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Auf historischem Boden

7. Juni 2014, 17:07 Uhr von Uwe

befand ich mich gestern abend. Nämlich da, wo vor 80 Jahren so ein komischer Typ in brauner Uniform große Reden geschwungen hat. Die damals für diesen Zweck errichteten Aufmarschgebiete werden heute für Autorennen und Konzertgroßveranstaltungen genutzt. Und bei letzterer war ich gestern.

Eigentlich war ich aber weniger bei Rock am Ring als vielmehr beim Auftritt von Metallica, denn die sonstigen Bands des Tages gingen mir gepflegt am Allerwertesten vorbei, so wie es auch die Bands heute und morgen tun. Aber der Reihe nach: Ich gondelte mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus voller KarnevalistenBergkirchweihbesucher nach Erlangen, S-Bahn mit Umfragetyp nach Nürnberg, weitere S-Bahn bis Nürnberg-Dutzendteich) zum Festivalgelände. Bei der Umfrage gings übrigens um die Reisequalität im Nahverkehr der Bahn auf der Strecke Nürnberg-Erlangen-Bamberg-Sonneberg. Die Strecke fahr ich wenn überhaupt nur teilweise und wenn dann mit ICE, so sonderlich hilfreich werd ich also bei der Befragung nicht gewesen sein. Anyway, nach kurzem Fußmarsch stand ich am Eingang, bekam ein modisches quietschgelbes Armband an den Vorderflügel gepappt und durfte damit das Zeppelinfeld betreten.

Dort spielten gerade Avenged Sevenfold ihren letzten Song, der mit ordentlich Feuerwerk beendet wurde. Der Bereich vor der Tribüne war bereits gut besucht, ich fand dann während der Umbaupause einen einigermaßen vertretbaren Platz, der allerdings immer noch ca 150m von der Tribüne entfernt war. Das kommt halt davon, wenn man erst zum Auftritt des Headliners ankommt, während schon zehntausende Verrückte den ganzen Tag lang an einem möglichst vollumfänglichen Sonnenbrand gearbeitet hatten. A propos vollumfänglich: Vorherrschende Kleidung waren Bermudashorts und oben ohne bei den Herren, die dann mit ihren Sixpacks versuchten die Damen zu beeindrucken, die wiederum in Hotpants und schwarzen BHs versuchten, die Blicke der Kerle auf sich zu ziehen.

Metallica spielten auf dem Festival als Teil ihrer „Metallica by Request“ Tournee, d.h. die Fans hatten die Setlist via Internet zusammenstellen dürfen. Direkt vor dem Konzert wurde (neben jeder Menge Werbung, die keiner sehen wollte) auch noch Videoeinspieler gebracht nach dem Motto „Schicke eine SMS mit Code 0815 und Vote für einen dieser drei Songs, den wir dann im Zugabenblock spielen werden“. Nachdem sich der Umbau fast eine Stunde hingezogen hatte, war dann gegen 21 Uhr endlich Schluß mit der blöden Warterei, ein Dudelsack schalmeite durch die Verstärker (AC/DC – It’s A Long Way To The Top), gefolgt vom klassischen Western-Intro, dass schon seit Jahr und Tag einen Metallica-Auftritt einleitet.

Und dieser Auftritt war erste Sahne. Zwei Stunden Krach vom Feinsten, eine Setlist zum Niederknien (bis auf einen Song, aber dazu später mehr) und eine ordentlich pompöse Show mit viel Licht- und Videoeffekten, wie man das heute eben so erwartet. Die Band stieg mit dem Dreifachhammer Battery (leider ohne Intro) – Master Of PuppetsWelcome Home (Sanitarium) ein, gefolgt von Ride The Lightning und The Unforgiven. Danach durfte ein Fan den nächsten Song ansagen, welcher da Creeping Death hieß und mit besonders fetten „Die! Die! Die!“ Chören aus dem Publikum verziert wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Reihen vor mir etwas gelichtet, so dass ich endlich auch mal einen Blick auf die Bühne hatte, der vorher von irgendwelchen Zweimetertypen verstellt war.

