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Auf Goethes Spuren

6. September 2015, 21:40 Uhr von Uwe

Am Freitag, den 14.8. besuchte ich Weimar. Aufgrund des Wetters wurde es dann allerdings eher ein gemütlicher Spaziergang im Stadtpark mit ausgedehnter Besichtigung der lokalen Eisbechervariationen. Und später am Tag ging es dann weiter Richtung Sachsen. Aber der Reihe nach…

Morgentliches Chaos

Nach einer eher unruhigen Nacht – es hatte seit drei Uhr morgens geblitzdonnerwettert, allerdings ohne Regen – sollte es eigentlich(tm) gegen halb sechs Uhr morgens mit dem Zug losgehen. Angedacht war die Fahrt nach Köthen und von dort über Halle und Naumburg nach Weimar. Hintergrund des frühen Starts war die Tatsache, dass meine Mutter die gleiche Strecke hatte. Normalerweise fährt sie mit dem Auto, aufgrund der Planung des Wochenendes war aber ein Ausweichen auf den Zug angedacht.

Ungefähr 10 nach 5 lief meine Mutter dann also los zum Bahnhof. Bis zum Bahnhof sind es ungefähr 500m, der Zug fuhr 5:31 Uhr – ich guckte also meinen Vater etwas blöd an und er zuckte nur mit den Schultern. Während ich mir also erstmal noch etwas Brot toastete änderte sich draußen spontan das Wetter. Es begann ein schöner Platzregen. Nicht wirklich heftig, aber unangenehm genug, dass man den Weg zum Bahnhof nicht zu Fuß gehen wöllte. Mein Vater erklärte sich auch spontan bereit, mich mit dem Auto zum Bahnhof zu fahren, weil er ja dann ohnehin zur Arbeit fahren musste.

Während ich also damit beschäftigt war, meine Schuhe anzuziehen, stand meine Mutter wieder im Flur – sie war gerade mal die ersten 300 m gelaufen, als es begonnen hatte zu regnen und sie spontan umdrehte, weil sie außerdem den Betriebsausweis vergessen hatte… Damit wurde nun kurzentschlossen der Plan geändert, und ich fuhr mit meiner Mutter zusammen im Auto in Richtung Halle und würde dort in den Zug Richtung Weimar steigen.

Wasser marsch

Wir bestiegen also das Auto, fuhren aus der Garage, ich stieg wieder aus, machte das Garagentor zu, stieg wieder ein, wir rangierten auf die Straße und los gings. Ungefähr 4 Minuten und drei Kilometer weiter sah ich dann den Zug, den wir eigentlich hätten besteigen wollen – da war es dann so 5:29 Uhr. Mir ist bis heute nicht klar, wie meine Mutter 20 Minuten bis zum Bahnhof brauchen wollte…

Na jedenfalls war einen guten Kilometer weiter der Regen so gut wie vorbei und ich meinte so lapidar „Das wars dann wohl schon?“. Damit hatte ich dann wohl den großen Wolkenschieber verärgert, denn nun öffneten sich plötzlich alle Schleusen. Unter großem Getöse kam nochmal ordentlich Wasser herunter, so dass keine 50 km/h mehr möglich waren, die Scheibenwischer hatten plötzlich richtig Mühe das Wasser zur Seite zu schieben. Nach drei Minuten war der Spuk aber schon wieder vorbei, der Regen ließ nach, und noch drei Minuten später hatte er ganz aufgehört. Kurz vor Halle waren dann sogar schon die Straßen trocken, dort war gar nichts angekommen.

Wir bauen auf, wir reißen nieder

Wie schon am vorherigen Tag machten wir einen Abstecher durch Halle-Neustadt. Diesmal ging es durch das Viertel, wo wir vor der Wende gewohnt hatten. Zu Mutters großem Erstaunen war auch unser damaliger Wohnblock – der nach der Wende ordentlich saniert worden war und aus den oberen Stockwerken einen tollen Blick nach Südwesten ins Grüne bot – inzwischen abgerissen worden. Das kann noch nicht so irrsinnig lange her sein, bei Google Earth taucht er immer noch auf. Mutter konnte es erst gar nicht glauben und meinte sich verguckt zu haben, so dass wir noch eine Runde ums Karree drehten, vorbei am alten Kindergarten und der Grundschule. Es änderte freilich nichts an der Tatsache, dass da wo mal der Wohnblock stand nun nur noch eine Lücke zu sehen war.

Mit dieser Erkenntnis ging es nun auf altbekannten Pfaden vorbei am Kinderkrankenhaus und der Feuerwache zum Hauptbahnhof Halle. Hier wurde ich abgesetzt und begann nun mit der eigentlichen Tagestour. In Halle kam gerade die Sonne heraus, es versprach also ein wunderschöner Tag mit ebenso wunderschöner Hitze zu werden.

Auf nach Thüringen

Die Zugfahrt war unspektakulär, wenn man mal vom mittelalterlichen Wagenmaterial absieht. Vorne dran ein Taurus, der bei jedem Anfahren eine lustige Melodie pfeift, dahinter Waggons aus alter DDR-Produktion, die ziemlich auf dem letzten Loch pfeifen. Immerhin konnte man die Fenster öffnen, das haben sie den modernen Fahrzeugen voraus. Und so kam ich bereits gegen halb neun Uhr morgens in Weimar an.

