Es ist der Donnerstag vor Ostern, das heißt langes Wochenende, eine wohlverdiente Pause im großen Chaos und mit etwas Glück ein Pi mal Daumen viereinhalb Minuten gekochtes Frühstücksei. Deswegen geht es morgen in den wilden Osten zu den Eltern, womit wir auch beim Thema für das Mixtape der Woche sind.
Das schöne Thema diese Woche heißt nämlich „Lieber Ostern als Western“. Ich hab nix gegen Western, aber irgendwann werden zu Tode gespielte Mundharmonikas eben doch langweilig. Also machen wir mal einen deep dive (wie das auf neuhochdeutsch so schön heißt) in die Archive von Amiga (das DDR-Plattenlabel, nicht der Computer) und graben ein paar Songs aus.
Die offensichtlichen Sachen lasse ich dabei mal weg, denn wenn es Am Fenster steht und sieben Brücken sieht, die alt wie ein Baum werden, dann ist das irgendwie wenig originell (abgesehen davon werden die Puhdys irgendwann ein eigenes Mixtape kriegen müssen, da gibt es einfach zu viele Songs).
Fangen wir trotzdem mit einem Hochkaräter (pfft, wasn flachwitziges Wortspiel) an: Der Song entstammt Karats zweiter Platte „Über sieben Brücken“ von 1979, die mit dem Titelstück und Albatross zwei der bekanntesten Songs der Bandgeschichte enthält. Diese Nummer ist mein persönlicher Geheimtipp, denn der Rhythmus mit seinen Wechseln zwischen 3/8, 7/8 und 3/4 ist ein Irrgarten, dafür rockt die Nummer aber zumindest im Refrain einigermaßen gradeaus.
Possenspiel – Sommer, Sonne, Sonnenbrand
Dieses Lied war der Dauerbrenner in den Sommerferien, auch wenn ich damals den Text noch nicht wirklich nachvollziehen könnte. Entstanden ist die Nummer 1984, der Text ist die Wucht in Tüten, beschreibt er doch treffend und pointiert die quasi jedem Bürger bekannten Erlebnisse eines Ostseeurlaubs.
Stern Meißen – Der Kampf um den Südpol
Die Stern Meißen Combo zelebrierte in den 70ern progressiven Rock, hörbar angelehnt an die großen Vorbilder aus dem Westen wie Emerson, Lake & Palmer, Genesis oder Pink Floyd. Grade mit diesem Stück brauchen sie sich dabei nicht vor besagten Bands zu verstecken, das ist großes Kino, wie das Wettrennen um das Erreichen des Südpols mit all seiner Tragik musikalisch umgesetzt wurde.
Pankow waren eine der erfolgreichsten Bands der DDR in den 80er Jahren – gingen an mir aber ziemlich vorbei, da es für meine Eltern zu spät kam, für mich aber noch zu früh. Sie eckten wie fast alle Künstler im Osten an – beispielhaft wie in diesem Song aus dem Jahr 1988.
Familie Silly – Der letzte Kunde
Silly waren eine der bedeutendsten Rockbands der DDR, aber angefangen haben sie – aus politischen Gründen – als Familie Silly. Diese Nummer erschien 1982 und somit noch ganz am Anfang der Bandkarriere. Hier ging es noch recht unbedarft lustig auf den Spuren der neuen deutschen Welle zur Sache. Aber irgendwo muss man ja mal anfangen.
Das Album „Meeresfahrt“ hatte ich ja schon als Album der Woche beschrieben. Nachdem Ende 1978 Henry Pacholski und Gerhard Zachar bei einem Unfall auf Tournee starben und die Zukunft der Band ungewiss war, entstand schließlich 1980 dieses Stück. Musikalisch ist das nicht zu vergleichen, aber der Text ist einfach zu passend und ergreifend.
Diese Band aus dem Norden der DDR beschäftigte sich viel mit dem Leben an der Küste, den damit verbundenen Sagen und Märchen – und hatte mit Egon Linde einen Sänger, der schwerstens nach Udo Lindenberg klang. Das war für die Band Segen und Fluch zugleich: In den 1970ern noch politisch gefördert, änderte sich die Großwetterlage nach 1983 und Lindenbergs Sonderzug nach Pankow, so dass die Band quasi Berufsverbot erhielt. Dieses Stück von 1979 steht exemplarisch für den Stil der Band – balladesk und leicht progressiv.

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