Inzwischen war auch die Sonne hinterm Horizont verschwunden, so dass sich umfangreichere Lichteffekte lohnten (neben den drei riesigen Videobackdrops hinter sowie links und rechts neben der Bühne). Es folgte ein nigelnagelneuer Song darüber, wie eine Band auf Sommertour geht und geile Festivals spielt (oder so ähnlich wurde es angekündigt) – die Nummer selbst war ein heftiges Riffgewitter, aber der Wiedererkennungswert einzelner Songteile war irgendwie nicht so besonders riesig. Für den Circlepit weiter vorne war das aber wurscht, die mussten ihre überschüssige Energie irgendwie loswerden. Es folgte eine weitere Fanansage zu Sad But True, anschließend wurde eine richtig schicke Version von Fade To Black hinterhergejagt, bevor die Mosher mit der Vertracktheit von …And Justice For All ein wenig aus dem Rhythmus gebracht wurden… Nächstes Highlight waren schnieke Lasereffekte, die Maschinengewehrsalven darstellen sollten, was denn zusammen mit Weltkriegsschwarzweißfilmen und Geschützdonner vom Band das Intro zu One markierte.

Damit war das Publikum nun endgültig aufgetaut, was man daran merkte, wie heftig ein uraltes irisches Traditional abgefeiert wurde, mit dem Thin Lizzy vor drölfzig Jahren mal ihren ersten Hit hatten und den Metallica 1998 einer metallischen Radikalkur unterzogen hatten – Whiskey In The Jar. So, und damit sind wir bei meinem persönlichen Lowlight des Konzerts, denn welcher Song darf seit 1991 bei keinem Metallica-Konzert fehlen? Richtig, Nothing Else Matters. Bei diesem sah man die Bühne vor lauter Ärschen nicht mehr – nämlich den Ärschen der ganzen Mädels, die jetzt feuerzeugschwenkend auf den Schultern ihrer Kerle saßen. Und wenn sie kein Feuerzug hatten schwenkten sie halt ihr Smartphone… Nuja, muss man durch. Bei Enter Sandman war dann wieder alles gut, was dann gleichzeitig auch das Ende des regulären Teils war, es folgten noch drei Zugaben, darunter auch die vom Publikum gewählte Zugabe des Tages (die nicht meine Wahl gewesen wär). Mit einer herrlich deftigen Version von Seek And Destroy war dann kurz nach 11 Schicht im Schacht.

Ich machte mich ff (flotten Fußes) auf den Weg zur S-Bahn. Gar nicht so einfach, wenn man erstmal vom Festivalgelände runter muss und dann noch 800m bis zum Bahnhof hat, die S-Bahn aber bereits halb zwölf fährt. Das klappte dann aber auch problemlos, so dass ich den Anschluß Richtung Erlangen erreichte. Dort fiel ich dann kurz nach Mitternacht in den letzten Bus, der wenig überraschend gerammelt voll war: In Erlangen ist ja aktuell fünfte Jahreszeit wegen Bergkirchweih, weswegen die Innenstadt um Mitternacht so belebt ist wie Samstagsvormittags, nur dass die Jungs die Krachlederne und die Mädels Dirndl tragen. Dazu kommen die üblichen Begleiterscheinungen der alkoholbedingten Affenwerdung des Menschen. Auf jeden Fall war ich kurz nach halb eins wieder in meiner Bude angekommen, wusch mir fix den Kippenqualm ab und fiel in die Koje.

Ein Kommentar zu “Auf historischem Boden”

  1. Weasel

    Yeah, letztes Jahr Maiden (die ja auch am Donnerstag am Nürburgring waren – und live im TV) und dieses Jahr Metallica!

    Dazu ein bekanntermaßen detailreicher Konzert- und An-/Abreisebericht. 🙂

    So geht’s übrigens durchaus auch bei RaR zu: http://www.spiegel.de/kultur/musik/rock-am-ring-arno-frank-findet-keinen-zeltplatz-auf-festival-a-974005.html *g*

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