Zu dieser Zeit schlief dort noch alles, bis auf die Bahnhofspenner und andere Bedürftige, die sich bereits an strategisch günstigen Punkten (Nationaltheater, Bahnhofsvorplatz) postiert hatten. Ich stellte fest, dass der Weimarer Bahnhof ziemlich ab vom Schuß liegt und man erstmal einen längeren Fußmarsch den Berg runter machen muss, um in die Nähe des Stadtzentrums zu gelangen. An Schillers Wohnhaus lief ich erstmal vorbei, weil es völlig unscheinbar in der Gegend herumsteht, während ein Goethe in Übergröße den Weg zur Commerzbank weist – was er da wohl dazu gesagt hätte?

Vor einem der verschiedenen Wohnhäuser Goethes legte ich eine Pause ein und machte mir ein paar Notizen fürs Reisetagebuch. Anschließend begab ich mich ins Grüne, in der Stadt war ja nach wie vor alles tot, bis auf den Lärm der n+1 Baustellen.

Eis im Schatten der Dichter

Große Gelehrte sind ja sensible Naturen, die einen zurückgezogenen Ort brauchen, um ungestört ihrer Arbeit nachgehen zu können. Beim ollen Goethe war dies sein Gartenhaus, gelegen im Stadtpark und gegen unverschämte Eintrittspreise zu besichtigen. Das verkniff ich mir. Als ich gegen 10 Uhr davorstand, zeigte das Thermometer bereits deutlich über 25 Grad, und Schatten im Stadtpark zu finden ist eher schwierig. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits den halben Park erkundet und war schon auf dem Weg zurück in die Stadt (in der inzwischen ein eher munteres Treiben herrschte).

Direkt neben dem Nationaltheater setzte ich mich gegen halb 11 in ein italienisches Eiscafé und bestellte einen Kaffee zum Aufwachen und einen Eisbecher zum Abkühlen. Der Zug fuhr kurz nach 12, ich hatte also Zeit und beguckte mir das muntere Treiben. Neben den Einwohnern, die ihre Wochenendeinkäufe erledigten gab es natürlich auch zahllose Touristen zu beobachten, die eher knülle ob der Hitze Erinnerungsfotos von den Statuen vorm Nationaltheater knipsten. Das hatte ich schon am frühen Morgen gemacht, da war ich noch alleine auf dem ganzen Platz gewesen (yeah, Plusquamperfekt).

Nach ungefähr einer Stunde hatte ich sowohl Kaffee als auch Eisbecher verputzt und machte mich nun wieder auf den langen Weg zum Bahnhof (im Gegensatz zu Güsten isser da mit 1.4km auch wirklich lang und geht auch noch schön bergauf). Dort angekommen hatte ich noch etwas Zeit vor der Fahrt Richtung Sachsen, die zum Erwerb von Ansichtskarten genutzt wurde.

Auf dem Weg nach Osten

Fast pünktlich ging es nun von Weimar aus nach Glauchau. Der Zug befährt dabei die sogenannte MDV (Mitte-Deutschland-Verbindung), die in den erweiterten Fernverkehrsplanungen in den nächsten 20 Jahren immer mal wieder erwähnt wird, aber vorher erstmal mit Fahrdraht ausgerüstet werden müsste. So zuckelten wir mit Dieselpower über Gera (mit völlig überdimensionierter Bahnhofshalle) und Gößnitz (wo man Gott weiß was durch den nach falscher Eigenaussage längsten Bahnsteig Deutschlands kompensiert) nach Glauchau. Erstaunlicherweise verschwand hinter Gößnitz doch tatsächlich die Sonne hinter einer fetten Gewitterwolke. Das änderte allerdings nichts an der Hitze, und Regen war auch keiner da.

In Glauchau stieg ich in den Bummelzug Richtung Dresden um, der mich dann auch pünktlich nach Chemnitz brachte. Zwischendurch wunderte ich mich über die Menge der Zelte rings um Hohenstein-Ernstthal, bis mir der Blick in den Kalender verriet, dass am Wochenende die tollkühnen Irren auf ihren irrwitzigen Motorrädern auf dem Sachsenring unterwegs waren. Am Chemnitzer Südbahnhof stieg ich aus und stand damit quasi direkt vor der Eingangstüre des Hotels.

Stadtbummel zum Zweiten

Nach dem Einchecken wollte ich nochmal kurz in die Stadt um zwei bis drei Wege zu erledigen. Der erste Weg führte mich in den lokalen Elektronikmarkt, der nächste in einen Hosenladen (wo ich allerdings nur einen Gürtel kaufte, der mir erst im Winter wieder passen wird) und der dritte in einen Supermarkt, da ich meine Zahncreme in Güsten vergessen hatte – scheiß Hektik am Morgen aber auch. Danach hatte ich vom Stadtbummel bei tropischen Temperaturen aber auch die Schnauze voll, brachte die Einkäufe ins Hotel und begab mich anschließend zu meinen Großeltern, wo ich erfreulicherweise mit Eis und kalten Getränken eingedeckt wurde. Aushalten ließ sich die Hitze trotzdem kaum.

Später am Abend stießen dann auch meine Eltern dazu und brachten meinen Koffer mit, den ich schließlich irgendwann nach acht Uhr im Schweinsgalopp zum Hotel schleppte, da nun doch endlich ein Gewitter im Anmarsch war. Und damit endete ein ereignisreicher Tag bzw. eine ereignisreiche Urlaubswoche.

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