Jeder Mensch braucht Vorbilder, und diese Woche nehme ich mir die Deutsche Bahn als Vorbild, und deswegen kommt das Album der Woche mit ein paar Tagen Verspätung. Dann der runde Geburtstag des relevanten Albums ist schon drei Tage her. Macht aber nix, denn man kann feste feiern bis man alkoholbedingt fällt oder wie das Sprichwort noch war… Und deswegen gehts heute um ganz fieses Folterwerkzeug.
Besagtes Folterwerkzeug besteht aus stählernen Dornen an der Innenseite eines Blechkäfigs. In besagten Käfig wird das Opfer reingeschoben, dann wird die Tür zugemacht und die Person innendrin wird dann ziemlich fies aufgepiekst. Soweit jedenfalls die Legende, ob das tatsächlich jemals so stattfand wird von der Wissenschaft angezweifelt. Auf jeden Fall verdankt die Welt diesem Gerät den Namen der größten und erfolgreichsten Heavy Metal Band (jaja, da kann man nun diskutieren und die Namen Judas Priest und Metallica in die Runde werfen) – Iron Maiden nämlich.
Der geneigte Fan wird nun im Geiste deren nicht ganz kleine Diskographie durchgegangen sein und schon wissen, dass es heute eigentlich nur um eins der besten und wichtigsten Heavy Metal Album aller Zeiten gehen kann. Während man da aber durchaus diskutieren kann, ob nun Master Of Puppets oder Back In Black oder Reign In Blood noch besser sind würde ich mich soweit aus dem Fenster lehnen zu sagen dass The Number Of The Beast das geilste Plattencover aller Kandidaten hat. So oder so feiert dieses Album also 40. Geburtstag und wird deswegen hier abgefeiert.
Die Situation der Band war Ende 1981 eher schwierig. Sie hatten zwar zwei super Alben veröffentlicht und international getourt und galten als Speerspitze der sogenannten New Wave Of British Heavy Metal, gleichzeitig hatte ihr Sänger Paul Di’Anno allerdings ein außer Kontrolle geratendes Drogenproblem. Im Herbst 1981 wurde er daher entlassen und zum Jahresende durch Bruce Dickinson ersetzt, der bis heute (mit einer Unterbrechung in den 90er Jahren) die Stimme der Band bleiben sollte und nebenbei eine der prägnantesten Stimmen der gesamten Szene ist. Damit waren nun die Weichen gestellt für den nächsten Schritt. Dieser Schritt wurde dann allerdings größer als die Band wohl selbst erwarten hätte können.
Auf dem Album landeten acht Songs (die heutzutage erhältliche CD-Neuauflage von 1997 enthält einen weiteren Song, der damals nur Single B-Seite war), von denen mindestens sechs zu Klassikern der Bandgeschichte wurden. Das bereits angesprochene Plattencover gestaltete wie damals üblich Haus- und Hofzeichner Derek Riggs und zählt meiner Meinung nach neben dem Artwork für „Somewhere In Time“ zu seinen besten Arbeiten. Dass man mit der Teufelssymbolik in den USA aneckte blieb eine Randnotiz in der Bandgeschichte. Weniger Randnotiz sind die Songs:
Das Album beginnt mit Invaders, einer schnellen kurzen Nummer über Wikingerraubzüge. Das Thema hatte die Band schon auf einem früheren Song namens Invasion thematisiert, irgendwie erinnert es mich auch an den Immigrant Song von Led Zeppelin, auf jeden Fall gilt der Song aber als einer der schwächsten auf dem Album. Der Rest der A-Seite enthält nun nur noch drei Klassiker.
Der erste ist Children Of The Damned. Das Stück beginnt relativ ruhig und getragen, hebt dann aber nach dem zweiten Refrain mit einem dicken Tempowechsel ab und explodiert in ein heftiges Gitarreninferno, über dem Bruce Dickinson etwas über verbrennende Menschen schreit – der Song basiert auf dem Film“Dorf der Verdammten“, da passiert sowas. Song Nummer zwei ist The Prisoner, basierend auf einer obskuren britischen TV-Serie mit Patrick McGoohan (der spielte unter anderem mehrfach den Bösewicht bei Columbo oder neben Clint Eastwood in „Flucht von Alcatraz“). Der Song beginnt mit einem Zitat aus der Serie („you are number six“ – „I am not a number, I’m a free man!“), bevor zunächst das Schlagzeug lossstampft und später die ganze Band dazukommt. Der letzte Song der A-Seite nennt sich 22 Acacia Avenue. Dieser stammt ursprünglich von Gitarrist Adrian Smith und dessen früherer Band und wurde hier nochmal erheblich modifiziert. Inhaltlich geht es um eine Hure (heutzutage würde man politisch korrekt wohl Sexworkerin sagen), deren Leben aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet wird. Passend dazu wird das Thema und die Rhythmik relativ komplex variiert, was ja ohnehin ein Markenzeichen der Band ist.
