mehr oder minder entspannten Ruhetag ging es erneut am frühen Morgen zur Bushaltestelle und dann zum Bahnhof. Dort schaffte ich für mich selbst überraschend einen Umstieg in minus einer Minute. Das lag daran, dass mein Bus trotz Baustellenfahrplans pünktlicher war als gedacht und die S-Bahn (die ich eigentlich gar nicht erreichen wollte) Verspätung hatte… Somit war ich besonders zeitig in Nürnberg und konnte mich dort noch mit Schokolade und Getränken eindecken.

Weiter ging es mit dem ICE nach München. An die Fahrt habe ich keine Erinnerung – so wirklich viel kann nicht passiert sein, und mehr als aus dem Fenster auf die Tunnelwand gucken kann man ja ohnehin nicht. Ich weiß aber noch, dass ich mich gewundert habe, dass der Zug ohne Zwischenhalt durch Ingolstadt durchfuhr – immerhin eine Erinnerung.

Von München aus ging es anschließend weiter mit mit einem EC nach Salzburg. Das war dann auch schon der letzte Zug des Tages, denn mittags war ich schon in Salzburg. Davor hatte ich schon wunderschöne Blicke auf Alpengipfel erhaschen können, die dort halt einfach mal so in der Gegend herumstehen. Und so stand ich dann ziemlich genau gegen 12 Uhr mittags bei sengender Hitze auf dem Bahnsteig der Mozartstadt.

Open-Air-Sauna

Die erste Amtshandlung bestand im Finden eines Schließfaches. Ich wollte ja nicht die ganze Zeit meinen Koffer hinter mir herschleppen, und ins Hotel konnte ich ja auch erst am späteren Nachmittag. Schließfächer bietet der Bahnhof denn auch zur Genüge und in verschiedensten Größen. Das System zur Bezahlung ist einigermaßen verwirrend, und es gibt nur Tagestickets… So berappte ich am Ende luftige 4.50 EUR für ungefähr vier Stunden… Aber es ist halt Urlaub, da muss man eben durch. Und nun konnte ich gemütlich schwitzend bei knapp 30 Grad durch die Stadt schleichen.

Zunächst wollte ich das Hotel finden und im Anschluß die Altstadt erkunden. In Anbetracht der Tatsache, dass mein Hosentaschencomputer im Ausland mangels Internetverbindung nur ein besserer Briefbeschwerer ist, musste dies mit einem altmodischen ausgedruckten Stadtplan klappen. Nach einigem Hin und Her und einmal falsch Abbiegen (eine zu früh nach links abgebogen und deswegen etwas weiter gelaufen als notwendig) wusste ich denn auch sehr schnell, wo ich später einchecken würde. Mein nächstes Ziel war nun die Altstadt, ungefähr einen Kilometer südlich auf der anderen Seite der Salzach.

Altstadtblues

Ich lief also parallel zum Ufer der Salzach nach Süden und folgte der Beschilderung zur Altstadt. Den Weg teilte ich mir mit zahllosen Touristen, alle mit Knopf im Ohr und von feschen Madls im Dirndl geführt. Als Zwischenmahlzeit gönnte ich mir noch schnell ein Eis auf die Hand und suchte im Anschluß einen der zahlreichen Souvenirshops auf. Da kriegt man von Ansichtskarten, Tassen, Mozartkugeln und sonstigem Gedöns so ziemlich alles, was man braucht, um später behaupten zu können, dass man da war. Ich erstand also bei einem Japaner(!) – der führte den Laden zusammen mit seiner Frau – einige Ansichtskarten und eine kleine Packung Mozartkugeln (und hakte im Geiste das zugehörige Achievement ab).

Nun folgte ein ungemütlicher Bummel durch die Altstadtgassen. Diese zeichnen sich in erster Linie durch eine extreme Touristendichte und eine baulich bedengte Enge aus. Man wurde also mehr durch die Gegend geschoben. Erschwerend kam hinzu, dass die Salzburger Festspiele anstanden und daher Teile der Altstadt durch Bühnen zusätzlich zugestellt waren. Die sich in den schmalen Straßen stauende Hitze machte das Spazierengehen zusätzlich zur Qual.

