Wir bleiben in den wilden 70ern und kommen heute zu einem Monument von einem Album. Die Scheibe gehört zu meinen absoluten Favoriten überhaupt und deswegen wirds heute wohl etwas lobhudelig werden…
Meinen ersten Kontakt mit einem Song des Albums hatte ich 1998 – 22 Jahre nach Erscheinen der Platte. Damals erstand ich eine Best of der Band in einem Plattenladen in – man lese und staune – Budapest, nämlich während einer Klassenfahrt. Ein paar Songs der Best of kannte ich, vieles war eher mal so mittelprächtig relevant (die Band baute in den späten Siebzigern stark ab), aber so richtig vom Hocker hauten mich die Songs die zum Album der Woche gehörten – dass ich mir daher umgehend auch noch kaufen musste (was damals in einer Ära vor amazon und co noch mit einer Fahrt in die nächstgelegene Großstadt und einen Elektronikmarkt der Wahl verbunden war).
Das Album der Woche ist – und das sehe nicht nur ich so – das große Highlight in der Banddiskographie, ein Meilenstein des Hardrock, und wurde von Musikern eingespielt, die zu den allergrößten ihres Fachs gehören (und die zu drei fünfteln inzwischen im Jenseits rocken…). Die beteiligten Musiker prägten dementsprechend auch die Rockgeschichte durch Mitarbeit bei u.a. bei Deep Purple, Black Sabbath und Dio. Welche Band fehlt in dieser Auflistung? Richtig, Rainbow. Und damit ist dem eingeweihten Leser auch klar, welches Album heute in den Himmel gelobt wird – nämlich das mit dem großen Regenbogen vorn drauf: Rising.
Rainbow wurde ja von Gitarrist Ritchie Blackmore nach dessen Ausstieg bei Deep Purple gegründet und war immer seine Band. Entsprechend stark war die Betonung seines Gitarrenspiels, aber mit Ronnie James Dio hatte er einen der allergrößten (pun intended, Dio war ja körperlich eher kurz geraten) Sänger aller Zeiten an Bord, und außerdem wurde vor den Aufnahmen des Albums noch der Rest der Band ausgetauscht (was bei Rainbow im Lauf der Jahre häufiger vorkam, die Liste aller Bandmitglieder ist unüberschaubar). Die Rhythmustruppe bestehend aus Jimmy Bain am Bass und vor allem Cozy Powell am Schlagzeug braucht jedenfalls keinen Vergleich zu scheuen und agierte auf dem Niveau von sagen wir mal Roger Glover/Ian Paice oder auch John Paul Jones/Jon Bonham.
Auf dem Album landeten sechs Stücke, darunter zwei Achtminüter, die alleine die B-Seite füllen (die man wohl mit Fug und Recht als eine der stärksten B-Seiten der Rockgeschichte ansehen kann). Erstaunlicherweise wurde das gesamte Album mehr oder weniger schnell in nur ein oder zwei Takes aufgenommen – Ausnahmeproduzent Martin Birch schneiderte daraus dann einen exzellenten Klang.
Die erste Seite wird eröffnet von Tarot Woman, bei dem zunächst erstmal ein Synthie-Intro erklingt, bevor die ganze Band einsteigt und Dio irgendwas über schwarze Magie und mystische Frauen singt. Es folgt Run With The Wolf, der wohl unspektakulärste Song des Albums, der es auch nicht ins Liveprogramm schaffte. Anders sieht es mit dem folgenden Starstruck aus, bei dem es um anhängliche Groupies geht. Die erste Seite endet mit dem kürzesten Song des Albums, dem knapp dreiminütigen Do You Close Your Eyes („do you close your eyes when you’re making love?“) – live wurde der Song dann durch diverse Soloeinlagen auf über zehn Minuten ausgedehnt. Bis hier ist das alles sehr gut gemachte Rockmusik, aber noch nicht unbedingt etwas was einen Platz ganz oben in der Ruhmeshalle des Rock rechtfertigen würde. Das ändert sich wie schon erwähnt auf der B-Seite.
Fangen wir mal hinten an, denn hinten ist das neue vorn: Dort zockt sie die Band durch den schnellen achtminütigen Rausschmeißer A Light In The Black, angetrieben von unnachgiebigen Dampfhammerspiel von Cozy Powell. Die Nummer kann man als die härteste des Albums ansehen. Das ganz große Highlight der Platte indes ist Stargazer, ein Monument von einem Song. Achteinhalb Minuten für die Ewigkeit. Ritchie Blackmore wollte angeblich ein Stück schreiben, dass Kashmir von Led Zeppelin noch übertreffen sollte. Ich bin der Meinung das hat er geschafft.
Hier wird der ganz große Bombast aufgefahren, inklusive Unterstützung durch die Münchner Philharmoniker (das Album wurde in München aufgenommen). Wenn man den Song beschreiben soll wird man wohl bei Worten wie episch, bombastisch, monumental, ausladend und ergreifend landen. Wenn man die Musik von Rainbow zusammenstreichen müsste auf einen Song, es wäre ohne Zweifel Stargazer. Auch im Schaffen von Ritchie Blackmore (dass ja durchaus sehr umfangreich ist und jede Menge Klassiker umfasst) gehört der Song zu den ganz großen, das Gitarrensolo wird im Allgemeinen zu seinen besten gezählt. Der Witz an der Sache ist, dass die Nummer live quasi gar nicht funktionierte, weil man das epische mitsamt des Streicherarrangements einfach nicht umgesetzt kriegte.
So, genug geschrieben – das Album ist inzwischen 45 Jahre alt, beeinflusste quasi alles und jeden der danach Rock mit Fantasytexten gemacht hat, wird als Wegbereiter für diverse Ausprägungen neoklassischer Gitarristen (Malmsteen und Co) gesehen. Das Cover ist sowieso ein ganz großer Hingucker, und passt in seiner Epik und Theatralik bestens zum musikalischen Inhalt. Kurz: Hier kommt alles zusammen was man für einen Meilenstein an Zutaten braucht. Und ich muss mir diesen Meilenstein jetzt erstmal anhören.

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