Auf der B-Seite finden sich nun drei der größten Bandklassiker, eine Fehlentscheidung und inzwischen auch der Bonustitel. Die Fehlentscheidung heißt Gangland. Die Band hatte einen Song zu viel und musste daher einen Song als Single-B-Seite verwenden und konnte nur den anderen aufs Album packen. Damals fiel die Entscheidung für Gangland, das inzwischen von den meisten als wesentlich stärker eingeschätzte Total Eclipse endete als B-Seite. Inzwischen wurde – dem größeren Platzangebot auf CDs sei Dank – dieser Fehler korrigiert. Total Eclipse beschäftigt sich mit einer Sonnenfinsternis als Bote für das Ende der Welt, Gangland hingegen mit einer dystopischen gefährlichen von Banden beherrschten Gegend. Nuja.
Kommen wir nun zu den drei Klassikern: Zunächst mal das Titelstück. Es beginnt mit einem Zitat aus dem größten Märchenbuch aller Zeiten, konkret aus der Offenbarung des Johannes: „Woe to you oh Earth and Sea…“ usw., endend mit „Let him who have understanding reckon the number of the Beast, it’s number is 666.“ Die Beschwörung kennt jeder Metalfan vorwärts und rückwärts, allerdings gehts in dem Song überhaupt nicht um den Teufel, sondern um einen Alptraum, den Songwriter Steve Harris nach dem Genuss von „Das Omen II“ (einem fiesen Horrorfilm mit… dem Teufel) hatte. Inhaltlich ganz ähnlich ist übrigens das 20 Jahre später entstandene Dance Of Death. Kurz und klein, die Nummer gehört zu jedem Maiden-Konzert und müsste auf jeder Tour gespielt worden sein. Ganz nebenbei war der Song damals Single, erreichte aber nur den unteren Teil der Top 20.
Klassiker Nummer zwei ist Run To The Hills. Das Stück ist eine der definitiven Heavy Metal Hymnen und bringt in knapp vier Minuten alles auf den Punkt was es zum Thema Iron Maiden zu sagen gibt: Galoppierende Strophen, ein Refrain zum Mitschreien, schicke Gitarrenduelle und ein fetter Spannungsbogen, der in einem Schrei von Bruce Dickinson endet, mit dem Roger Daltrey’s Schrei aus Won’t Get Fooled Again Konkurrenz macht. Das Stück war die erste Single im Februar 1982 und landete in den Top 10. Für die nächsten knapp 20 Jahre war der Song bei Konzerten gesetzt, wurde dann aber immer mal wieder weggelassen, gehört aber nach wie vor zu den meistgespielten der Bandgeschichte. Achja, inhaltlich gehts um die Kolonisierung Nordamerikas und den Kampf gegen Indianer.
Das Album endet schließlich mit Hallowed Be Thy Name, einem Epos in der Art von Phantom Of The Opera, mit komplexen Gitarrenduellen, diversen Tempiwechseln und einer aus allen Rohren feuernden Band. Inhaltlich rattert sich Bruce Dickinson in atemberaubendem Tempo durch einen Text über die letzten Gedanken eines zum Tode Verurteilten in der Nacht vor seiner Hinrichtung. Auch diese Nummer gehörte jahrzehntelang zum Liveinventar und baut dort durch sein relativ ruhiges Intro viel Stimmung auf, bevor die Hölle losbricht.
So, ich hab keine Ahnung wem ich das jetzt eigentlich alles erzählen musste, entweder man kann mit Heavy Metal nix anfangen, dann ist das Geschreibsel hier auch uninteressant, und wenn doch kennt man das ja sowieso eh alles. Also fassen wirs kurz zusammen: Muss man kennen.
Im Übrigen feiert auch „Rock In Rio“ dieses Jahr Jubiläum. Genauer gesagt feiert es heute Jubiläum. Hey, ich bin ja doch ein Zauberer, denn Zauberer kommen immer genau pünktlich auf den Punkt. Von Iron Maiden gibts ja ungefähr hundertdrölfzig Livemitschnitte (das würde mal einen eigenen Artikel erfordern da mal durchzugehen, das ist fast so schlimm wie bei Deep Purple) von quasi jeder einzelnen Tour. Nicht jeden muss man wirklich besitzen, es sei denn man ist so irre wie ich (und ich hab sie auch nicht alle – also alle Livealben). Mit „Live After Death“ von 1985 (in dieser Reihe schon bejubelt) und eben „Rock In Rio“ hat man aber einen sehr schönen Querschnitt ohne allzuviele Überlappungen. Aufgenommen wurde das Album 2001 in Brasilien (welch Überraschung bei dem Titel) vor ungefähr einer Viertelmillion Zuschauern. Mit 19 Songs auf zwei CDs gibt es einen Querschnitt mit Fokus auf das damals aktuelle „Brave New World“ plus die üblichen Klassiker wie eben drei Viertel der B-Seite von „The Number Of The Beast“, wobei Run To The Hills tatsächlich extra für diesen Gig in die Setlist genommen wurde.

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