Inmitten des Sprachenwirrwarrs aus diversen europäischen Sprachen und Japanisch stand ich dann plötzlich vor Mozarts Geburtshaus. Das ist irgendwie auch nicht beeindruckender als Schillers Wohnhaus in Weimar, aber irgendwie scheint jeder Depp ein Foto davon machen zu müssen. Ich hingegen hatte dort wieder eine Meta-Anwandlung und machte ein Foto der Leute, die ein Foto vom Haus machten…

Herzlich Willkommen

Zu guter Letzt wollte ich aus der Enge der Stadt hinaus nach oben. Über der Altstadt thront ja weithin sichtbar die Festung, und wenn man sie von unten aus von überall sieht, heißt das ja im Umkehrschluß (bzw. nach dem Kommutativgesetz), dass man von oben eine gute Aussicht haben sollte. Und weil irgendein Ingenieur in grauer Vorzeit mal zu faul zum Laufen war, gibt es sogar eine Seilbahn, die aus der Altstadt die knapp 100 Höhenmeter bis zur Festung überwindet. Was konnte also schiefgehen?

Eine Menge natürlich, sonst hätte ich ja hier nicht diese dämliche rhetorische Frage gestellt. Zunächst einmal gibt es tagsüber nur Kombitickets für die Seilbahn (Hin- und Rückfahrt) plus Eintritt in alle Ausstellungen der Festung. Die Seilbahn einzeln gibts nur ab 18 Uhr abends. Ergo musste ich für nicht einmal eine Minute Bahnfahrt 11.30 EUR zahlen. Das alleine hätte mir bei wanderfreundlicherem Wetter als Grund gereicht um zu Fuß zu gehen… nur war halt kein solches Wetter im Angebot.

Also schlich ich zur Kasse und erstand eine Karte. Blöderweise hatte ich nur noch 11.20 EUR dabei, das heißt die letzten 10 Cent hatte ich nur als richtig kleines Kleingeld. Da wurde der Kassierer so richtig stinksauer, wie ich es überhaupt noch nicht erlebt habe. Er fing an so richtig heftig zu rumzugranteln was er mit dem Mist solle und dass er das nicht gebrauchen könne und ob ich deppert sei und überhaupt und so weiter und so fort. Ich guckte ihn nur an wie das erste Auto – wenn kein Kleingeld gewünscht ist müssen sie halt die Preise auf rundere Summen festlegen anstatt auf sowas verqueres wie 11.30 EUR. Und dann die zahlende Kundschaft auch noch dämlich vollmotzen, sowas geht echt nur in Österreich – in anderen Ländern würde man sich sowas auf keinen Fall trauen.

Es lebe die Aussicht

Na egal, Gegrantel hin oder her, ich hatte ein überteuertes Ticket für die Seilbahn und war keine zwei Minuten später oben angekommen. Und wie vermutet war die Aussicht tatsächlich phänomenal. Im Vordergrund hatte man einen schönen Blick über die Altstadt und die Salzach, in der Mitte konnte man den Bahnhof als geographischen Fixpunkt ausmachen, und im Hintergrund hatte irgendeiner zahlreiche sehenswerte Berge vor den blauen Himmel gepinselt.

Außerdem gibt es auf der Burg einRestaurant (Wiener Schnitzel mit Pommes und Salat für schwerverdaulich viele Euro) und diverse Ausstellungen, auf die ich nach dem Theater vom Eingang nicht mal mehr den Hauch einer Ahnung von Motivation hatte. Ich setzte mich auf eine Bank in den Schatten und schwitzte in Ruhe vor mich hin.

Inzwischen war es bereits ungefähr 15 Uhr und ich konnte so langsam den Weg zurück zum Bahnhof antreten. Also fuhr ich wieder den Berg runter und spazierte noch einmal durch die vor Touristen wimmelnde Altstadt. Besonders spannend – neben dem offensichtlichen Touristennepp – waren für mich aus technischer Sicht die Oberleitungsbusse, die mir anhand der Kabel auch recht einfach den Weg zurück zum Bahnhof wiesen. Dort holte ich meinen Koffer aus dem Schließfach und marschierte nun auf kürzestem Wege ins Hotel.

Dort wurde ich von einer hübschen Blondine empfangen, die mir den Meldezettel in die Hand drückte und nach erfolgtem Ausfüllen die Zimmerschlüssel übergab. Eine Fahrstuhlfahrt später kam ich schlußendlich im Hotelzimmer an – eine lustige Mischung aus moderner Technik und Postkartenkitsch… Aber das war mir auch egal, ich war froh mich endlich ausstrecken zu können. Immerhin hatte ich für den nächsten Tag noch viel vor.

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